auflachen, als Sie mir Vorwürfe machten, ich hätte Ihnen die Angst eingeredet. Das wäre Wasser in den Main tragen. Merkur, der Gott der Beredtsamkeit, wenn er ein paar Bouteillen Champagner getrunken hat und be¬ sonders begeistert ist, könnte Ihnen vielleicht eine Furcht ausreden; aber einreden -- das vermag kein Gott; da ist alles so vollge¬ pfropft, daß nicht für die kleinste Furcht mehr Platz ist. Ich kann mir wirklich nicht anders erklären wie Sie die Cholerafurcht in Ihrem Angstmagazin haben unterbringen können, als daß ich annehme, Sie haben vorher andere Aengste herausgeworfen. Sehen Sie, das nennt man in der Aesthetik satyrische Schreibart! Verlassen Sie sich darauf, daß unser Professor Oertel mit seiner Wasserkur gegen Cholera Recht hat. Ich habe keinen Augenblick daran gezwei¬ felt. Ich habe gestern wieder zwei neue Hefte von Oertels Wasser-Bibel bekommen, worin
auflachen, als Sie mir Vorwuͤrfe machten, ich haͤtte Ihnen die Angſt eingeredet. Das waͤre Waſſer in den Main tragen. Merkur, der Gott der Beredtſamkeit, wenn er ein paar Bouteillen Champagner getrunken hat und be¬ ſonders begeiſtert iſt, koͤnnte Ihnen vielleicht eine Furcht ausreden; aber einreden — das vermag kein Gott; da iſt alles ſo vollge¬ pfropft, daß nicht fuͤr die kleinſte Furcht mehr Platz iſt. Ich kann mir wirklich nicht anders erklaͤren wie Sie die Cholerafurcht in Ihrem Angſtmagazin haben unterbringen koͤnnen, als daß ich annehme, Sie haben vorher andere Aengſte herausgeworfen. Sehen Sie, das nennt man in der Aeſthetik ſatyriſche Schreibart! Verlaſſen Sie ſich darauf, daß unſer Profeſſor Oertel mit ſeiner Waſſerkur gegen Cholera Recht hat. Ich habe keinen Augenblick daran gezwei¬ felt. Ich habe geſtern wieder zwei neue Hefte von Oertels Waſſer-Bibel bekommen, worin
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auflachen, als Sie mir Vorwuͤrfe machten, ich
haͤtte Ihnen die Angſt eingeredet. Das waͤre
Waſſer in den Main tragen. Merkur, der
Gott der Beredtſamkeit, wenn er ein paar
Bouteillen Champagner getrunken hat und be¬
ſonders begeiſtert iſt, koͤnnte Ihnen vielleicht
eine Furcht ausreden; aber einreden —
das vermag kein Gott; da iſt alles ſo vollge¬
pfropft, daß nicht fuͤr die kleinſte Furcht mehr
Platz iſt. Ich kann mir wirklich nicht anders
erklaͤren wie Sie die Cholerafurcht in Ihrem
Angſtmagazin haben unterbringen koͤnnen, als
daß ich annehme, Sie haben vorher andere
Aengſte herausgeworfen. Sehen Sie, das nennt
man in der Aeſthetik ſatyriſche Schreibart!
Verlaſſen Sie ſich darauf, daß unſer Profeſſor
Oertel mit ſeiner Waſſerkur gegen Cholera Recht
hat. Ich habe keinen Augenblick daran gezwei¬
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/32>, abgerufen am 21.11.2024.
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