die ich jetzt von den Philistern zu ertragen habe, mit denen, welchen Lord Byron ausgesetzt war, und wie wir beide aus gleichem Grunde verkannt werden. Ich bin dem Menzel für seinen guten Willen und seine schmeichelhafte Zusammenstellung sehr großen Dank schuldig; aber die Vergleichung muß ich zu¬ rückweisen, ich habe sie weder verdient noch verschul¬ det. So zerrissenen Herzens bin ich nicht wie By¬ ron. So wie er habe ich nie an der Menschheit verzweifelt. Sie ist mir klar und darum ist sie mir schuldlos. Gott ist in ihr, der Teufel nur in ihren Quälern. Und gegen diesen sich nicht blos zu be¬ kreuzigen, sondern ihm mit Wort und Schwert ent¬ gegen zu treten; denn er hat ein Ohr, das man schrecken, Fleisch und Bein, das man treffen kann -- dazu muntere ich die Schläfrigen auf, dazu mache ich die Abergläubigen beherzt. Auch an Deutschland verzweifle ich nicht, wie Menzel glaubt. Man schilt keinen Bettler wegen seines Geizes, den Reichen schilt man. Ein Volk ist ein einziges Kind. Auch mit Liebe im Herzen muß man es schelten; schelten über jeden Fehler, und wenn der Fehler auch der Dorn einer Tugend wäre. Es ist nicht meine Schuld, es ist mein Verdienst, wenn ich ein besserer Pädagog bin, als es mancher Andere ist. Es giebt nachtwan¬ delnde Völker: aber die Nacht eines Volkes ist lang, sehr lang, sie zählt Tage und Jahre und Jahrhun¬
die ich jetzt von den Philiſtern zu ertragen habe, mit denen, welchen Lord Byron ausgeſetzt war, und wie wir beide aus gleichem Grunde verkannt werden. Ich bin dem Menzel für ſeinen guten Willen und ſeine ſchmeichelhafte Zuſammenſtellung ſehr großen Dank ſchuldig; aber die Vergleichung muß ich zu¬ rückweiſen, ich habe ſie weder verdient noch verſchul¬ det. So zerriſſenen Herzens bin ich nicht wie By¬ ron. So wie er habe ich nie an der Menſchheit verzweifelt. Sie iſt mir klar und darum iſt ſie mir ſchuldlos. Gott iſt in ihr, der Teufel nur in ihren Quälern. Und gegen dieſen ſich nicht blos zu be¬ kreuzigen, ſondern ihm mit Wort und Schwert ent¬ gegen zu treten; denn er hat ein Ohr, das man ſchrecken, Fleiſch und Bein, das man treffen kann — dazu muntere ich die Schläfrigen auf, dazu mache ich die Abergläubigen beherzt. Auch an Deutſchland verzweifle ich nicht, wie Menzel glaubt. Man ſchilt keinen Bettler wegen ſeines Geizes, den Reichen ſchilt man. Ein Volk iſt ein einziges Kind. Auch mit Liebe im Herzen muß man es ſchelten; ſchelten über jeden Fehler, und wenn der Fehler auch der Dorn einer Tugend wäre. Es iſt nicht meine Schuld, es iſt mein Verdienſt, wenn ich ein beſſerer Pädagog bin, als es mancher Andere iſt. Es giebt nachtwan¬ delnde Völker: aber die Nacht eines Volkes iſt lang, ſehr lang, ſie zählt Tage und Jahre und Jahrhun¬
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die ich jetzt von den Philiſtern zu ertragen habe, mit
denen, welchen Lord Byron ausgeſetzt war, und wie
wir beide aus gleichem Grunde verkannt werden.
Ich bin dem Menzel für ſeinen guten Willen und
ſeine ſchmeichelhafte Zuſammenſtellung ſehr großen
Dank ſchuldig; aber die Vergleichung muß ich zu¬
rückweiſen, ich habe ſie weder verdient noch verſchul¬
det. So zerriſſenen Herzens bin ich nicht wie By¬
ron. So wie er habe ich nie an der Menſchheit
verzweifelt. Sie iſt mir klar und darum iſt ſie mir
ſchuldlos. Gott iſt in ihr, der Teufel nur in ihren
Quälern. Und gegen dieſen ſich nicht blos zu be¬
kreuzigen, ſondern ihm mit Wort und Schwert ent¬
gegen zu treten; denn er hat ein Ohr, das man
ſchrecken, Fleiſch und Bein, das man treffen kann
— dazu muntere ich die Schläfrigen auf, dazu mache
ich die Abergläubigen beherzt. Auch an Deutſchland
verzweifle ich nicht, wie Menzel glaubt. Man ſchilt
keinen Bettler wegen ſeines Geizes, den Reichen
ſchilt man. Ein Volk iſt ein einziges Kind. Auch
mit Liebe im Herzen muß man es ſchelten; ſchelten
über jeden Fehler, und wenn der Fehler auch der
Dorn einer Tugend wäre. Es iſt nicht meine Schuld,
es iſt mein Verdienſt, wenn ich ein beſſerer Pädagog
bin, als es mancher Andere iſt. Es giebt nachtwan¬
delnde Völker: aber die Nacht eines Volkes iſt lang,
ſehr lang, ſie zählt Tage und Jahre und Jahrhun¬
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/73>, abgerufen am 21.11.2024.
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