Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

Sie, lassen Sie auf der Stelle aus meinem Hause
den großen Koffer holen, der in der Dachkammer
steht. Nicht den englischen Koffer; denn darin lie¬
gen bloß meine Novellen, Romane, Tragödien, Vaude¬
ville's, Romanzen, Xenien, und eine deutsche Ueber¬
setzung von Willibald Alexis Schriften -- welche mir
alle zu meinem ernsten Zweck nicht dienen können.
Sondern den größern deutschen Koffer, welcher mit
einem Felle überzogen ist, den drei Latten festhalten.
Darin liegen meine gelehrten Manuskripte. Ferner
ein großes gelbes Felleisen, worin die zu meinen
Werken gehörigen Citate gepackt sind. Ganz oben
im Koffer liegt ein Verzeichniß sämmtlicher Manu¬
skripte, wovon ich eine Abschrift mit nach Paris ge¬
nommen. Ich bitte Sie nun inständig, aus dem
Koffer diejenigen Manuskripte zu nehmen, die ich Ih¬
nen mit den Nummern bezeichnen werde, und sie mir
durch die Post hieher zu schicken. Nur vier oder
fünf will ich drucken lassen: das wird ganz hinrei¬
chen, der Welt zu zeigen, wer ich bin. Aber, um
des Himmelswillen, lassen Sie den Koffer und das
Felleisen in Ihrer alleinigen Gegenwart öffnen und
untersuchen, aber ja keinen Ihrer gelehrten Freunde
dabei seyn. Es könnte mir Einer ein Manuskript,
oder gar einen Gedanken, oder gar ein Citat stehlen;
denn die Gelehrten haben in solchen Dingen weder
Schaam noch Gewissen. Ich wünsche also zu haben:

Sie, laſſen Sie auf der Stelle aus meinem Hauſe
den großen Koffer holen, der in der Dachkammer
ſteht. Nicht den engliſchen Koffer; denn darin lie¬
gen bloß meine Novellen, Romane, Tragödien, Vaude¬
ville's, Romanzen, Xenien, und eine deutſche Ueber¬
ſetzung von Willibald Alexis Schriften — welche mir
alle zu meinem ernſten Zweck nicht dienen können.
Sondern den größern deutſchen Koffer, welcher mit
einem Felle überzogen iſt, den drei Latten feſthalten.
Darin liegen meine gelehrten Manuſkripte. Ferner
ein großes gelbes Felleiſen, worin die zu meinen
Werken gehörigen Citate gepackt ſind. Ganz oben
im Koffer liegt ein Verzeichniß ſämmtlicher Manu¬
ſkripte, wovon ich eine Abſchrift mit nach Paris ge¬
nommen. Ich bitte Sie nun inſtändig, aus dem
Koffer diejenigen Manuſkripte zu nehmen, die ich Ih¬
nen mit den Nummern bezeichnen werde, und ſie mir
durch die Poſt hieher zu ſchicken. Nur vier oder
fünf will ich drucken laſſen: das wird ganz hinrei¬
chen, der Welt zu zeigen, wer ich bin. Aber, um
des Himmelswillen, laſſen Sie den Koffer und das
Felleiſen in Ihrer alleinigen Gegenwart öffnen und
unterſuchen, aber ja keinen Ihrer gelehrten Freunde
dabei ſeyn. Es könnte mir Einer ein Manuſkript,
oder gar einen Gedanken, oder gar ein Citat ſtehlen;
denn die Gelehrten haben in ſolchen Dingen weder
Schaam noch Gewiſſen. Ich wünſche alſo zu haben:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0196" n="182"/>
Sie, la&#x017F;&#x017F;en Sie auf der Stelle aus meinem Hau&#x017F;e<lb/>
den großen Koffer holen, der in der Dachkammer<lb/>
&#x017F;teht. Nicht den engli&#x017F;chen Koffer; denn darin lie¬<lb/>
gen bloß meine Novellen, Romane, Tragödien, Vaude¬<lb/>
