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Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896.

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[Gleich. 180] § 20. Hydrodyn. Gleichungen im Allgemeinen.
Moleküle eine Kraft ausüben, deren Componenten Xx d S, Xy d S,
Xz d S
sind. Aehnliches soll natürlich auch für ein zu einer
anderen Coordinatenaxe senkrechtes Flächenelement gelten.

Unter Berücksichtigung jener Molekularkräfte würde man
in bekannter Weise wieder die Bewegungsgleichung 180 sammt
den beiden analogen für die y- und z-Axe erhalten. Im Gase
verhält sich daher jedes Volumenelement gerade so, als ob
diese Kräfte zwischen den Molekülen links und rechts eines
Flächenelementes thätig wären. Durch die Molekularbewegung
wird der Schein jener Kräfte hervorgerufen; jene Kräfte werden,
wie man sagt, durch die Molekularbewegung im Gase dynamisch
erklärt. Wenn z. B. die Moleküle links von d S eine grössere,
die rechts davon eine kleinere Geschwindigkeit haben, so dif-
fundiren nach links langsamere, nach rechts schnellere Moleküle;
die mittlere Geschwindigkeit der Moleküle in einem Volumen-
elemente rechts von d S wird erhöht, die links vermindert, der
Effect ist derselbe, als ob die links liegenden Moleküle auf die
rechts eine Kraft in der positiven, die rechts aber auf die links
eine entgegengesetzte Kraft ausüben würden.

Die Molekularbewegung erzeugt also den Schein derartiger
Molekularkräfte und es ist im bewegten Gase weder der Druck
nach allen Richtungen exact derselbe noch auch exact normal
zur gedrückten Fläche.

Wir wollen uns nun das Gas von einer für die Moleküle
undurchdringlichen Fläche umschlossen denken und die Kräfte
aufsuchen, welche es auf ein Flächenelement derselben ausübt.
Sei d S ein solches, seine Ebene sei senkrecht zur x-Axe
und es bewege sich mit den Geschwindigkeitscomponenten u, v, w
des Gases an der betreffenden Stelle. Soll die Bewegung des
Gases daselbst keine plötzliche Störung erfahren, so stossen
während der Zeit d t gerade x f d o d t Moleküle auf d S, deren
Geschwindigkeitspunkt in d o liegt, wenn x positiv ist, oder
werden davon reflectirt, wenn x negativ ist.

Das gesammte während d t allen reflectirten Molekülen
mitgetheilte und von allen Stossenden aufgenommene in
der Abscissenrichtung geschätzte Bewegungsmoment ist also:
[Formel 1] , ebenso das nach den beiden
anderen Coordinatenrichtungen geschätzte [Formel 2] und

10*

[Gleich. 180] § 20. Hydrodyn. Gleichungen im Allgemeinen.
Moleküle eine Kraft ausüben, deren Componenten Xx d S, Xy d S,
Xz d S
sind. Aehnliches soll natürlich auch für ein zu einer
anderen Coordinatenaxe senkrechtes Flächenelement gelten.

Unter Berücksichtigung jener Molekularkräfte würde man
in bekannter Weise wieder die Bewegungsgleichung 180 sammt
den beiden analogen für die y- und z-Axe erhalten. Im Gase
verhält sich daher jedes Volumenelement gerade so, als ob
diese Kräfte zwischen den Molekülen links und rechts eines
Flächenelementes thätig wären. Durch die Molekularbewegung
wird der Schein jener Kräfte hervorgerufen; jene Kräfte werden,
wie man sagt, durch die Molekularbewegung im Gase dynamisch
erklärt. Wenn z. B. die Moleküle links von d S eine grössere,
die rechts davon eine kleinere Geschwindigkeit haben, so dif-
fundiren nach links langsamere, nach rechts schnellere Moleküle;
die mittlere Geschwindigkeit der Moleküle in einem Volumen-
elemente rechts von d S wird erhöht, die links vermindert, der
Effect ist derselbe, als ob die links liegenden Moleküle auf die
rechts eine Kraft in der positiven, die rechts aber auf die links
eine entgegengesetzte Kraft ausüben würden.

