Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

nichts. Die Regierung dort wird euch nie in die
Kammer lassen, denn sie zittert vor euch. Sie fürch¬
tet, manchem würde euer Lächeln mehr sein als das
gnädige Lächeln des Fürsten, euer Händedruck schmei¬
chelnder als das Achselzucken eines Ministers und
euer Spott gefährlicher als die Unzufriedenheit des
Preußischen Gesandten. Darum sammelt euch! In
Ordnung! Die Häßlichsten im ersten Gliede! Vor¬
wärts! .... Was ist? Ihr zaudert? Habt ihr
Furcht? .. Ja so! ... Die Schönsten voraus!
Marsch! ... Halt! Kehrt wieder um und gehet
nach Hause. Es fällt mir eben ein, daß sie
Recht haben; es sind schon Weiber genug in allen
deutschen Kammern.

Von den Duellen welche in diesen Tagen zwi¬
schen carlistischen und liberalen Journalisten Statt
gefunden, werden Sie in den Zeitungen gelesen ha¬
ben. Aber bei euch mag man wohl die Bedeutung
dieses Ereignisses nicht ganz fühlen. Es war sehr
wichtig, es hat die Regierung aus ihrem süßen Traum
geweckt. Man dachte, das Volk wäre todt, weil es
nicht mehr brüllte, und da kam mancher Esel, wenn
auch zitternd, herangestolpert, um durch einen Fu߬
tritt seine Tapferkeit und seine treue Anhänglichkeit
für die doktrinäre Eselei zu beweisen. Da brüllte
der Löwe wieder einmal und sie bekamen Angst. Die
unverschämte Herausforderung der Legitimisten, die

nichts. Die Regierung dort wird euch nie in die
Kammer laſſen, denn ſie zittert vor euch. Sie fürch¬
tet, manchem würde euer Lächeln mehr ſein als das
gnädige Lächeln des Fürſten, euer Händedruck ſchmei¬
chelnder als das Achſelzucken eines Miniſters und
euer Spott gefährlicher als die Unzufriedenheit des
Preußiſchen Geſandten. Darum ſammelt euch! In
Ordnung! Die Häßlichſten im erſten Gliede! Vor¬
wärts! .... Was iſt? Ihr zaudert? Habt ihr
Furcht? .. Ja ſo! ... Die Schönſten voraus!
Marſch! ... Halt! Kehrt wieder um und gehet
nach Hauſe. Es fällt mir eben ein, daß ſie
Recht haben; es ſind ſchon Weiber genug in allen
deutſchen Kammern.

