Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696.Liebes-Geschichte. angenehme gewesen? Jch glaubete/ antwortete Fe-deric, daß die Befremdung/ eine geliebte Person unerwartet vor sich zu sehen/ so viel Freude verursa- chen solte/ daß ich mir niemahls eingebildet hätte/ euch solche Vergnügung hinwegzunehmen/ und ich hatte selbst aus der eurigen meine Lust zu geniessen gehoffet; doch nun spühre ich wohl/ daß ich mir sol- che muß vergehen lassen: Wollet ihr dann/ daß ich aufhören soll zu leben? Jhr dürfft nur zu lieben auf- hören. Wann ich euch weniger liebete/ sagte die Hertzogin/ als ich nicht thue/ so werdet ihr doch so eu- serst anderswo geliebet/ daß ihr euch über mein Ver- fahren leichtlich trösten würdet. Jhr redet mir auf so dunckele Manier/ verwieß ihr Der Hertzog war so voller schmertzlichen Regun- wol-
Liebes-Geſchichte. angenehme geweſen? Jch glaubete/ antwortete Fe-deric, daß die Befremdung/ eine geliebte Perſon unerwartet vor ſich zu ſehen/ ſo viel Freude verurſa- chen ſolte/ daß ich mir niemahls eingebildet haͤtte/ euch ſolche Vergnuͤgung hinwegzunehmen/ und ich hatte ſelbſt aus der eurigen meine Luſt zu genieſſen gehoffet; doch nun ſpuͤhre ich wohl/ daß ich mir ſol- che muß vergehen laſſen: Wollet ihr dann/ daß ich aufhoͤren ſoll zu leben? Jhr duͤrfft nur zu lieben auf- hoͤren. Wann ich euch weniger liebete/ ſagte die Hertzogin/ als ich nicht thue/ ſo werdet ihr doch ſo eu- ſerſt anderswo geliebet/ daß ihr euch uͤber mein Ver- fahren leichtlich troͤſten wuͤrdet. Jhr redet mir auf ſo dunckele Manier/ verwieß ihr Der Hertzog war ſo voller ſchmertzlichen Regun- wol-
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Liebes-Geſchichte.
angenehme geweſen? Jch glaubete/ antwortete Fe-
deric, daß die Befremdung/ eine geliebte Perſon
unerwartet vor ſich zu ſehen/ ſo viel Freude verurſa-
chen ſolte/ daß ich mir niemahls eingebildet haͤtte/
euch ſolche Vergnuͤgung hinwegzunehmen/ und ich
hatte ſelbſt aus der eurigen meine Luſt zu genieſſen
gehoffet; doch nun ſpuͤhre ich wohl/ daß ich mir ſol-
che muß vergehen laſſen: Wollet ihr dann/ daß ich
aufhoͤren ſoll zu leben? Jhr duͤrfft nur zu lieben auf-
hoͤren. Wann ich euch weniger liebete/ ſagte die
Hertzogin/ als ich nicht thue/ ſo werdet ihr doch ſo eu-
ſerſt anderswo geliebet/ daß ihr euch uͤber mein Ver-
fahren leichtlich troͤſten wuͤrdet.
Jhr redet mir auf ſo dunckele Manier/ verwieß ihr
der Hertzog/ und die ſo wenig mit meiner Redlichkeit
uͤbereinkom̃t/ daß ich in dieſer neuen Art mit mir zu
handeln tauſenderley ſehe/ ſo mich erſchrecket. Es
koͤm̃t daher/ ſagte Victoria, daß eure Augen nicht
genug geoͤffnet ſeyn/ und daß dasjenige/ was man
nicht eigentlich ſchauet/ uns jedesmahl verdrießlich
und unangenehm ſcheinet. Aber vielleicht/ mein
Herr/ weil doch hinter eurer Reiſe ein Geheimniß
ſtecket/ da ihr allem Anſehen nach euch nicht wenig
bemuͤhet/ ſo habt ihr wohl der Ruhe vonnoͤthen.
Vielleicht ſtoͤre ich die eurige/ ſagte Federic: Ge-
wiß ſtoͤret ihr ſelbige/ antwortete ſie/ und ich kan zu-
gleich ſagen/ daß niemahls jemand anders ſolches
geweſen ſey.
Der Hertzog war ſo voller ſchmertzlichen Regun-
gen/ daß er ſich kaum enthalten kunte/ einige Zeichen
ſeiner Schwachheit blicken zu laſſen/ doch er uͤber-
wande ſich: Victoria fragte ihn; ob er nicht ſpeiſen
wol-
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