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Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896.

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I. Abschnitt. [Gleich. 15]
schaft oder durch Reflexion an den Gefässwänden eine gleiche
Zahl gleichbeschaffener Moleküle wieder eintreten, so dass die
Geschwindigkeitsvertheilung nur durch die Zusammenstösse,
nicht durch die progressive Bewegung der Moleküle verändert
wird. Wir werden uns übrigens später in §§ 15--18, wo wir
auch den Einfluss der Schwerkraft und anderer äusserer Kräfte
berücksichtigen werden, von diesen beschränkenden Voraus-
setzungen unabhängig machen, welche wir jetzt nur behufs
Vereinfachung der Rechnung gemacht haben.

Wir wollen nun zunächst bloss Zusammenstösse eines
Moleküls m mit einem Moleküle m1 betrachten, und zwar
wollen wir von allen Zusammenstössen, welche während der
Zeit d t in der Volumeneinheit geschehen, bloss diejenigen her-
vorheben, für welche folgende 3 Bedingungen erfüllt sind:

1. Die Geschwindigkeitscomponenten des Moleküls m sollen
vor dem Stosse zwischen den Grenzen 10, sein Geschwindig-
keitspunkt also im Parallelepipede d o liegen.

2. Die Geschwindigkeitscomponenten des Moleküls m1 sollen
vor dem Stosse zwischen den Grenzen 13, sein Geschwindig-
keitspunkt also im Parallelepipede d o1 liegen. Alle Moleküle m,
für welche die erste Bedingung erfüllt ist, nennen wir die
"Moleküle m von der hervorgehobenen Art" und im analogen
Sinne sprechen wir von den "Molekülen m1 von der hervor-
gehobenen Art".

3. Wir construiren eine Kugel vom Radius Eins, deren
Centrum der Coordinatenursprung ist, und auf derselben ein
Oberflächenelement d l. Die von m gegen m1 gezogene Centri-
linie der stossenden Moleküle soll im Momente des Stosses
irgend einer Geraden parallel sein, die man vom Coordinaten-
ursprunge gegen irgend einen Punkt des Flächenelementes d l
ziehen kann. Der Inbegriff dieser Geraden heisse der Kegel d l.
15) Richtung mm1 in Kegel d l.

Alle Zusammenstösse, welche so geschehen, dass diese
drei Bedingungen erfüllt sind, wollen wir wieder kurz die
"Zusammenstösse von der hervorgehobenen Art" nennen, und
wir haben die Aufgabe die Zahl d n der Zusammenstösse der
hervorgehobenen Art zu bestimmen, welche während eines
Zeitdifferentials d t in der Volumeneinheit stattfinden. Wir

I. Abschnitt. [Gleich. 15]
schaft oder durch Reflexion an den Gefässwänden eine gleiche
Zahl gleichbeschaffener Moleküle wieder eintreten, so dass die
Geschwindigkeitsvertheilung nur durch die Zusammenstösse,
nicht durch die progressive Bewegung der Moleküle verändert
wird. Wir werden uns übrigens später in §§ 15—18, wo wir
auch den Einfluss der Schwerkraft und anderer äusserer Kräfte
berücksichtigen werden, von diesen beschränkenden Voraus-
setzungen unabhängig machen, welche wir jetzt nur behufs
Vereinfachung der Rechnung gemacht haben.

Wir wollen nun zunächst bloss Zusammenstösse eines
Moleküls m mit einem Moleküle m1 betrachten, und zwar
wollen wir von allen Zusammenstössen, welche während der
Zeit d t in der Volumeneinheit geschehen, bloss diejenigen her-
vorheben, für welche folgende 3 Bedingungen erfüllt sind:

1. Die Geschwindigkeitscomponenten des Moleküls m sollen
vor dem Stosse zwischen den Grenzen 10, sein Geschwindig-
keitspunkt also im Parallelepipede d ω liegen.

