Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.wird. Die Klügsten unter den Gegnern des Libera¬ wird. Die Klügſten unter den Gegnern des Libera¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p><pb facs="#f0025" n="13"/> wird. Die Klügſten unter den Gegnern des Libera¬<lb/> lismus haben dieſen immer vorgeworfen, es ſei ihm<lb/> gar nicht um dieſe oder jene Regierungsform zu<lb/> thun, ſondern er wolle gar keine Regierung. Ich<lb/> trage dieſe Sünde ſchon zwanzig Jahre in meinem<lb/> Herzen und ſie hat mich noch in keinem Schlafe,<lb/> in keiner gefährlichen Krankheit beunruhigt. Die<lb/> Tyrannei der Willkühr war mir nie ſo verhaßt, wie<lb/> die der Geſetze. Der Staat, die Regierung, das<lb/> Geſetz, ſie müſſen alle ſuchen ſich überflüſſig zu ma¬<lb/> chen, und ein tugendhafter Juſtizrath ſeufzt gewiß,<lb/> ſo oft er ſein Quartal einkaſſirt und ruft: O Gott!<lb/> wie lange wird dieſer elende Zuſtand der Dinge noch<lb/> dauern? Und bei dieſer Betrachtung hat der Ver¬<lb/> faſſer eine ſchöne Stelle, die ich wörtlich ausſchreiben<lb/> will. „Freilich iſt das Firmament ein Staat, und<lb/> „Gott ein Monarch, der ſich die Geſetze und die<lb/> „Bahnen unterordnet; aber die Sterne des Himmels<lb/> „werden einſt auf die Erde fallen, und Gott wird<lb/> „ſein ſtrahlendes Scepter und die Sonnenkrone von<lb/> „ſich werfen, und den Menſchen weinend in die Arme<lb/> „fallen, und die zitternden Seelen um Vergebung<lb/> „bitten, daß er ſie ſo lange in ſeinen allmächtigen<lb/> „Banden gefangen gehalten.“ Küſſen Sie den Un¬<lb/> bekannten in der Seele, der über die Wehen, die<lb/> Geburten und Misgeburten dieſer Zeit ſo ſchöne<lb/> Dinge geſagt. Auch eine betrübte räthſelhafte Er¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [13/0025]
wird. Die Klügſten unter den Gegnern des Libera¬
lismus haben dieſen immer vorgeworfen, es ſei ihm
gar nicht um dieſe oder jene Regierungsform zu
thun, ſondern er wolle gar keine Regierung. Ich
trage dieſe Sünde ſchon zwanzig Jahre in meinem
Herzen und ſie hat mich noch in keinem Schlafe,
in keiner gefährlichen Krankheit beunruhigt. Die
Tyrannei der Willkühr war mir nie ſo verhaßt, wie
die der Geſetze. Der Staat, die Regierung, das
Geſetz, ſie müſſen alle ſuchen ſich überflüſſig zu ma¬
chen, und ein tugendhafter Juſtizrath ſeufzt gewiß,
ſo oft er ſein Quartal einkaſſirt und ruft: O Gott!
wie lange wird dieſer elende Zuſtand der Dinge noch
dauern? Und bei dieſer Betrachtung hat der Ver¬
faſſer eine ſchöne Stelle, die ich wörtlich ausſchreiben
will. „Freilich iſt das Firmament ein Staat, und
„Gott ein Monarch, der ſich die Geſetze und die
„Bahnen unterordnet; aber die Sterne des Himmels
„werden einſt auf die Erde fallen, und Gott wird
„ſein ſtrahlendes Scepter und die Sonnenkrone von
„ſich werfen, und den Menſchen weinend in die Arme
„fallen, und die zitternden Seelen um Vergebung
„bitten, daß er ſie ſo lange in ſeinen allmächtigen
„Banden gefangen gehalten.“ Küſſen Sie den Un¬
bekannten in der Seele, der über die Wehen, die
Geburten und Misgeburten dieſer Zeit ſo ſchöne
Dinge geſagt. Auch eine betrübte räthſelhafte Er¬
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