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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.

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ausweichen kann, und es müßte einer sehr zerstreut
sein, mit dem Kopfe dagegen zu rennen. Unsere
aber -- das ist ein Scheitholz mitten auf dem Wege,
in der Nacht und keine Laterne dabei; man fällt dar¬
über und bricht das Bein. So fiel neulich der Ge¬
burtstag
des Kaisers von Rußland ein, oder solch'
ein anderer heilloser Tag und da befahl die Polizei
in Warschau: es müßte Jeder illuminiren und für
jedes Fenster das dunkel bliebe, müßte man dreißig
Gulden Strafe bezahlen. Das ist deutlich! Eine
Dame in Neapel schrieb an ihren Sohn nach Mar¬
seille, sein alter Vater säße schon einige Monate im
Kerker, weil er, der Sohn, liberale Artikel in eine
Marseiller Zeitung schriebe! So weit bringt es
der Bundestag in seinem Leben nicht. Doch
wer weiß!

Schreiben Sie mir ja recht oft und viel und
freundlich, daß mir gar nichts von meinem Herzen
übrig bleibe; denn ich wüßte nicht, wie ich diesen
Winter auch nur den kleinsten Rest verwenden sollte.
Die Malibran ist nicht hier und sie kömmt auch nicht.
Ich wollte ich wäre zwanzig Jahre jünger, daß ich
darüber weinen dürfte. Während der Schneetage
von Paris log sie mir den Sommer vor; wenn sie
sang, sah ich blitzen, hörte ich donnern und wo in
meiner Brust noch ein altes Körnchen Pulver lag, da

ausweichen kann, und es müßte einer ſehr zerſtreut
ſein, mit dem Kopfe dagegen zu rennen. Unſere
aber — das iſt ein Scheitholz mitten auf dem Wege,
in der Nacht und keine Laterne dabei; man fällt dar¬
über und bricht das Bein. So fiel neulich der Ge¬
burtstag
des Kaiſers von Rußland ein, oder ſolch'
ein anderer heilloſer Tag und da befahl die Polizei
in Warſchau: es müßte Jeder illuminiren und für
jedes Fenſter das dunkel bliebe, müßte man dreißig
Gulden Strafe bezahlen. Das iſt deutlich! Eine
Dame in Neapel ſchrieb an ihren Sohn nach Mar¬
ſeille, ſein alter Vater ſäße ſchon einige Monate im
Kerker, weil er, der Sohn, liberale Artikel in eine
Marſeiller Zeitung ſchriebe! So weit bringt es
der Bundestag in ſeinem Leben nicht. Doch
wer weiß!

Schreiben Sie mir ja recht oft und viel und
freundlich, daß mir gar nichts von meinem Herzen
übrig bleibe; denn ich wüßte nicht, wie ich dieſen
Winter auch nur den kleinſten Reſt verwenden ſollte.
Die Malibran iſt nicht hier und ſie kömmt auch nicht.
Ich wollte ich wäre zwanzig Jahre jünger, daß ich
darüber weinen dürfte. Während der Schneetage
von Paris log ſie mir den Sommer vor; wenn ſie
ſang, ſah ich blitzen, hörte ich donnern und wo in
meiner Bruſt noch ein altes Körnchen Pulver lag, da

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[6/0018] ausweichen kann, und es müßte einer ſehr zerſtreut ſein, mit dem Kopfe dagegen zu rennen. Unſere aber — das iſt ein Scheitholz mitten auf dem Wege, in der Nacht und keine Laterne dabei; man fällt dar¬ über und bricht das Bein. So fiel neulich der Ge¬ burtstag des Kaiſers von Rußland ein, oder ſolch' ein anderer heilloſer Tag und da befahl die Polizei in Warſchau: es müßte Jeder illuminiren und für jedes Fenſter das dunkel bliebe, müßte man dreißig Gulden Strafe bezahlen. Das iſt deutlich! Eine Dame in Neapel ſchrieb an ihren Sohn nach Mar¬ ſeille, ſein alter Vater ſäße ſchon einige Monate im Kerker, weil er, der Sohn, liberale Artikel in eine Marſeiller Zeitung ſchriebe! So weit bringt es der Bundestag in ſeinem Leben nicht. Doch wer weiß! Schreiben Sie mir ja recht oft und viel und freundlich, daß mir gar nichts von meinem Herzen übrig bleibe; denn ich wüßte nicht, wie ich dieſen Winter auch nur den kleinſten Reſt verwenden ſollte. Die Malibran iſt nicht hier und ſie kömmt auch nicht. Ich wollte ich wäre zwanzig Jahre jünger, daß ich darüber weinen dürfte. Während der Schneetage von Paris log ſie mir den Sommer vor; wenn ſie ſang, ſah ich blitzen, hörte ich donnern und wo in meiner Bruſt noch ein altes Körnchen Pulver lag, da

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/18>, abgerufen am 23.11.2024.