Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833."der Menge gefallen will und der Erbärmlich¬ 13 *
„der Menge gefallen will und der Erbärmlich¬ 13 *
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <div n="3"> <p><pb facs="#f0209" n="195"/> „<hi rendition="#g">der Menge gefallen will</hi> und der Erbärmlich¬<lb/> „keit der Leidenſchaften des Tages, und im Grunde<lb/> „doch ſelbſt nicht weiß, was er eigentlich will. Wohl<lb/> „kann man ſagen, daß ſich Börne durch dieſes Buch<lb/> „in jeder Rückſicht ſelbſt gebrandmarkt hat; <hi rendition="#g">kein</hi><lb/> „<hi rendition="#g">Deutſcher</hi>, <hi rendition="#g">dem die Ehre ſeines Landes</hi><lb/> „<hi rendition="#g">heilig iſt</hi>, <hi rendition="#g">wird ihn fortan mehr in ſeiner</hi><lb/> „<hi rendition="#g">Geſellſchaft dulden können</hi>.“ Lieber alter<lb/> Freund! Sie ſind alt geworden und wiſſen nicht,<lb/> was Sie ſprechen. Um <hi rendition="#g">der Menge zu gefallen</hi>,<lb/> hätte ich die deutſche Nation verſpottet? Das wäre<lb/> doch ein ſonderbares Mittel! Was iſt denn die<lb/> Nation anders als die <hi rendition="#g">Menge</hi>? Verſpottet man<lb/> Einen, wenn man ihm gefallen will? Sie freilich<lb/> und Ihre Bande, Sie verſtehen unter Nation nicht<lb/> die Menge, ſondern nur die dreißigtauſend unter<lb/> dreißig Millionen Menſchen, welche die Blutſauger<lb/> des Volks ſind, die ohne Vaterland und ſelbſt ohne<lb/> Fürſten nur den Hof kennen, an den ſie feſtgeſchloſ¬<lb/> ſen, und keinen andern Gott haben, als den Hof¬<lb/> knecht, der ihnen ihr Futter vorwirft. Dieſe Nation<lb/> würde ich wohl verſpottet haben, wenn ſie eine Ehre<lb/> hätte, die man verwunden könnte, und wenn ſie<lb/> nicht, ſobald ſie ſatt iſt, jedes Spottes ſpottete. Ach<lb/> beſter Freund, es wäre recht ſchön, wenn mich künf¬<lb/> tig kein Deutſcher in ſeiner Geſellſchaft duldete; aber<lb/> ich fürchte, man duldet mich nach wie vor. Wie oft<lb/> <fw place="bottom" type="sig">13 *<lb/></fw> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [195/0209]
„der Menge gefallen will und der Erbärmlich¬
„keit der Leidenſchaften des Tages, und im Grunde
„doch ſelbſt nicht weiß, was er eigentlich will. Wohl
„kann man ſagen, daß ſich Börne durch dieſes Buch
„in jeder Rückſicht ſelbſt gebrandmarkt hat; kein
„Deutſcher, dem die Ehre ſeines Landes
„heilig iſt, wird ihn fortan mehr in ſeiner
„Geſellſchaft dulden können.“ Lieber alter
Freund! Sie ſind alt geworden und wiſſen nicht,
was Sie ſprechen. Um der Menge zu gefallen,
hätte ich die deutſche Nation verſpottet? Das wäre
doch ein ſonderbares Mittel! Was iſt denn die
Nation anders als die Menge? Verſpottet man
Einen, wenn man ihm gefallen will? Sie freilich
und Ihre Bande, Sie verſtehen unter Nation nicht
die Menge, ſondern nur die dreißigtauſend unter
dreißig Millionen Menſchen, welche die Blutſauger
des Volks ſind, die ohne Vaterland und ſelbſt ohne
Fürſten nur den Hof kennen, an den ſie feſtgeſchloſ¬
ſen, und keinen andern Gott haben, als den Hof¬
knecht, der ihnen ihr Futter vorwirft. Dieſe Nation
würde ich wohl verſpottet haben, wenn ſie eine Ehre
hätte, die man verwunden könnte, und wenn ſie
nicht, ſobald ſie ſatt iſt, jedes Spottes ſpottete. Ach
beſter Freund, es wäre recht ſchön, wenn mich künf¬
tig kein Deutſcher in ſeiner Geſellſchaft duldete; aber
ich fürchte, man duldet mich nach wie vor. Wie oft
13 *
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |