Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896.[Gleich. 78] § 10. Mittlere Weglänge. auch der Weg, den im Mittel ein solches Molekül von jenemZeitmomente bis zu seinem nächsten Zusammenstosse zurück- legt. Wenn wir zu einem bestimmten Zeitmomente sehr viele Moleküle m, alle mit der Geschwindigkeit c im Gasgemische haben und aus allen Wegen, welche jedes derselben von jenem Zeitmomente an bis zum nächsten Zusammenstosse zurücklegt, das Mittel nehmen, so wird dasselbe wieder gleich lc sein. Dasselbe gilt natürlich auch, wenn wir in der Zeit nach rückwärts gehen. In einem bestimmten Zeitmomente t sollen sehr viele Moleküle m im Gasgemische die Geschwindigkeit c haben. Fragen wir nun, wie gross die Strecke ist, welche sie im Mittel seit ihrem letzten Zusammenstosse bis zum frag- lichen Zeitmomente t zurückgelegt haben, so erhalten wir hier- für wieder den Werth lc. Es hat sich hieran ein Fehlschluss geknüpft, welchen Ebenso können wir den Abstand des Punktes B von der lich nicht verändert, wenn alle Geschwindigkeiten in gleichem Maasse
vergrössert oder verkleinert werden, ohne dass sich sonst etwas ver- ändert; l ist also für ein einfaches Gas bei gleichbleibender Dichte nicht für verschiedene Temperaturen verschieden, solange die Moleküle als unendlich wenig deformirbare elastische Körper betrachtet werden. [Gleich. 78] § 10. Mittlere Weglänge. auch der Weg, den im Mittel ein solches Molekül von jenemZeitmomente bis zu seinem nächsten Zusammenstosse zurück- legt. Wenn wir zu einem bestimmten Zeitmomente sehr viele Moleküle m, alle mit der Geschwindigkeit c im Gasgemische haben und aus allen Wegen, welche jedes derselben von jenem Zeitmomente an bis zum nächsten Zusammenstosse zurücklegt, das Mittel nehmen, so wird dasselbe wieder gleich λc sein. Dasselbe gilt natürlich auch, wenn wir in der Zeit nach rückwärts gehen. In einem bestimmten Zeitmomente t sollen sehr viele Moleküle m im Gasgemische die Geschwindigkeit c haben. Fragen wir nun, wie gross die Strecke ist, welche sie im Mittel seit ihrem letzten Zusammenstosse bis zum frag- lichen Zeitmomente t zurückgelegt haben, so erhalten wir hier- für wieder den Werth λc. Es hat sich hieran ein Fehlschluss geknüpft, welchen Ebenso können wir den Abstand des Punktes B von der lich nicht verändert, wenn alle Geschwindigkeiten in gleichem Maasse
vergrössert oder verkleinert werden, ohne dass sich sonst etwas ver- ändert; λ ist also für ein einfaches Gas bei gleichbleibender Dichte nicht für verschiedene Temperaturen verschieden, solange die Moleküle als unendlich wenig deformirbare elastische Körper betrachtet werden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0085" n="71"/><fw place="top" type="header">[Gleich. 78] § 10. Mittlere Weglänge.</fw><lb/> auch der Weg, den im Mittel ein solches Molekül von jenem<lb/> Zeitmomente bis zu seinem nächsten Zusammenstosse zurück-<lb/> legt. Wenn wir zu einem bestimmten Zeitmomente sehr viele<lb/> Moleküle <hi rendition="#i">m,</hi> alle mit der Geschwindigkeit <hi rendition="#i">c</hi> im Gasgemische<lb/> haben und aus allen Wegen, welche jedes derselben von jenem<lb/> Zeitmomente an bis zum nächsten Zusammenstosse zurücklegt,<lb/> das Mittel nehmen, so wird dasselbe wieder gleich <hi rendition="#i">λ<hi rendition="#sub">c</hi></hi> sein.<lb/> Dasselbe gilt natürlich auch, wenn wir in der Zeit nach<lb/> rückwärts gehen. In einem bestimmten Zeitmomente <hi rendition="#i">t</hi> sollen<lb/> sehr viele Moleküle <hi rendition="#i">m</hi> im Gasgemische die Geschwindigkeit <hi rendition="#i">c</hi><lb/> haben. Fragen wir nun, wie gross die Strecke ist, welche sie<lb/> im Mittel seit ihrem letzten Zusammenstosse bis zum frag-<lb/> lichen Zeitmomente <hi rendition="#i">t</hi> zurückgelegt haben, so erhalten wir hier-<lb/> für wieder den Werth <hi rendition="#i">λ<hi rendition="#sub">c</hi>.</hi></p><lb/> <p>Es hat sich hieran ein Fehlschluss geknüpft, welchen<lb/><hi rendition="#g">Clausius</hi> aufgeklärt hat, und welcher Erwähnung verdient.<lb/> Wir wollen wieder ein Molekül <hi rendition="#i">m</hi> betrachten, welches sich<lb/> während einer sehr langen Zeit fortwährend mit der Geschwin-<lb/> digkeit <hi rendition="#i">c</hi> im Gasgemische bewegt. In irgend einem Zeit-<lb/> momente <hi rendition="#i">t</hi> befinde es sich in <hi rendition="#i">B.