Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.hohen Alter, sondern auch zu jeder Zeit ihres Lebens hohen Alter, ſondern auch zu jeder Zeit ihres Lebens <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p><pb facs="#f0225" n="213"/> hohen Alter, ſondern auch zu jeder Zeit ihres Lebens<lb/> einer fürſtlichen Regierung bedürfen — ſobald ſie<lb/> krank werden. Dann iſt die Monarchie das Heil¬<lb/> mittel und der Fürſt der Arzt. Aber ſobald die Ge¬<lb/> ſundheit zurückkehrt, wirft man das Arznei-Glas zum<lb/> Fenſter hinaus und verabſchiedet die Aerzte. In die¬<lb/> ſem Zuſtande der Wiedergeneſung iſt jetzt der größte<lb/> Theil der europäiſchen Welt. Wozu alſo noch län¬<lb/> ger Doktor und Apotheker? wozu ſo vieles Geld<lb/> für Arznei-Mittel ausgeben, das wir für unſere Nah¬<lb/> rung nützlicher und angenehmer verwenden könnten?<lb/> Aber da giebt es Völker die von Geſundheit ſtrotzen<lb/> und in der Einbildung krank ſind, nur da ſehen wir<lb/> die ganze lächerliche und traurige Geſchichte von Mo¬<lb/> lieres <hi rendition="#aq">malade imaginaire</hi>. Leſen Sie gleich vorn<lb/> die Apotheker-Rechnungen: es iſt eine Satyre auf die<lb/> monarchiſchen Budgets. Da ſind die Volks-Doktoren<lb/> Dnifarius Vater und Sohn; da iſt der Volks-Apo¬<lb/> theker Pargo, die den unglücklichen Argan anführen<lb/> und abführen, daß es ein Erbarmen iſt. Wohlmei¬<lb/> nende Freunde belehren ihn, daß er geſund ſey, und<lb/> er möge doch Doktor und Apotheker zur Thüre hin¬<lb/> aus werfen; aber da tritt jedesmal <hi rendition="#aq">madame Belise</hi>,<lb/> der nach dem Gelde des armen Tropfes gelüſtet, zur<lb/> rechten Zeit hinzu und ſpricht zärtlich <hi rendition="#aq">mon petit fils,<lb/> mon ami, mon pauvre mouton</hi>! und erſtickt ihn<lb/> unter Federbetten. Endlich aber, ich hoffe es, wird<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [213/0225]
hohen Alter, ſondern auch zu jeder Zeit ihres Lebens
einer fürſtlichen Regierung bedürfen — ſobald ſie
krank werden. Dann iſt die Monarchie das Heil¬
mittel und der Fürſt der Arzt. Aber ſobald die Ge¬
ſundheit zurückkehrt, wirft man das Arznei-Glas zum
Fenſter hinaus und verabſchiedet die Aerzte. In die¬
ſem Zuſtande der Wiedergeneſung iſt jetzt der größte
Theil der europäiſchen Welt. Wozu alſo noch län¬
ger Doktor und Apotheker? wozu ſo vieles Geld
für Arznei-Mittel ausgeben, das wir für unſere Nah¬
rung nützlicher und angenehmer verwenden könnten?
Aber da giebt es Völker die von Geſundheit ſtrotzen
und in der Einbildung krank ſind, nur da ſehen wir
die ganze lächerliche und traurige Geſchichte von Mo¬
lieres malade imaginaire. Leſen Sie gleich vorn
die Apotheker-Rechnungen: es iſt eine Satyre auf die
monarchiſchen Budgets. Da ſind die Volks-Doktoren
Dnifarius Vater und Sohn; da iſt der Volks-Apo¬
theker Pargo, die den unglücklichen Argan anführen
und abführen, daß es ein Erbarmen iſt. Wohlmei¬
nende Freunde belehren ihn, daß er geſund ſey, und
er möge doch Doktor und Apotheker zur Thüre hin¬
aus werfen; aber da tritt jedesmal madame Belise,
der nach dem Gelde des armen Tropfes gelüſtet, zur
rechten Zeit hinzu und ſpricht zärtlich mon petit fils,
mon ami, mon pauvre mouton! und erſtickt ihn
unter Federbetten. Endlich aber, ich hoffe es, wird
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