seits ihre Gesinnung öffentlich kund zu thun. Der ausdrücklichen Bitte zuvorkommend, erklärte ich, daß ich herzlich gern eine solche Adresse aufsetzen würde. Ich bemerkte: der Schritt, den sie zu machen däch¬ ten, würde von den heilsamsten Folgen sein. Uns Andern, aus dem Stande der Gelehrten und Schrift¬ steller, so oft wir von verfassungsmäßigen Rechten, von Freiheit und Staatsreformen sprächen, machte man den Vorwurf der Unruhestiftung und heillosen Zerstörungssucht, und wo man einmal so gnädig sey, uns milder zu betrachten, spottete man unserer lufti¬ gen Schwärmereien, die mit dem wahren Glück des Volkes, das auch für solche hohe Ideen nirgends Sinn habe, in gar keiner Verbindung stünde. Jetzt aber kämen sie, alle Kaufleute, die durch Stand, Gewerbe und tägliche Beschäftigung an das Positive gewiesen, ja durch Maas, Gewicht und Zahlen an die Wirklichkeit, wenn sie sie je vergessen möchten, stündlich erinnert würden, und wünschten und forder¬ ten das Nehmliche. Sie sprächen es aus, daß die materiellen Interessen, wo die Sorge für dieselbe löblich wäre, innigst an die moralischen Interessen gebunden wären, und daß nach Allem das sinnliche Wohlbefinden und Wohlbehagen der Menschen nicht ihre höchste Bestimmung sey. Dieses würde eine große Wirkung machen und die ewigen Feinde der
ſeits ihre Geſinnung öffentlich kund zu thun. Der ausdrücklichen Bitte zuvorkommend, erklärte ich, daß ich herzlich gern eine ſolche Adreſſe aufſetzen würde. Ich bemerkte: der Schritt, den ſie zu machen däch¬ ten, würde von den heilſamſten Folgen ſein. Uns Andern, aus dem Stande der Gelehrten und Schrift¬ ſteller, ſo oft wir von verfaſſungsmäßigen Rechten, von Freiheit und Staatsreformen ſprächen, machte man den Vorwurf der Unruheſtiftung und heilloſen Zerſtörungsſucht, und wo man einmal ſo gnädig ſey, uns milder zu betrachten, ſpottete man unſerer lufti¬ gen Schwärmereien, die mit dem wahren Glück des Volkes, das auch für ſolche hohe Ideen nirgends Sinn habe, in gar keiner Verbindung ſtünde. Jetzt aber kämen ſie, alle Kaufleute, die durch Stand, Gewerbe und tägliche Beſchäftigung an das Poſitive gewieſen, ja durch Maas, Gewicht und Zahlen an die Wirklichkeit, wenn ſie ſie je vergeſſen möchten, ſtündlich erinnert würden, und wünſchten und forder¬ ten das Nehmliche. Sie ſprächen es aus, daß die materiellen Intereſſen, wo die Sorge für dieſelbe löblich wäre, innigſt an die moraliſchen Intereſſen gebunden wären, und daß nach Allem das ſinnliche Wohlbefinden und Wohlbehagen der Menſchen nicht ihre höchſte Beſtimmung ſey. Dieſes würde eine große Wirkung machen und die ewigen Feinde der
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ſeits ihre Geſinnung öffentlich kund zu thun. Der
ausdrücklichen Bitte zuvorkommend, erklärte ich, daß
ich herzlich gern eine ſolche Adreſſe aufſetzen würde.
Ich bemerkte: der Schritt, den ſie zu machen däch¬
ten, würde von den heilſamſten Folgen ſein. Uns
Andern, aus dem Stande der Gelehrten und Schrift¬
ſteller, ſo oft wir von verfaſſungsmäßigen Rechten,
von Freiheit und Staatsreformen ſprächen, machte
man den Vorwurf der Unruheſtiftung und heilloſen
Zerſtörungsſucht, und wo man einmal ſo gnädig ſey,
uns milder zu betrachten, ſpottete man unſerer lufti¬
gen Schwärmereien, die mit dem wahren Glück des
Volkes, das auch für ſolche hohe Ideen nirgends
Sinn habe, in gar keiner Verbindung ſtünde. Jetzt
aber kämen ſie, alle Kaufleute, die durch Stand,
Gewerbe und tägliche Beſchäftigung an das Poſitive
gewieſen, ja durch Maas, Gewicht und Zahlen an
die Wirklichkeit, wenn ſie ſie je vergeſſen möchten,
ſtündlich erinnert würden, und wünſchten und forder¬
ten das Nehmliche. Sie ſprächen es aus, daß die
materiellen Intereſſen, wo die Sorge für dieſelbe
löblich wäre, innigſt an die moraliſchen Intereſſen
gebunden wären, und daß nach Allem das ſinnliche
Wohlbefinden und Wohlbehagen der Menſchen nicht
ihre höchſte Beſtimmung ſey. Dieſes würde eine
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/22>, abgerufen am 03.12.2024.
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