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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.

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manie den Masaniello machen -- und die Kammer
hat nicht gelacht -- so traurig ist sie! Aber ....
da sitze ich nun mit meinem Aber und weiß nicht
was ich damit machen soll. Sie sehen was dabei
herauskömmt, wenn man leichtsinnig in den Tag
hineinschreibt und nicht das Ende bedenkt. Lassen
Sie sich das zur Warnung dienen. Aber ....

Ich will es Ihnen offen gestehen, es war mir
nur darum zu thun, so schnell als möglich Kehraus
zu machen. Mein Taschenbuch ist voll und ich habe
mir heute ein neues gekauft -- in diesem Winter
das dritte.

Und nachdem ich das letzte Wort heraus¬
geschrieben, warf ich das Buch und den verfluchten
Bleistift mit -- er sollte mir zu keinem schuldlosen
Worte dienen -- in den Kamin, und stieß es mit
der Zange in die Gluth. Garstig roch der Saffian
und das Pergament und da lachte ich. Es sei ein
Fett-Opfer den unterirdischen Göttern gebracht! ..
Als mir aber durch die Seele ging, was ich seit
zwei Monaten hineingeschrieben; die unerhörte
Schmach, den unerträglichen Schmerz des Vater¬
landes, und dachte: und das Alle dem treuesten,
dem edelsten, dem geistreichsten unter den Völkern
der Erde -- dem Volke, das unter allen Kindern

manie den Maſaniello machen — und die Kammer
hat nicht gelacht — ſo traurig iſt ſie! Aber ....
da ſitze ich nun mit meinem Aber und weiß nicht
was ich damit machen ſoll. Sie ſehen was dabei
herauskömmt, wenn man leichtſinnig in den Tag
hineinſchreibt und nicht das Ende bedenkt. Laſſen
Sie ſich das zur Warnung dienen. Aber ....

Ich will es Ihnen offen geſtehen, es war mir
nur darum zu thun, ſo ſchnell als möglich Kehraus
zu machen. Mein Taſchenbuch iſt voll und ich habe
mir heute ein neues gekauft — in dieſem Winter
das dritte.

Und nachdem ich das letzte Wort heraus¬
geſchrieben, warf ich das Buch und den verfluchten
Bleiſtift mit — er ſollte mir zu keinem ſchuldloſen
Worte dienen — in den Kamin, und ſtieß es mit
der Zange in die Gluth. Garſtig roch der Saffian
und das Pergament und da lachte ich. Es ſei ein
Fett-Opfer den unterirdiſchen Göttern gebracht! ..
Als mir aber durch die Seele ging, was ich ſeit
zwei Monaten hineingeſchrieben; die unerhörte
Schmach, den unerträglichen Schmerz des Vater¬
landes, und dachte: und das Alle dem treueſten,
dem edelſten, dem geiſtreichſten unter den Völkern
der Erde — dem Volke, das unter allen Kindern

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[220/0232] manie den Maſaniello machen — und die Kammer hat nicht gelacht — ſo traurig iſt ſie! Aber .... da ſitze ich nun mit meinem Aber und weiß nicht was ich damit machen ſoll. Sie ſehen was dabei herauskömmt, wenn man leichtſinnig in den Tag hineinſchreibt und nicht das Ende bedenkt. Laſſen Sie ſich das zur Warnung dienen. Aber .... Ich will es Ihnen offen geſtehen, es war mir nur darum zu thun, ſo ſchnell als möglich Kehraus zu machen. Mein Taſchenbuch iſt voll und ich habe mir heute ein neues gekauft — in dieſem Winter das dritte. Und nachdem ich das letzte Wort heraus¬ geſchrieben, warf ich das Buch und den verfluchten Bleiſtift mit — er ſollte mir zu keinem ſchuldloſen Worte dienen — in den Kamin, und ſtieß es mit der Zange in die Gluth. Garſtig roch der Saffian und das Pergament und da lachte ich. Es ſei ein Fett-Opfer den unterirdiſchen Göttern gebracht! .. Als mir aber durch die Seele ging, was ich ſeit zwei Monaten hineingeſchrieben; die unerhörte Schmach, den unerträglichen Schmerz des Vater¬ landes, und dachte: und das Alle dem treueſten, dem edelſten, dem geiſtreichſten unter den Völkern der Erde — dem Volke, das unter allen Kindern

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/232>, abgerufen am 24.11.2024.