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Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696.

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der Eyfersucht.
weit grausamer? Was war mein Absehen? wolte
ich meine Scham und meine Verwirrung der gan-
tzen Welt vor Augen legen? wolte ich mich einer of-
fenbahren Gefahr preis geben? Endlich wolte ich
mich selbst ins Verderben stürtzen? Aber was darf
ich wohl sagen? könte ich mir wohl einbilden/ daß
dieser Printz an mich gedacht/ und daß ich zu weilen
sein Gemüth können unterhalten? wenn er gewahr
worden/ was ich seinetwegen empfinde/ wozu hätte
es gedienet/ als daß er über meine Schwachheit ge-
lachet/ oder mich verachtet/ wann er noch so gütig ge-
wesen/ grösseren Kummer mir zu erspahren? Dieses
ist alles/ was ich hoffen kunte: Süsse Entziehung/ an-
genehme Einsamkeit! wie hebet ihr an mir lieb zu
werden. Jch kan zum wenigsten allhier alle meine
Schmertzen in euch verschliessen. Es wird mir doch
zuweilen vergönnet seyn/ mich ohne Aufmercker zu
beklagen. Jch kan allhier die traurige Leidenschafft/
so mich zerreisset/ verbergen. Ach wie glückseelig
wäre ich/ wenn ich solche Zeit lebens vor meinen
Manne auch verstecken könte. Doch warum ver-
stecken? wir wollen lieber darauf dencken/ solche
gantz und gar auszulöschen. Die Abwesenheit und
das entfernen seynd diese nicht ein starckes Mittel
dazu? Lasset uns alle meine Tugend zu hülffe rufen.
Monsieur de Chateau-Briant sey hinführo die
eintzige Beschäfftigung meiner Gedancken und mei-
ner Zuneigung.

Als sie in diesen Klagen begriffen/ kömmt ihr Ge-
mahl gleich in das Zimmer/ sagend/ wie er Briefe
von ihrem Herrn Bruder empfangen/ dabey welche
an sie wären/ die er ihr giebet. Sie lieset solche in

höch-

der Eyferſucht.
weit grauſamer? Was war mein Abſehen? wolte
ich meine Scham und meine Verwirrung der gan-
tzen Welt vor Augen legen? wolte ich mich einer of-
fenbahren Gefahr preis geben? Endlich wolte ich
mich ſelbſt ins Verderben ſtuͤrtzen? Aber was darf
ich wohl ſagen? koͤnte ich mir wohl einbilden/ daß
dieſer Printz an mich gedacht/ und daß ich zu weilen
ſein Gemuͤth koͤnnen unterhalten? wenn er gewahr
worden/ was ich ſeinetwegen empfinde/ wozu haͤtte
es gedienet/ als daß er uͤber meine Schwachheit ge-
lachet/ oder mich verachtet/ wann er noch ſo guͤtig ge-
weſen/ groͤſſeren Kummer mir zu erſpahren? Dieſes
iſt alles/ was ich hoffen kunte: Suͤſſe Entziehung/ an-
genehme Einſamkeit! wie hebet ihr an mir lieb zu
werden. Jch kan zum wenigſten allhier alle meine
Schmertzen in euch verſchlieſſen. Es wird mir doch
zuweilen vergoͤnnet ſeyn/ mich ohne Aufmercker zu
beklagen. Jch kan allhier die traurige Leidenſchafft/
ſo mich zerreiſſet/ verbergen. Ach wie gluͤckſeelig
waͤre ich/ wenn ich ſolche Zeit lebens vor meinen
Manne auch verſtecken koͤnte. Doch warum ver-
ſtecken? wir wollen lieber darauf dencken/ ſolche
gantz und gar auszuloͤſchen. Die Abweſenheit und
das entfernen ſeynd dieſe nicht ein ſtarckes Mittel
dazu? Laſſet uns alle meine Tugend zu huͤlffe rufen.
Monſieur de Chateau-Briant ſey hinfuͤhro die
eintzige Beſchaͤfftigung meiner Gedancken und mei-
ner Zuneigung.

Als ſie in dieſen Klagen begriffen/ koͤm̃t ihr Ge-
mahl gleich in das Zimmer/ ſagend/ wie er Briefe
von ihrem Herrn Bruder empfangen/ dabey welche
an ſie waͤren/ die er ihr giebet. Sie lieſet ſolche in

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[151/0175] der Eyferſucht. weit grauſamer? Was war mein Abſehen? wolte ich meine Scham und meine Verwirrung der gan- tzen Welt vor Augen legen? wolte ich mich einer of- fenbahren Gefahr preis geben? Endlich wolte ich mich ſelbſt ins Verderben ſtuͤrtzen? Aber was darf ich wohl ſagen? koͤnte ich mir wohl einbilden/ daß dieſer Printz an mich gedacht/ und daß ich zu weilen ſein Gemuͤth koͤnnen unterhalten? wenn er gewahr worden/ was ich ſeinetwegen empfinde/ wozu haͤtte es gedienet/ als daß er uͤber meine Schwachheit ge- lachet/ oder mich verachtet/ wann er noch ſo guͤtig ge- weſen/ groͤſſeren Kummer mir zu erſpahren? Dieſes iſt alles/ was ich hoffen kunte: Suͤſſe Entziehung/ an- genehme Einſamkeit! wie hebet ihr an mir lieb zu werden. Jch kan zum wenigſten allhier alle meine Schmertzen in euch verſchlieſſen. Es wird mir doch zuweilen vergoͤnnet ſeyn/ mich ohne Aufmercker zu beklagen. Jch kan allhier die traurige Leidenſchafft/ ſo mich zerreiſſet/ verbergen. Ach wie gluͤckſeelig waͤre ich/ wenn ich ſolche Zeit lebens vor meinen Manne auch verſtecken koͤnte. Doch warum ver- ſtecken? wir wollen lieber darauf dencken/ ſolche gantz und gar auszuloͤſchen. Die Abweſenheit und das entfernen ſeynd dieſe nicht ein ſtarckes Mittel dazu? Laſſet uns alle meine Tugend zu huͤlffe rufen. Monſieur de Chateau-Briant ſey hinfuͤhro die eintzige Beſchaͤfftigung meiner Gedancken und mei- ner Zuneigung. Als ſie in dieſen Klagen begriffen/ koͤm̃t ihr Ge- mahl gleich in das Zimmer/ ſagend/ wie er Briefe von ihrem Herrn Bruder empfangen/ dabey welche an ſie waͤren/ die er ihr giebet. Sie lieſet ſolche in hoͤch-

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Zitationshilfe: Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon_1696/175>, abgerufen am 23.11.2024.