Von den Duellen welche in dieſen Tagen zwi¬
ſchen carliſtiſchen und liberalen Journaliſten Statt
gefunden, werden Sie in den Zeitungen geleſen ha¬
ben. Aber bei euch mag man wohl die Bedeutung
dieſes Ereigniſſes nicht ganz fühlen. Es war ſehr
wichtig, es hat die Regierung aus ihrem ſüßen Traum
geweckt. Man dachte, das Volk wäre todt, weil es
nicht mehr brüllte, und da kam mancher Eſel, wenn
auch zitternd, herangeſtolpert, um durch einen Fu߬
tritt ſeine Tapferkeit und ſeine treue Anhänglichkeit
für die doktrinäre Eſelei zu beweiſen. Da brüllte
der Löwe wieder einmal und ſie bekamen Angſt. Die
unverſchämte Herausforderung der Legitimiſten, die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <div>
            <p><pb facs="#f0080" n="68"/>
nichts. Die Regierung dort wird euch nie in die<lb/>
Kammer la&#x017F;&#x017F;en, denn &#x017F;ie zittert vor euch. Sie fürch¬<lb/>
tet, manchem würde euer Lächeln mehr &#x017F;ein als das<lb/>
gnädige Lächeln des Für&#x017F;ten, euer Händedruck &#x017F;chmei¬<lb/>
chelnder als das Ach&#x017F;elzucken eines Mini&#x017F;ters und<lb/>
euer Spott gefährlicher als die Unzufriedenheit des<lb/>
Preußi&#x017F;chen Ge&#x017F;andten. Darum &#x017F;ammelt euch! In<lb/>
Ordnung! Die Häßlich&#x017F;ten im er&#x017F;ten Gliede! Vor¬<lb/>
wärts! .... Was i&#x017F;t? Ihr zaudert? Habt ihr<lb/>
Furcht? .. Ja &#x017F;o! ... Die Schön&#x017F;ten voraus!<lb/>
Mar&#x017F;ch! ... Halt! Kehrt wieder um und gehet<lb/>
nach Hau&#x017F;e. Es fällt mir eben ein, daß &#x017F;ie<lb/>
Recht haben; es &#x017F;ind &#x017F;chon Weiber genug in allen<lb/>
deut&#x017F;chen Kammern.</p><lb/>
            <p>Von den Duellen welche in die&#x017F;en Tagen zwi¬<lb/>
&#x017F;chen carli&#x017F;ti&#x017F;chen und liberalen Journali&#x017F;ten Statt<lb/>
gefunden, werden Sie in den Zeitungen gele&#x017F;en ha¬<lb/>
ben. Aber bei euch mag man wohl die Bedeutung<lb/>
die&#x017F;es Ereigni&#x017F;&#x017F;es nicht ganz fühlen. Es war &#x017F;ehr<lb/>
wichtig, es hat die Regierung aus ihrem &#x017F;üßen Traum<lb/>
geweckt. Man dachte, das Volk wäre todt, weil es<lb/>
nicht mehr brüllte, und da kam mancher E&#x017F;el, wenn<lb/>
auch zitternd, herange&#x017F;tolpert, um durch einen Fu߬<lb/>
tritt &#x017F;eine Tapferkeit und &#x017F;eine treue Anhänglichkeit<lb/>
für die doktrinäre E&#x017F;elei zu bewei&#x017F;en. Da brüllte<lb/>
der Löwe wieder einmal und &#x017F;ie bekamen Ang&#x017F;t. Die<lb/>
unver&#x017F;chämte Herausforderung der Legitimi&#x017F;ten, die<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0080] nichts. Die Regierung dort wird euch nie in die Kammer laſſen, denn ſie zittert vor euch. Sie fürch¬ tet, manchem würde euer Lächeln mehr ſein als das gnädige Lächeln des Fürſten, euer Händedruck ſchmei¬ chelnder als das Achſelzucken eines Miniſters und euer Spott gefährlicher als die Unzufriedenheit des Preußiſchen Geſandten. Darum ſammelt euch! In Ordnung! Die Häßlichſten im erſten Gliede! Vor¬ wärts! .... Was iſt? Ihr zaudert? Habt ihr Furcht? .. Ja ſo! ... Die Schönſten voraus! Marſch! ... Halt! Kehrt wieder um und gehet nach Hauſe. Es fällt mir eben ein, daß ſie Recht haben; es ſind ſchon Weiber genug in allen deutſchen Kammern. Von den Duellen welche in dieſen Tagen zwi¬ ſchen carliſtiſchen und liberalen Journaliſten Statt gefunden, werden Sie in den Zeitungen geleſen ha¬ ben. Aber bei euch mag man wohl die Bedeutung dieſes Ereigniſſes nicht ganz fühlen. Es war ſehr wichtig, es hat die Regierung aus ihrem ſüßen Traum geweckt. Man dachte, das Volk wäre todt, weil es nicht mehr brüllte, und da kam mancher Eſel, wenn auch zitternd, herangeſtolpert, um durch einen Fu߬ tritt ſeine Tapferkeit und ſeine treue Anhänglichkeit für die doktrinäre Eſelei zu beweiſen. Da brüllte der Löwe wieder einmal und ſie bekamen Angſt. Die unverſchämte Herausforderung der Legitimiſten, die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/80
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/80>, abgerufen am 04.12.2024.