Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.Ball -- dann muß in der Gesellschaft doch mehr -- Habe ich Ihnen vor einiger Zeit nicht ein¬ Ball — dann muß in der Geſellſchaft doch mehr — Habe ich Ihnen vor einiger Zeit nicht ein¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0137" n="123"/> Ball — dann muß in der Geſellſchaft doch mehr<lb/> als Einer geweſen ſeyn, der von der Verſchwörung<lb/> wußte. Es iſt eine intereſſante Situation! <hi rendition="#g">Heuer</hi><lb/> gedeiht aber nichts. Warum ſind ſie nicht ſo klug<lb/> wie Joſeph von Egypten geweſen, und haben in den<lb/> Jahren der Fruchtbarkeit beſſer für die Hungerjahre<lb/> geſorgt? Jetzt kömmt die Beſcherung.</p><lb/> <p>— Habe ich Ihnen vor einiger Zeit nicht ein¬<lb/> mal geſchrieben: in Oeſterreich würden ſie erſchrecken<lb/> über die furchtbaren Fortſchritte des Liberalismus,<lb/> wenn ſie erfahren, daß ſogar in Conſtantinopel eine<lb/> Zeitung erſcheint? Nun das war damals freilich<lb/> geſcherzt; aber es war ein Scherz im Geiſte des<lb/> Ernſtes. Und jetzt iſt es wirklicher Ernſt geworden.<lb/> Der Oeſterreichiſche Geſandte in Conſtantinopel hat<lb/> der hohen Pforte eine ſehr eindringliche Note über¬<lb/> reicht, worin er im Namen ſeines Hofes vorſtellt,<lb/> welch eine ſchrecklich gefährliche Sache es um eine<lb/> Zeitung wäre, ſelbſt wenn ſie im Sinne der Regie¬<lb/> rung geſchrieben. Gäbe man dem Teufel einen Fin¬<lb/> ger, bekomme er bald die ganze Hand. Was ſagen<lb/> Sie dazu? Und wenn ich mich auf den Kopf ſtelle,<lb/> ich kann nicht mehr lügen, kann nicht mehr ſatyriſch<lb/> ſeyn. Alle Phantaſie geht dabei zu Grunde. Bei<lb/> dieſer Gelegenheit will ich Ihnen eine artige Ge¬<lb/> ſchichte von der ruſſiſchen Cenſur erzählen. Hängt<lb/> Euch deutſche Cenſoren! das da hättet Ihr nie er¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [123/0137]
Ball — dann muß in der Geſellſchaft doch mehr
als Einer geweſen ſeyn, der von der Verſchwörung
wußte. Es iſt eine intereſſante Situation! Heuer
gedeiht aber nichts. Warum ſind ſie nicht ſo klug
wie Joſeph von Egypten geweſen, und haben in den
Jahren der Fruchtbarkeit beſſer für die Hungerjahre
geſorgt? Jetzt kömmt die Beſcherung.
— Habe ich Ihnen vor einiger Zeit nicht ein¬
mal geſchrieben: in Oeſterreich würden ſie erſchrecken
über die furchtbaren Fortſchritte des Liberalismus,
wenn ſie erfahren, daß ſogar in Conſtantinopel eine
Zeitung erſcheint? Nun das war damals freilich
geſcherzt; aber es war ein Scherz im Geiſte des
Ernſtes. Und jetzt iſt es wirklicher Ernſt geworden.
Der Oeſterreichiſche Geſandte in Conſtantinopel hat
der hohen Pforte eine ſehr eindringliche Note über¬
reicht, worin er im Namen ſeines Hofes vorſtellt,
welch eine ſchrecklich gefährliche Sache es um eine
Zeitung wäre, ſelbſt wenn ſie im Sinne der Regie¬
rung geſchrieben. Gäbe man dem Teufel einen Fin¬
ger, bekomme er bald die ganze Hand. Was ſagen
Sie dazu? Und wenn ich mich auf den Kopf ſtelle,
ich kann nicht mehr lügen, kann nicht mehr ſatyriſch
ſeyn. Alle Phantaſie geht dabei zu Grunde. Bei
dieſer Gelegenheit will ich Ihnen eine artige Ge¬
ſchichte von der ruſſiſchen Cenſur erzählen. Hängt
Euch deutſche Cenſoren! das da hättet Ihr nie er¬
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