2. Die Geschwindigkeitscomponenten des Moleküls m1 sollen
vor dem Stosse zwischen den Grenzen 13, sein Geschwindig-
keitspunkt also im Parallelepipede d ω1 liegen. Alle Moleküle m,
für welche die erste Bedingung erfüllt ist, nennen wir die
„Moleküle m von der hervorgehobenen Art“ und im analogen
Sinne sprechen wir von den „Molekülen m1 von der hervor-
gehobenen Art“.

3. Wir construiren eine Kugel vom Radius Eins, deren
Centrum der Coordinatenursprung ist, und auf derselben ein
Oberflächenelement d λ. Die von m gegen m1 gezogene Centri-
linie der stossenden Moleküle soll im Momente des Stosses
irgend einer Geraden parallel sein, die man vom Coordinaten-
ursprunge gegen irgend einen Punkt des Flächenelementes d λ
ziehen kann. Der Inbegriff dieser Geraden heisse der Kegel d λ.
15) Richtung mm1 in Kegel d λ.

Alle Zusammenstösse, welche so geschehen, dass diese
drei Bedingungen erfüllt sind, wollen wir wieder kurz die
„Zusammenstösse von der hervorgehobenen Art“ nennen, und
wir haben die Aufgabe die Zahl d ν der Zusammenstösse der
hervorgehobenen Art zu bestimmen, welche während eines
Zeitdifferentials d t in der Volumeneinheit stattfinden. Wir

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[18/0032] I. Abschnitt. [Gleich. 15] schaft oder durch Reflexion an den Gefässwänden eine gleiche Zahl gleichbeschaffener Moleküle wieder eintreten, so dass die Geschwindigkeitsvertheilung nur durch die Zusammenstösse, nicht durch die progressive Bewegung der Moleküle verändert wird. Wir werden uns übrigens später in §§ 15—18, wo wir auch den Einfluss der Schwerkraft und anderer äusserer Kräfte berücksichtigen werden, von diesen beschränkenden Voraus- setzungen unabhängig machen, welche wir jetzt nur behufs Vereinfachung der Rechnung gemacht haben. Wir wollen nun zunächst bloss Zusammenstösse eines Moleküls m mit einem Moleküle m1 betrachten, und zwar wollen wir von allen Zusammenstössen, welche während der Zeit d t in der Volumeneinheit geschehen, bloss diejenigen her- vorheben, für welche folgende 3 Bedingungen erfüllt sind: 1. Die Geschwindigkeitscomponenten des Moleküls m sollen vor dem Stosse zwischen den Grenzen 10, sein Geschwindig- keitspunkt also im Parallelepipede d ω liegen. 2. Die Geschwindigkeitscomponenten des Moleküls m1 sollen vor dem Stosse zwischen den Grenzen 13, sein Geschwindig- keitspunkt also im Parallelepipede d ω1 liegen. Alle Moleküle m, für welche die erste Bedingung erfüllt ist, nennen wir die „Moleküle m von der hervorgehobenen Art“ und im analogen Sinne sprechen wir von den „Molekülen m1 von der hervor- gehobenen Art“. 3. Wir construiren eine Kugel vom Radius Eins, deren Centrum der Coordinatenursprung ist, und auf derselben ein Oberflächenelement d λ. Die von m gegen m1 gezogene Centri- linie der stossenden Moleküle soll im Momente des Stosses irgend einer Geraden parallel sein, die man vom Coordinaten- ursprunge gegen irgend einen Punkt des Flächenelementes d λ ziehen kann. Der Inbegriff dieser Geraden heisse der Kegel d λ. 15) Richtung mm1 in Kegel d λ. Alle Zusammenstösse, welche so geschehen, dass diese drei Bedingungen erfüllt sind, wollen wir wieder kurz die „Zusammenstösse von der hervorgehobenen Art“ nennen, und wir haben die Aufgabe die Zahl d ν der Zusammenstösse der hervorgehobenen Art zu bestimmen, welche während eines Zeitdifferentials d t in der Volumeneinheit stattfinden. Wir

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Zitationshilfe: Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie01_1896/32>, abgerufen am 23.11.2024.