Die Molekularbewegung erzeugt also den Schein derartiger
Molekularkräfte und es ist im bewegten Gase weder der Druck
nach allen Richtungen exact derselbe noch auch exact normal
zur gedrückten Fläche.

Wir wollen uns nun das Gas von einer für die Moleküle
undurchdringlichen Fläche umschlossen denken und die Kräfte
aufsuchen, welche es auf ein Flächenelement derselben ausübt.
Sei d S ein solches, seine Ebene sei senkrecht zur x-Axe
und es bewege sich mit den Geschwindigkeitscomponenten u, v, w
des Gases an der betreffenden Stelle. Soll die Bewegung des
Gases daselbst keine plötzliche Störung erfahren, so stossen
während der Zeit d t gerade x f d ω d t Moleküle auf d S, deren
Geschwindigkeitspunkt in d ω liegt, wenn x positiv ist, oder
werden davon reflectirt, wenn x negativ ist.

Das gesammte während d t allen reflectirten Molekülen
mitgetheilte und von allen Stossenden aufgenommene in
der Abscissenrichtung geschätzte Bewegungsmoment ist also:
[Formel 1] , ebenso das nach den beiden
anderen Coordinatenrichtungen geschätzte [Formel 2] und

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[147/0161] [Gleich. 180] § 20. Hydrodyn. Gleichungen im Allgemeinen. Moleküle eine Kraft ausüben, deren Componenten Xx d S, Xy d S, Xz d S sind. Aehnliches soll natürlich auch für ein zu einer anderen Coordinatenaxe senkrechtes Flächenelement gelten. Unter Berücksichtigung jener Molekularkräfte würde man in bekannter Weise wieder die Bewegungsgleichung 180 sammt den beiden analogen für die y- und z-Axe erhalten. Im Gase verhält sich daher jedes Volumenelement gerade so, als ob diese Kräfte zwischen den Molekülen links und rechts eines Flächenelementes thätig wären. Durch die Molekularbewegung wird der Schein jener Kräfte hervorgerufen; jene Kräfte werden, wie man sagt, durch die Molekularbewegung im Gase dynamisch erklärt. Wenn z. B. die Moleküle links von d S eine grössere, die rechts davon eine kleinere Geschwindigkeit haben, so dif- fundiren nach links langsamere, nach rechts schnellere Moleküle; die mittlere Geschwindigkeit der Moleküle in einem Volumen- elemente rechts von d S wird erhöht, die links vermindert, der Effect ist derselbe, als ob die links liegenden Moleküle auf die rechts eine Kraft in der positiven, die rechts aber auf die links eine entgegengesetzte Kraft ausüben würden. Die Molekularbewegung erzeugt also den Schein derartiger Molekularkräfte und es ist im bewegten Gase weder der Druck nach allen Richtungen exact derselbe noch auch exact normal zur gedrückten Fläche. Wir wollen uns nun das Gas von einer für die Moleküle undurchdringlichen Fläche umschlossen denken und die Kräfte aufsuchen, welche es auf ein Flächenelement derselben ausübt. Sei d S ein solches, seine Ebene sei senkrecht zur x-Axe und es bewege sich mit den Geschwindigkeitscomponenten u, v, w des Gases an der betreffenden Stelle. Soll die Bewegung des Gases daselbst keine plötzliche Störung erfahren, so stossen während der Zeit d t gerade x f d ω d t Moleküle auf d S, deren Geschwindigkeitspunkt in d ω liegt, wenn x positiv ist, oder werden davon reflectirt, wenn x negativ ist. Das gesammte während d t allen reflectirten Molekülen mitgetheilte und von allen Stossenden aufgenommene in der Abscissenrichtung geschätzte Bewegungsmoment ist also: [FORMEL], ebenso das nach den beiden anderen Coordinatenrichtungen geschätzte [FORMEL] und 10*

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Zitationshilfe: Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie01_1896/161>, abgerufen am 27.11.2024.