Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

ten, an sich zögen und benutzten, wäre sein
Ruf erschollen, und seit einem halben Jahre
gäben sie sich alle erdenkliche Mühe, ihn für
die Sache der Freiheit und Gleichheit zu ge¬
winnen. Man kenne in Paris seinen Ver¬
stand und seine Geschicklichkeit. Ein Spaßvo¬
gel, der sich für einen Abgesandten der Jaco¬
biner ausgiebt, ernennt den Barbier zum Bür¬
gergeneral und beauftragt ihn, in seinem Dor¬
fe die Revolution anzufangen. Man giebt ihm
eine Freiheitsmütze, Säbel, Uniform und ei¬
nen falschen Schnurrbart. Die ganze Frei¬
heits-Komödie geht aber darauf hinaus, den
Bauer Martin um einen Topf Milch zu
prellen
. Und in diese alberne Milchsuppen¬
geschichte wollte Goethe den Weimaranern ei¬
nen Abscheu vor der französischen Revolution
einbrocken! Und die Weimarer sollen wirklich
Krämpfe davon bekommen haben! Es ist nicht
möglich.

ten, an ſich zoͤgen und benutzten, waͤre ſein
Ruf erſchollen, und ſeit einem halben Jahre
gaͤben ſie ſich alle erdenkliche Muͤhe, ihn fuͤr
die Sache der Freiheit und Gleichheit zu ge¬
winnen. Man kenne in Paris ſeinen Ver¬
ſtand und ſeine Geſchicklichkeit. Ein Spaßvo¬
gel, der ſich fuͤr einen Abgeſandten der Jaco¬
biner ausgiebt, ernennt den Barbier zum Buͤr¬
gergeneral und beauftragt ihn, in ſeinem Dor¬
fe die Revolution anzufangen. Man giebt ihm
eine Freiheitsmuͤtze, Saͤbel, Uniform und ei¬
nen falſchen Schnurrbart. Die ganze Frei¬
heits-Komoͤdie geht aber darauf hinaus, den
Bauer Martin um einen Topf Milch zu
prellen
. Und in dieſe alberne Milchſuppen¬
geſchichte wollte Goethe den Weimaranern ei¬
nen Abſcheu vor der franzoͤſiſchen Revolution
einbrocken! Und die Weimarer ſollen wirklich
Kraͤmpfe davon bekommen haben! Es iſt nicht
moͤglich.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0052" n="38"/>
ten, an &#x017F;ich zo&#x0364;gen und benutzten, wa&#x0364;re &#x017F;ein<lb/>
Ruf er&#x017F;chollen, und &#x017F;eit einem halben Jahre<lb/>
ga&#x0364;ben &#x017F;ie &#x017F;ich alle erdenkliche Mu&#x0364;he, ihn fu&#x0364;r<lb/>
die Sache der Freiheit und Gleichheit zu ge¬<lb/>
winnen. Man kenne in Paris &#x017F;einen Ver¬<lb/>
&#x017F;tand und &#x017F;eine Ge&#x017F;chicklichkeit. Ein Spaßvo¬<lb/>
gel, der &#x017F;ich fu&#x0364;r einen Abge&#x017F;andten der Jaco¬<lb/>
biner ausgiebt, ernennt den Barbier zum Bu&#x0364;<lb/>
gergeneral und beauftragt ihn, in &#x017F;einem Dor¬<lb/>
fe die Revolution anzufangen. Man giebt ihm<lb/>
eine Freiheitsmu&#x0364;tze, Sa&#x0364;bel, Uniform und ei¬<lb/>
nen fal&#x017F;chen Schnurrbart. Die ganze Frei¬<lb/>
heits-Komo&#x0364;die geht aber darauf hinaus, den<lb/>
Bauer Martin <hi rendition="#g">um einen Topf Milch zu<lb/>
prellen</hi>. Und in die&#x017F;e alberne Milch&#x017F;uppen¬<lb/>
ge&#x017F;chichte wollte Goethe den Weimaranern ei¬<lb/>
nen Ab&#x017F;cheu vor der franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Revolution<lb/>
einbrocken! Und die Weimarer &#x017F;ollen wirklich<lb/>
Kra&#x0364;mpfe davon bekommen haben! Es i&#x017F;t nicht<lb/>
mo&#x0364;glich.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0052] ten, an ſich zoͤgen und benutzten, waͤre ſein Ruf erſchollen, und ſeit einem halben Jahre gaͤben ſie ſich alle erdenkliche Muͤhe, ihn fuͤr die Sache der Freiheit und Gleichheit zu ge¬ winnen. Man kenne in Paris ſeinen Ver¬ ſtand und ſeine Geſchicklichkeit. Ein Spaßvo¬ gel, der ſich fuͤr einen Abgeſandten der Jaco¬ biner ausgiebt, ernennt den Barbier zum Buͤr¬ gergeneral und beauftragt ihn, in ſeinem Dor¬ fe die Revolution anzufangen. Man giebt ihm eine Freiheitsmuͤtze, Saͤbel, Uniform und ei¬ nen falſchen Schnurrbart. Die ganze Frei¬ heits-Komoͤdie geht aber darauf hinaus, den Bauer Martin um einen Topf Milch zu prellen. Und in dieſe alberne Milchſuppen¬ geſchichte wollte Goethe den Weimaranern ei¬ nen Abſcheu vor der franzoͤſiſchen Revolution einbrocken! Und die Weimarer ſollen wirklich Kraͤmpfe davon bekommen haben! Es iſt nicht moͤglich.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/52
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/52>, abgerufen am 21.11.2024.