ville's, Romanzen, Xenien, und eine deut&#x017F;che Ueber¬<lb/>
&#x017F;etzung von Willibald Alexis Schriften &#x2014; welche mir<lb/>
alle zu meinem ern&#x017F;ten Zweck nicht dienen können.<lb/>
Sondern den größern deut&#x017F;chen Koffer, welcher mit<lb/>
einem Felle überzogen i&#x017F;t, den drei Latten fe&#x017F;thalten.<lb/>
Darin liegen meine gelehrten Manu&#x017F;kripte. Ferner<lb/>
ein großes gelbes Fellei&#x017F;en, worin die zu meinen<lb/>
Werken gehörigen Citate gepackt &#x017F;ind. Ganz oben<lb/>
im Koffer liegt ein Verzeichniß &#x017F;ämmtlicher Manu¬<lb/>
&#x017F;kripte, wovon ich eine Ab&#x017F;chrift mit nach Paris ge¬<lb/>
nommen. Ich bitte Sie nun in&#x017F;tändig, aus dem<lb/>
Koffer diejenigen Manu&#x017F;kripte zu nehmen, die ich Ih¬<lb/>
nen mit den Nummern bezeichnen werde, und &#x017F;ie mir<lb/>
durch die Po&#x017F;t hieher zu &#x017F;chicken. Nur vier oder<lb/>
fünf will ich drucken la&#x017F;&#x017F;en: das wird ganz hinrei¬<lb/>
chen, der Welt zu zeigen, wer ich bin. Aber, um<lb/>
des Himmelswillen, la&#x017F;&#x017F;en Sie den Koffer und das<lb/>
Fellei&#x017F;en in Ihrer alleinigen Gegenwart öffnen und<lb/>
unter&#x017F;uchen, aber ja keinen Ihrer gelehrten Freunde<lb/>
dabei &#x017F;eyn. Es könnte mir Einer ein Manu&#x017F;kript,<lb/>
oder gar einen Gedanken, oder gar ein Citat &#x017F;tehlen;<lb/>
denn die Gelehrten haben in &#x017F;olchen Dingen weder<lb/>
Schaam noch Gewi&#x017F;&#x017F;en. Ich wün&#x017F;che al&#x017F;o zu haben:<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0196] Sie, laſſen Sie auf der Stelle aus meinem Hauſe den großen Koffer holen, der in der Dachkammer ſteht. Nicht den engliſchen Koffer; denn darin lie¬ gen bloß meine Novellen, Romane, Tragödien, Vaude¬ ville's, Romanzen, Xenien, und eine deutſche Ueber¬ ſetzung von Willibald Alexis Schriften — welche mir alle zu meinem ernſten Zweck nicht dienen können. Sondern den größern deutſchen Koffer, welcher mit einem Felle überzogen iſt, den drei Latten feſthalten. Darin liegen meine gelehrten Manuſkripte. Ferner ein großes gelbes Felleiſen, worin die zu meinen Werken gehörigen Citate gepackt ſind. Ganz oben im Koffer liegt ein Verzeichniß ſämmtlicher Manu¬ ſkripte, wovon ich eine Abſchrift mit nach Paris ge¬ nommen. Ich bitte Sie nun inſtändig, aus dem Koffer diejenigen Manuſkripte zu nehmen, die ich Ih¬ nen mit den Nummern bezeichnen werde, und ſie mir durch die Poſt hieher zu ſchicken. Nur vier oder fünf will ich drucken laſſen: das wird ganz hinrei¬ chen, der Welt zu zeigen, wer ich bin. Aber, um des Himmelswillen, laſſen Sie den Koffer und das Felleiſen in Ihrer alleinigen Gegenwart öffnen und unterſuchen, aber ja keinen Ihrer gelehrten Freunde dabei ſeyn. Es könnte mir Einer ein Manuſkript, oder gar einen Gedanken, oder gar ein Citat ſtehlen; denn die Gelehrten haben in ſolchen Dingen weder Schaam noch Gewiſſen. Ich wünſche alſo zu haben:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/196
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/196>, abgerufen am 21.11.2024.