Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

"kerleiter herabgekommen sind, wenn man noch ohne
"zu erröthen oder zu lachen von Freiheit reden darf;
"werde ich mit meinen Betrachtungen fortfahren."

"Es ist augenscheinlich, daß das Prinzip der
"Juli-Revolution, und das Prinzip der continental¬
"Monarchien sich feindlich entgegen stehen, daß diese
"beiden unvereinbaren Prinzipien nicht lange neben
"einander fort dauern können; daß das Eine noth¬
"wendig das Andere zerstören muß. Wenn die über¬
"raschten Fürsten im ersten Augenblick das König¬
"thum der Barrikaden anerkannt haben, werden sie
"früher oder später, ohnfehlbar davon zurückkommen;
"denn keinem von ihnen wird sonderlich viel daran
"liegen, von einem Pflastersteine umgeworfen oder
"von einem Vetter verdrängt zu werden. Ja, jemehr
"sich in Frankreich ein Anschein von Ordnung und
"Wohlstand zeigte, jemehr würden sich die absoluten
"Regierungen entsetzen, denn die Versuchung für ihre
"Völker wäre dann um so größer. Wie wäre auch
"möglich eine freie Tribüne, freie Journale, die
"Gleichheit der Stände, die Theilung aller Aemter
"und jedes Glückes zu haben, ohne daß die Revolu¬
"tion, minder bedächtig als ihre schwachen Führer,
"über den Rhein ginge? .. Daß Souveraine, von
"einem dreißigjährigen Kriege ermüdet, schlafen wol¬
"len; daß Gesandte lieber in Paris bedeutende Per¬

„kerleiter herabgekommen ſind, wenn man noch ohne
„zu erröthen oder zu lachen von Freiheit reden darf;
„werde ich mit meinen Betrachtungen fortfahren.“

„Es iſt augenſcheinlich, daß das Prinzip der
„Juli-Revolution, und das Prinzip der continental¬
„Monarchien ſich feindlich entgegen ſtehen, daß dieſe
„beiden unvereinbaren Prinzipien nicht lange neben
„einander fort dauern können; daß das Eine noth¬
„wendig das Andere zerſtören muß. Wenn die über¬
„raſchten Fürſten im erſten Augenblick das König¬
„thum der Barrikaden anerkannt haben, werden ſie
„früher oder ſpäter, ohnfehlbar davon zurückkommen;
„denn keinem von ihnen wird ſonderlich viel daran
„liegen, von einem Pflaſterſteine umgeworfen oder
„von einem Vetter verdrängt zu werden. Ja, jemehr
„ſich in Frankreich ein Anſchein von Ordnung und
„Wohlſtand zeigte, jemehr würden ſich die abſoluten
„Regierungen entſetzen, denn die Verſuchung für ihre
„Völker wäre dann um ſo größer. Wie wäre auch
„möglich eine freie Tribüne, freie Journale, die
„Gleichheit der Stände, die Theilung aller Aemter
„und jedes Glückes zu haben, ohne daß die Revolu¬
„tion, minder bedächtig als ihre ſchwachen Führer,
„über den Rhein ginge? .. Daß Souveraine, von
„einem dreißigjährigen Kriege ermüdet, ſchlafen wol¬
„len; daß Geſandte lieber in Paris bedeutende Per¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0216" n="204"/>
&#x201E;kerleiter herabgekommen &#x017F;ind, wenn man noch ohne<lb/>
&#x201E;zu erröthen oder zu lachen von Freiheit reden darf;<lb/>
&#x201E;werde ich mit meinen Betrachtungen fortfahren.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Es i&#x017F;t augen&#x017F;cheinlich, daß das Prinzip der<lb/>
&#x201E;Juli-Revolution, und das Prinzip der continental¬<lb/>
&#x201E;Monarchien &#x017F;ich feindlich entgegen &#x017F;tehen, daß die&#x017F;e<lb/>
&#x201E;beiden unvereinbaren Prinzipien nicht lange neben<lb/>
&#x201E;einander fort dauern können; daß das Eine noth¬<lb/>
&#x201E;wendig das Andere zer&#x017F;tören muß. Wenn die über¬<lb/>
&#x201E;ra&#x017F;chten Für&#x017F;ten im er&#x017F;ten Augenblick das König¬<lb/>
&#x201E;thum der Barrikaden anerkannt haben, werden &#x017F;ie<lb/>
&#x201E;früher oder &#x017F;päter, ohnfehlbar davon zurückkommen;<lb/>
&#x201E;denn keinem von ihnen wird &#x017F;onderlich viel daran<lb/>
&#x201E;liegen, von einem Pfla&#x017F;ter&#x017F;teine umgeworfen oder<lb/>
&#x201E;von einem Vetter verdrängt zu werden. Ja, jemehr<lb/>
&#x201E;&#x017F;ich in Frankreich ein An&#x017F;chein von Ordnung und<lb/>
&#x201E;Wohl&#x017F;tand zeigte, jemehr würden &#x017F;ich die ab&#x017F;oluten<lb/>
&#x201E;Regierungen ent&#x017F;etzen, denn die Ver&#x017F;uchung für ihre<lb/>
&#x201E;Völker wäre dann um &#x017F;o größer. Wie wäre auch<lb/>
&#x201E;möglich eine freie Tribüne, freie Journale, die<lb/>
&#x201E;Gleichheit der Stände, die Theilung aller Aemter<lb/>
&#x201E;und jedes Glückes zu haben, ohne daß die Revolu¬<lb/>
&#x201E;tion, minder bedächtig als ihre &#x017F;chwachen Führer,<lb/>
&#x201E;über den Rhein ginge? .. Daß Souveraine, von<lb/>
&#x201E;einem dreißigjährigen Kriege ermüdet, &#x017F;chlafen wol¬<lb/>
&#x201E;len; daß Ge&#x017F;andte lieber in Paris bedeutende Per¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0216] „kerleiter herabgekommen ſind, wenn man noch ohne „zu erröthen oder zu lachen von Freiheit reden darf; „werde ich mit meinen Betrachtungen fortfahren.“ „Es iſt augenſcheinlich, daß das Prinzip der „Juli-Revolution, und das Prinzip der continental¬ „Monarchien ſich feindlich entgegen ſtehen, daß dieſe „beiden unvereinbaren Prinzipien nicht lange neben „einander fort dauern können; daß das Eine noth¬ „wendig das Andere zerſtören muß. Wenn die über¬ „raſchten Fürſten im erſten Augenblick das König¬ „thum der Barrikaden anerkannt haben, werden ſie „früher oder ſpäter, ohnfehlbar davon zurückkommen; „denn keinem von ihnen wird ſonderlich viel daran „liegen, von einem Pflaſterſteine umgeworfen oder „von einem Vetter verdrängt zu werden. Ja, jemehr „ſich in Frankreich ein Anſchein von Ordnung und „Wohlſtand zeigte, jemehr würden ſich die abſoluten „Regierungen entſetzen, denn die Verſuchung für ihre „Völker wäre dann um ſo größer. Wie wäre auch „möglich eine freie Tribüne, freie Journale, die „Gleichheit der Stände, die Theilung aller Aemter „und jedes Glückes zu haben, ohne daß die Revolu¬ „tion, minder bedächtig als ihre ſchwachen Führer, „über den Rhein ginge? .. Daß Souveraine, von „einem dreißigjährigen Kriege ermüdet, ſchlafen wol¬ „len; daß Geſandte lieber in Paris bedeutende Per¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/216
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/216>, abgerufen am 21.11.2024.