Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896.I. Abschnitt. [Gleich. 58] wobei die Summe über alle vorhandenen Gase zu erstreckenist. Diese additive Eigenschaft des Logarithmus der Wahr- scheinlichkeit ist für ein Gasgemisch schon durch Formel 28 ausgedrückt. Multipliciren wir mit der für alle Gase gleichen Constanten In der Natur wird immer die Tendenz des Ueberganges Man sieht dies sofort, wenn man in dem mit der Er- Der zweite Hauptsatz erweist sich sonach als ein Wahr- I. Abschnitt. [Gleich. 58] wobei die Summe über alle vorhandenen Gase zu erstreckenist. Diese additive Eigenschaft des Logarithmus der Wahr- scheinlichkeit ist für ein Gasgemisch schon durch Formel 28 ausgedrückt. Multipliciren wir mit der für alle Gase gleichen Constanten In der Natur wird immer die Tendenz des Ueberganges Man sieht dies sofort, wenn man in dem mit der Er- Der zweite Hauptsatz erweist sich sonach als ein Wahr- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0074" n="60"/><fw place="top" type="header">I. Abschnitt. [Gleich. 58]</fw><lb/> wobei die Summe über alle vorhandenen Gase zu erstrecken<lb/> ist. Diese additive Eigenschaft des Logarithmus der Wahr-<lb/> scheinlichkeit ist für ein Gasgemisch schon durch Formel 28<lb/> ausgedrückt.</p><lb/> <p>Multipliciren wir mit der für alle Gase gleichen Constanten<lb/><hi rendition="#i">R M</hi> (unter <hi rendition="#i">M</hi> die Masse eines Wasserstoffmoleküls verstanden),<lb/> so erhalten wir<lb/><hi rendition="#c"><formula/>.</hi></p><lb/> <p>In der Natur wird immer die Tendenz des Ueberganges<lb/> von unwahrscheinlicheren zu wahrscheinlicheren Zuständen be-<lb/> stehen. Wenn daher für einen Zustand <hi rendition="#fr">W</hi> kleiner ist als für<lb/> einen zweiten, so wird es zwar zur Auslösung des Ueberganges<lb/> von dem ersten zum zweiten Zustande vielleicht der Einwir-<lb/> kung fremder Körper bedürfen, aber dieser Uebergang wird<lb/> doch möglich sein, ohne dass bleibende Veränderungen in jenen<lb/> fremden Körpern eintreten. Ist hingegen für den zweiten Zu-<lb/> stand <hi rendition="#fr">W</hi> kleiner als für den ersten, so kann der Uebergang<lb/> nur eintreten, wenn dafür andere fremde Körper wahrschein-<lb/> lichere Zustände annehmen. Da die Grösse <hi rendition="#i">R M l</hi> <hi rendition="#fr">W</hi>, welche<lb/> ihrerseits wieder nur durch einen constanten Factor und Ad-<lb/> denden von — <hi rendition="#i">H</hi> verschieden ist, mit <hi rendition="#fr">W</hi> zu- und abnimmt, so<lb/> können wir von ihr dasselbe wie von <hi rendition="#fr">W</hi> behaupten. Die<lb/> Grösse <hi rendition="#i">R M l</hi> <hi rendition="#fr">W</hi> ist aber in unserem Falle, wo das Verhältniss<lb/> der specifischen Wärme gleich 1⅔ ist, in der That die ge-<lb/> sammte Entropie aller Gase.</p><lb/> <p>Man sieht dies sofort, wenn man in dem mit der Er-<lb/> fahrung übereinstimmenden Ausdrucke 58 <hi rendition="#i">β</hi> = 0 setzt. Die<lb/> Thatsache, dass in der Natur die Entropie einem Maximum<lb/> zustrebt, beweist, dass bei jeder Wechselwirkung (Diffusion,<lb/> Wärmeleitung u. s. w.) wirklicher Gase die einzelnen Moleküle<lb/> den Wahrscheinlichkeitsgesetzen gemäss in Wechselwirkung<lb/> treten oder wenigstens, dass sich die wirklichen Gase stets<lb/> wie die von uns fingirten molekular ungeordneten Gase ver-<lb/> halten.</p><lb/> <p>Der zweite Hauptsatz erweist sich sonach als ein Wahr-<lb/> scheinlichkeitssatz. Wir haben dies freilich, um nicht durch<lb/> zu grosse Allgemeinheit schwer verständlich zu werden, bisher<lb/> nur in einem ganz speciellen Falle nachgewiesen und auch<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [60/0074]
I. Abschnitt. [Gleich. 58]
wobei die Summe über alle vorhandenen Gase zu erstrecken
ist. Diese additive Eigenschaft des Logarithmus der Wahr-
scheinlichkeit ist für ein Gasgemisch schon durch Formel 28
ausgedrückt.
Multipliciren wir mit der für alle Gase gleichen Constanten
R M (unter M die Masse eines Wasserstoffmoleküls verstanden),
so erhalten wir
[FORMEL].
In der Natur wird immer die Tendenz des Ueberganges
von unwahrscheinlicheren zu wahrscheinlicheren Zuständen be-
stehen. Wenn daher für einen Zustand W kleiner ist als für
einen zweiten, so wird es zwar zur Auslösung des Ueberganges
von dem ersten zum zweiten Zustande vielleicht der Einwir-
kung fremder Körper bedürfen, aber dieser Uebergang wird
doch möglich sein, ohne dass bleibende Veränderungen in jenen
fremden Körpern eintreten. Ist hingegen für den zweiten Zu-
stand W kleiner als für den ersten, so kann der Uebergang
nur eintreten, wenn dafür andere fremde Körper wahrschein-
lichere Zustände annehmen. Da die Grösse R M l W, welche
ihrerseits wieder nur durch einen constanten Factor und Ad-
denden von — H verschieden ist, mit W zu- und abnimmt, so
können wir von ihr dasselbe wie von W behaupten. Die
Grösse R M l W ist aber in unserem Falle, wo das Verhältniss
der specifischen Wärme gleich 1⅔ ist, in der That die ge-
sammte Entropie aller Gase.
Man sieht dies sofort, wenn man in dem mit der Er-
fahrung übereinstimmenden Ausdrucke 58 β = 0 setzt. Die
Thatsache, dass in der Natur die Entropie einem Maximum
zustrebt, beweist, dass bei jeder Wechselwirkung (Diffusion,
Wärmeleitung u. s. w.) wirklicher Gase die einzelnen Moleküle
den Wahrscheinlichkeitsgesetzen gemäss in Wechselwirkung
treten oder wenigstens, dass sich die wirklichen Gase stets
wie die von uns fingirten molekular ungeordneten Gase ver-
halten.
Der zweite Hauptsatz erweist sich sonach als ein Wahr-
scheinlichkeitssatz. Wir haben dies freilich, um nicht durch
zu grosse Allgemeinheit schwer verständlich zu werden, bisher
nur in einem ganz speciellen Falle nachgewiesen und auch
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