Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bogatzky, Carl Heinrich von: Güldenes Schatz-Kästlein der Kinder GOttes, deren Schatz im Himmel ist. Halle, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Ich habe wider dich, daß du die erste Liebe verlässest etc. Offenb. 2, 4.
Mein Vater, mich beruhiget wol, daß du in Christo mir gnädig bist,
und mich liebest, aber mich beugt, daß meine Liebe zu dir noch so schlecht ist.
Ach bessere meine Mängel, und was du noch übrig lässest, rechne mir nicht zu,
und laß es nicht den kindlichen Geist stören, sondern dazu dienen, daß ich nur
desto mehr auf Christum und deine Gnade alleine traue, doch auch ernstlicher
bete, damit du noch alle Mängel erfüllest, sonderlich mit unverrückter Liebe.

O Seele! hat der HErr dich einmal recht gezogen,
Solaß, (ach merke dis!) die erste Liebe nicht,
Wie doch so viele thun: drum, daß es nicht geschicht,
So wache, kämpf und fleh, sonst wirst du leicht bewogen.
Ja ist es schon geschehn, ermanne dich nur bald,
Geh gleich, und bete doch! was wilt du noch verziehen?
Fleh um die erste Brunst, und bleibe nicht so kalt:
Denn, war die erste heiß, so muß die andre glüen,
Man muß, ie näher wir zum Hochzeithause gehn,
Das Liebesflämmelein stets heller brennen sehn,
Bis dort die Liebe wird in Feur und Fackeln stehn.

Ich habe wider dich, daß du die erſte Liebe verläſſeſt ꝛc. Offenb. 2, 4.
Mein Vater, mich beruhiget wol, daß du in Chriſto mir gnädig biſt,
und mich liebeſt, aber mich beugt, daß meine Liebe zu dir noch ſo ſchlecht iſt.
Ach beſſere meine Mängel, und was du noch übrig läſſeſt, rechne mir nicht zu,
und laß es nicht den kindlichen Geiſt ſtören, ſondern dazu dienen, daß ich nur
deſto mehr auf Chriſtum und deine Gnade alleine traue, doch auch ernſtlicher
bete, damit du noch alle Mängel erfülleſt, ſonderlich mit unverrückter Liebe.

O Seele! hat der HErr dich einmal recht gezogen,
Solaß, (ach merke dis!) die erſte Liebe nicht,
Wie doch ſo viele thun: drum, daß es nicht geſchicht,
So wache, kämpf und fleh, ſonſt wirſt du leicht bewogen.
Ja iſt es ſchon geſchehn, ermanne dich nur bald,
Geh gleich, und bete doch! was wilt du noch verziehen?
Fleh um die erſte Brunſt, und bleibe nicht ſo kalt:
Denn, war die erſte heiß, ſo muß die andre glüen,
Man muß, ie näher wir zum Hochzeithauſe gehn,
Das Liebesflämmelein ſtets heller brennen ſehn,
Bis dort die Liebe wird in Feur und Fackeln ſtehn.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0161" n="149"/>
        <div n="2">
          <dateline>29. <hi rendition="#aq">Maj.</hi></dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">I</hi><hi rendition="#fr">ch habe wider dich, daß du die er&#x017F;te Liebe verlä&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t &#xA75B;c.</hi> Offenb. 2, 4.<lb/>
Mein Vater, mich beruhiget wol, daß du in Chri&#x017F;to mir gnädig bi&#x017F;t,<lb/>
und mich liebe&#x017F;t, aber mich beugt, daß meine Liebe zu dir noch &#x017F;o &#x017F;chlecht i&#x017F;t.<lb/>
Ach be&#x017F;&#x017F;ere meine Mängel, und was du noch übrig lä&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t, rechne mir nicht zu,<lb/>
und laß es nicht den kindlichen Gei&#x017F;t &#x017F;tören, &#x017F;ondern dazu dienen, daß ich nur<lb/>
de&#x017F;to mehr auf Chri&#x017F;tum und deine Gnade alleine traue, doch auch ern&#x017F;tlicher<lb/>
bete, damit du noch alle Mängel erfülle&#x017F;t, &#x017F;onderlich mit unverrückter Liebe.</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>O Seele! hat der HErr dich einmal recht gezogen,</l><lb/>
            <l>Solaß, (ach merke dis!) die er&#x017F;te Liebe nicht,</l><lb/>
            <l>Wie doch &#x017F;o viele thun: drum, daß es nicht ge&#x017F;chicht,</l><lb/>
            <l>So wache, kämpf und fleh, &#x017F;on&#x017F;t wir&#x017F;t du leicht bewogen.</l><lb/>
            <l>Ja i&#x017F;t es &#x017F;chon ge&#x017F;chehn, ermanne dich nur bald,</l><lb/>
            <l>Geh gleich, und bete doch! was wilt du noch verziehen?</l><lb/>
            <l>Fleh um die er&#x017F;te Brun&#x017F;t, und bleibe nicht &#x017F;o kalt:</l><lb/>
            <l>Denn, war die er&#x017F;te heiß, &#x017F;o muß die andre glüen,</l><lb/>
            <l>Man muß, ie näher wir zum Hochzeithau&#x017F;e gehn,</l><lb/>
            <l>Das Liebesflämmelein &#x017F;tets heller brennen &#x017F;ehn,</l><lb/>
            <l>Bis dort die Liebe wird in Feur und Fackeln &#x017F;tehn.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0161] 29. Maj. Ich habe wider dich, daß du die erſte Liebe verläſſeſt ꝛc. Offenb. 2, 4. Mein Vater, mich beruhiget wol, daß du in Chriſto mir gnädig biſt, und mich liebeſt, aber mich beugt, daß meine Liebe zu dir noch ſo ſchlecht iſt. Ach beſſere meine Mängel, und was du noch übrig läſſeſt, rechne mir nicht zu, und laß es nicht den kindlichen Geiſt ſtören, ſondern dazu dienen, daß ich nur deſto mehr auf Chriſtum und deine Gnade alleine traue, doch auch ernſtlicher bete, damit du noch alle Mängel erfülleſt, ſonderlich mit unverrückter Liebe. O Seele! hat der HErr dich einmal recht gezogen, Solaß, (ach merke dis!) die erſte Liebe nicht, Wie doch ſo viele thun: drum, daß es nicht geſchicht, So wache, kämpf und fleh, ſonſt wirſt du leicht bewogen. Ja iſt es ſchon geſchehn, ermanne dich nur bald, Geh gleich, und bete doch! was wilt du noch verziehen? Fleh um die erſte Brunſt, und bleibe nicht ſo kalt: Denn, war die erſte heiß, ſo muß die andre glüen, Man muß, ie näher wir zum Hochzeithauſe gehn, Das Liebesflämmelein ſtets heller brennen ſehn, Bis dort die Liebe wird in Feur und Fackeln ſtehn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bogatzky_gueldenes_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bogatzky_gueldenes_1739/161
Zitationshilfe: Bogatzky, Carl Heinrich von: Güldenes Schatz-Kästlein der Kinder GOttes, deren Schatz im Himmel ist. Halle, 1755, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bogatzky_gueldenes_1739/161>, abgerufen am 04.12.2024.