An die Herren Vorsteher des Deutschen Preßvereins in Zweibrücken.
Wir haben die Ehre, Ihnen eine Liste von Einwohnern Frankfurts, die dem schönen Bunde für das freie deutsche Wort beigetreten, zugleich mit dem Betrage der Sammlung des ersten Monats zu übersenden. Alle die Unterzeichneten sind jüdischen Glaubens. Wenn dieses Verhältniß unserer Theil¬ nahme eine besondere Bedeutung giebt, die sie ohne dies nicht hätte: so ist das weder unsere Schuld noch unser Verdienst, es ist nur unser Mißgeschick.
Wir hätten vorauseilen sollen in einem Kampfe, der uns mehr verspricht, als den übrigen Deutschen, weil uns alles fehlet; doch wir sind die Minderzahl, und es ziemte uns daher die Beschlüsse der Mehr¬ heit abzuwarten, und ihrer Leitung zu folgen. Ihr dürft unserem Mitgefühle vertrauen; den Schmerz, kein Vaterland zu haben, kennen wir seit länger als Ihr.
In dem Kriege, den sie den Befreiungs¬ krieg genannt, der aber nichts befreit, als unsere Fürsten von den Banden, in welche die große, mäch¬ tige und erhabene Leidenschaft eines Helden ihre klei¬ nen schwachen und verächtlichen Leidenschaften ge¬ schmiedet, haben auch wir die Waffen geführt. Ehe
An die Herren Vorſteher des Deutſchen Preßvereins in Zweibrücken.
Wir haben die Ehre, Ihnen eine Liſte von Einwohnern Frankfurts, die dem ſchönen Bunde für das freie deutſche Wort beigetreten, zugleich mit dem Betrage der Sammlung des erſten Monats zu überſenden. Alle die Unterzeichneten ſind jüdiſchen Glaubens. Wenn dieſes Verhältniß unſerer Theil¬ nahme eine beſondere Bedeutung giebt, die ſie ohne dies nicht hätte: ſo iſt das weder unſere Schuld noch unſer Verdienſt, es iſt nur unſer Mißgeſchick.
Wir hätten vorauseilen ſollen in einem Kampfe, der uns mehr verſpricht, als den übrigen Deutſchen, weil uns alles fehlet; doch wir ſind die Minderzahl, und es ziemte uns daher die Beſchlüſſe der Mehr¬ heit abzuwarten, und ihrer Leitung zu folgen. Ihr dürft unſerem Mitgefühle vertrauen; den Schmerz, kein Vaterland zu haben, kennen wir ſeit länger als Ihr.
In dem Kriege, den ſie den Befreiungs¬ krieg genannt, der aber nichts befreit, als unſere Fürſten von den Banden, in welche die große, mäch¬ tige und erhabene Leidenſchaft eines Helden ihre klei¬ nen ſchwachen und verächtlichen Leidenſchaften ge¬ ſchmiedet, haben auch wir die Waffen geführt. Ehe
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An die Herren Vorſteher des Deutſchen
Preßvereins in Zweibrücken.
Wir haben die Ehre, Ihnen eine Liſte von
Einwohnern Frankfurts, die dem ſchönen Bunde für
das freie deutſche Wort beigetreten, zugleich mit
dem Betrage der Sammlung des erſten Monats zu
überſenden. Alle die Unterzeichneten ſind jüdiſchen
Glaubens. Wenn dieſes Verhältniß unſerer Theil¬
nahme eine beſondere Bedeutung giebt, die ſie ohne
dies nicht hätte: ſo iſt das weder unſere Schuld noch
unſer Verdienſt, es iſt nur unſer Mißgeſchick.
Wir hätten vorauseilen ſollen in einem Kampfe,
der uns mehr verſpricht, als den übrigen Deutſchen,
weil uns alles fehlet; doch wir ſind die Minderzahl,
und es ziemte uns daher die Beſchlüſſe der Mehr¬
heit abzuwarten, und ihrer Leitung zu folgen. Ihr
dürft unſerem Mitgefühle vertrauen; den Schmerz,
kein Vaterland zu haben, kennen wir ſeit länger
als Ihr.
In dem Kriege, den ſie den Befreiungs¬
krieg genannt, der aber nichts befreit, als unſere
Fürſten von den Banden, in welche die große, mäch¬
tige und erhabene Leidenſchaft eines Helden ihre klei¬
nen ſchwachen und verächtlichen Leidenſchaften ge¬
ſchmiedet, haben auch wir die Waffen geführt. Ehe
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/251>, abgerufen am 16.02.2025.
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