Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

gedrungen -- oder er wäre kein Mensch, und
dann wäre nichts Menschliches von ihm zu for¬
dern. Ich aber schämte mich meiner Rede aus
Worten. Wäre sie geschrieben gewesen, hätte
ich sie verbrannt; da sie nur gedacht war, warf
ich sie in den Lethe.


Guten Morgen, ob Sie es zwar nicht ver¬
dienen. So heruntergebracht haben Sie mich,
so demüthig haben Sie meine Hoffnung ge¬
stimmt, daß ich nicht einmal heute einen Brief
erwarte, ob es zwar der sechste Tag ist, daß
ich Ihren Letzten erhalten.

Also mein Eduard hat Ihnen so sehr ge¬
fallen, daß Sie ihn umarmt haben? Der glück¬
liche Eduard! Er ist jünger als ich.

In der Münchner Hofzeitung wurde gestern
wieder einmal gerasselt. Ich glaube, man sieht

gedrungen — oder er waͤre kein Menſch, und
dann waͤre nichts Menſchliches von ihm zu for¬
dern. Ich aber ſchaͤmte mich meiner Rede aus
Worten. Waͤre ſie geſchrieben geweſen, haͤtte
ich ſie verbrannt; da ſie nur gedacht war, warf
ich ſie in den Lethe.


Guten Morgen, ob Sie es zwar nicht ver¬
dienen. So heruntergebracht haben Sie mich,
ſo demuͤthig haben Sie meine Hoffnung ge¬
ſtimmt, daß ich nicht einmal heute einen Brief
erwarte, ob es zwar der ſechste Tag iſt, daß
ich Ihren Letzten erhalten.

Alſo mein Eduard hat Ihnen ſo ſehr ge¬
fallen, daß Sie ihn umarmt haben? Der gluͤck¬
liche Eduard! Er iſt juͤnger als ich.

In der Muͤnchner Hofzeitung wurde geſtern
wieder einmal geraſſelt. Ich glaube, man ſieht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <p><pb facs="#f0329" n="315"/>
gedrungen &#x2014; oder er wa&#x0364;re kein Men&#x017F;ch, und<lb/>
dann wa&#x0364;re nichts Men&#x017F;chliches von ihm zu for¬<lb/>
dern. Ich aber &#x017F;cha&#x0364;mte mich meiner Rede aus<lb/>
Worten. Wa&#x0364;re &#x017F;ie ge&#x017F;chrieben gewe&#x017F;en, ha&#x0364;tte<lb/>
ich &#x017F;ie verbrannt; da &#x017F;ie nur gedacht war, warf<lb/>
ich &#x017F;ie in den Lethe.</p><lb/>
        </div>
        <div>
          <dateline> <hi rendition="#right">Donnerstag den 22. December.</hi> </dateline><lb/>
          <p>Guten Morgen, ob Sie es zwar nicht ver¬<lb/>
dienen. So heruntergebracht haben Sie mich,<lb/>
&#x017F;o demu&#x0364;thig haben Sie meine Hoffnung ge¬<lb/>
&#x017F;timmt, daß ich nicht einmal heute einen Brief<lb/>
erwarte, ob es zwar der &#x017F;echste Tag i&#x017F;t, daß<lb/>
ich Ihren Letzten erhalten.</p><lb/>
          <p>Al&#x017F;o mein Eduard hat Ihnen &#x017F;o &#x017F;ehr ge¬<lb/>
fallen, daß Sie ihn umarmt haben? Der glu&#x0364;ck¬<lb/>
liche Eduard! Er i&#x017F;t ju&#x0364;nger als ich.</p><lb/>
          <p>In der Mu&#x0364;nchner Hofzeitung wurde ge&#x017F;tern<lb/>
wieder einmal gera&#x017F;&#x017F;elt. Ich glaube, man &#x017F;ieht<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[315/0329] gedrungen — oder er waͤre kein Menſch, und dann waͤre nichts Menſchliches von ihm zu for¬ dern. Ich aber ſchaͤmte mich meiner Rede aus Worten. Waͤre ſie geſchrieben geweſen, haͤtte ich ſie verbrannt; da ſie nur gedacht war, warf ich ſie in den Lethe. Donnerstag den 22. December. Guten Morgen, ob Sie es zwar nicht ver¬ dienen. So heruntergebracht haben Sie mich, ſo demuͤthig haben Sie meine Hoffnung ge¬ ſtimmt, daß ich nicht einmal heute einen Brief erwarte, ob es zwar der ſechste Tag iſt, daß ich Ihren Letzten erhalten. Alſo mein Eduard hat Ihnen ſo ſehr ge¬ fallen, daß Sie ihn umarmt haben? Der gluͤck¬ liche Eduard! Er iſt juͤnger als ich. In der Muͤnchner Hofzeitung wurde geſtern wieder einmal geraſſelt. Ich glaube, man ſieht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/329
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/329>, abgerufen am 24.11.2024.