</hi> Wir suchen den Abstand<lb/> des Punktes <hi rendition="#i">B</hi> von der Stelle, wo das Molekül vor dem Zeit-<lb/> momente <hi rendition="#i">t</hi> zum letzten Male zusammenstiess und nehmen aus<lb/> allen diesen Abständen für alle möglichen Lagen des Punktes <hi rendition="#i">B</hi><lb/> das Mittel. Dasselbe wird gleich <hi rendition="#i">λ<hi rendition="#sub">c</hi></hi> sein.</p><lb/> <p>Ebenso können wir den Abstand des Punktes <hi rendition="#i">B</hi> von der<lb/> Stelle suchen, wo das Molekül nach dem Zeitmomente <hi rendition="#i">t</hi><lb/> wieder zum ersten Male zusammenstiess. Das Mittel der<lb/> letzteren Abstände wird wieder gleich <hi rendition="#i">λ<hi rendition="#sub">c</hi></hi> sein. Da aber die<lb/> Summe der Abstände des Punktes <hi rendition="#i">B</hi> von der nächstvorher-<lb/> gehenden und von der nächstfolgenden Zusammenstossstelle<lb/> gleich dem Wege zwischen jenen beiden Zusammenstössen<lb/> ist, so könnte man meinen, der mittlere Weg zwischen<lb/> je zwei benachbarten Zusammenstössen wäre gleich 2 <hi rendition="#i">λ<hi rendition="#sub">c</hi>.</hi><lb/> Dieser Schluss ist aber unrichtig, da die Wahrscheinlichkeit,<lb/><note xml:id="note-0085" prev="#note-0084" place="foot" n="1)">lich nicht verändert, wenn alle Geschwindigkeiten in gleichem Maasse<lb/> vergrössert oder verkleinert werden, ohne dass sich sonst etwas ver-<lb/> ändert; <hi rendition="#i">λ</hi> ist also für ein einfaches Gas bei gleichbleibender Dichte nicht<lb/> für verschiedene Temperaturen verschieden, solange die Moleküle als<lb/> unendlich wenig deformirbare elastische Körper betrachtet werden.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [71/0085]
[Gleich. 78] § 10. Mittlere Weglänge.
auch der Weg, den im Mittel ein solches Molekül von jenem
Zeitmomente bis zu seinem nächsten Zusammenstosse zurück-
legt. Wenn wir zu einem bestimmten Zeitmomente sehr viele
Moleküle m, alle mit der Geschwindigkeit c im Gasgemische
haben und aus allen Wegen, welche jedes derselben von jenem
Zeitmomente an bis zum nächsten Zusammenstosse zurücklegt,
das Mittel nehmen, so wird dasselbe wieder gleich λc sein.
Dasselbe gilt natürlich auch, wenn wir in der Zeit nach
rückwärts gehen. In einem bestimmten Zeitmomente t sollen
sehr viele Moleküle m im Gasgemische die Geschwindigkeit c
haben. Fragen wir nun, wie gross die Strecke ist, welche sie
im Mittel seit ihrem letzten Zusammenstosse bis zum frag-
lichen Zeitmomente t zurückgelegt haben, so erhalten wir hier-
für wieder den Werth λc.
Es hat sich hieran ein Fehlschluss geknüpft, welchen
Clausius aufgeklärt hat, und welcher Erwähnung verdient.
Wir wollen wieder ein Molekül m betrachten, welches sich
während einer sehr langen Zeit fortwährend mit der Geschwin-
digkeit c im Gasgemische bewegt. In irgend einem Zeit-
momente t befinde es sich in B. Wir suchen den Abstand
des Punktes B von der Stelle, wo das Molekül vor dem Zeit-
momente t zum letzten Male zusammenstiess und nehmen aus
allen diesen Abständen für alle möglichen Lagen des Punktes B
das Mittel. Dasselbe wird gleich λc sein.
Ebenso können wir den Abstand des Punktes B von der
Stelle suchen, wo das Molekül nach dem Zeitmomente t
wieder zum ersten Male zusammenstiess. Das Mittel der
letzteren Abstände wird wieder gleich λc sein. Da aber die
Summe der Abstände des Punktes B von der nächstvorher-
gehenden und von der nächstfolgenden Zusammenstossstelle
gleich dem Wege zwischen jenen beiden Zusammenstössen
ist, so könnte man meinen, der mittlere Weg zwischen
je zwei benachbarten Zusammenstössen wäre gleich 2 λc.
Dieser Schluss ist aber unrichtig, da die Wahrscheinlichkeit,
1)
1) lich nicht verändert, wenn alle Geschwindigkeiten in gleichem Maasse
vergrössert oder verkleinert werden, ohne dass sich sonst etwas ver-
ändert; λ ist also für ein einfaches Gas bei gleichbleibender Dichte nicht
für verschiedene Temperaturen verschieden, solange die Moleküle als
unendlich wenig deformirbare elastische Körper betrachtet werden.
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