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Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898.

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[Gleich. 25] § 9. Temperatur-Druckcoefficient.
des Volumens der Masseneinheit. Die Druckdifferenzen eines
das Waals'sche Gesetz befolgenden Gases bei constantem
Volumen sind also noch immer ein Maass der Temperatur-
differenzen. Bezeichnen wir mit p3 den zu einer dritten ab-
soluten Temperatur T3 bei gleichem Volumen v der Massen-
einheit gehörenden Druck, so ist:
25) [Formel 1] .
Wir setzen nun zunächst voraus, dass wir ein zweites Gas,
z. B. Wasserstoffgas haben, das mit genügender Genauigkeit als
ein ideales betrachtet werden kann. Für dieses letztere Gas
ist also dann
[Formel 2] .
Es können also die absoluten Temperaturen mittelst desselben
direct bestimmt werden, wenn man die Einheit für den Tempe-
raturgrad festsetzt, z. B. die Differenz der Temperaturen des
siedenden Wassers und schmelzenden Eises (beide beim Normal-
barometerstand genommen) gleich 100 setzt.

Man kann dann zunächst prüfen, inwieweit die Gleichung 25)
für das erste Gas erfüllt ist, inwieweit also für dasselbe das
Waals'sche Gesetz die Abhängigkeit des Druckes von der
Temperatur richtig angiebt. Berechnet man aus Gleichung 24)
den Temperaturcoefficienten des Druckes r / (v -- b) für zwei
verschiedene Dichten, also für zwei verschiedene Werthe des v,
so kann man daraus r und b für das betreffende Gas bestimmen.
Kennt man noch die chemische Zusammensetzung des Moleküls
des Gases, so kann man prüfen, mit welcher Genauigkeit die
Gleichung m r = R erfüllt ist. Man kann auch m statt aus der
Dampfdichte aus der empirisch berechneten Waals'schen Con-
stanten r finden. Bestimmt man den Temperaturcoefficienten 24)
des Druckes bei constantem Volumen für noch mehr als zwei
Werthe von v, so kann man prüfen, inwieweit ihn die Waals'sche
Formel richtig als Function von v darstellt.

Dabei ist aber eines zu bemerken. Nach § 6 wurde der
Ausdruck r / (v -- b) durch eine Vernachlässigung gefunden,
welche sicher nicht mehr erlaubt ist, wenn v sich dem Werthe b
nähert. Für die kleinsten Werthe des v ist sogar statt b nur
1/3 b zu setzen. In der That zeigt die Erfahrung, dass b, wenn
es in der geschilderten Weise für verschiedene Werthe des v

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[Gleich. 25] § 9. Temperatur-Druckcoefficient.
des Volumens der Masseneinheit. Die Druckdifferenzen eines
das Waals’sche Gesetz befolgenden Gases bei constantem
Volumen sind also noch immer ein Maass der Temperatur-
differenzen. Bezeichnen wir mit p3 den zu einer dritten ab-
soluten Temperatur T3 bei gleichem Volumen v der Massen-
einheit gehörenden Druck, so ist:
25) [Formel 1] .
Wir setzen nun zunächst voraus, dass wir ein zweites Gas,
z. B. Wasserstoffgas haben, das mit genügender Genauigkeit als
ein ideales betrachtet werden kann. Für dieses letztere Gas
ist also dann
[Formel 2] .
Es können also die absoluten Temperaturen mittelst desselben
direct bestimmt werden, wenn man die Einheit für den Tempe-
raturgrad festsetzt, z. B. die Differenz der Temperaturen des
siedenden Wassers und schmelzenden Eises (beide beim Normal-
barometerstand genommen) gleich 100 setzt.

Man kann dann zunächst prüfen, inwieweit die Gleichung 25)
für das erste Gas erfüllt ist, inwieweit also für dasselbe das
Waals’sche Gesetz die Abhängigkeit des Druckes von der
Temperatur richtig angiebt. Berechnet man aus Gleichung 24)
den Temperaturcoefficienten des Druckes r / (v — b) für zwei
verschiedene Dichten, also für zwei verschiedene Werthe des v,
so kann man daraus r und b für das betreffende Gas bestimmen.
Kennt man noch die chemische Zusammensetzung des Moleküls
des Gases, so kann man prüfen, mit welcher Genauigkeit die
Gleichung μ r = R erfüllt ist. Man kann auch μ statt aus der
Dampfdichte aus der empirisch berechneten Waals’schen Con-
stanten r finden. Bestimmt man den Temperaturcoefficienten 24)
des Druckes bei constantem Volumen für noch mehr als zwei
Werthe von v, so kann man prüfen, inwieweit ihn die Waals’sche
Formel richtig als Function von v darstellt.

Dabei ist aber eines zu bemerken. Nach § 6 wurde der
Ausdruck r / (v — b) durch eine Vernachlässigung gefunden,
welche sicher nicht mehr erlaubt ist, wenn v sich dem Werthe b
nähert. Für die kleinsten Werthe des v ist sogar statt b nur
b zu setzen. In der That zeigt die Erfahrung, dass b, wenn
es in der geschilderten Weise für verschiedene Werthe des v

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[19/0037] [Gleich. 25] § 9. Temperatur-Druckcoefficient. des Volumens der Masseneinheit. Die Druckdifferenzen eines das Waals’sche Gesetz befolgenden Gases bei constantem Volumen sind also noch immer ein Maass der Temperatur- differenzen. Bezeichnen wir mit p3 den zu einer dritten ab- soluten Temperatur T3 bei gleichem Volumen v der Massen- einheit gehörenden Druck, so ist: 25) [FORMEL]. Wir setzen nun zunächst voraus, dass wir ein zweites Gas, z. B. Wasserstoffgas haben, das mit genügender Genauigkeit als ein ideales betrachtet werden kann. Für dieses letztere Gas ist also dann [FORMEL]. Es können also die absoluten Temperaturen mittelst desselben direct bestimmt werden, wenn man die Einheit für den Tempe- raturgrad festsetzt, z. B. die Differenz der Temperaturen des siedenden Wassers und schmelzenden Eises (beide beim Normal- barometerstand genommen) gleich 100 setzt. Man kann dann zunächst prüfen, inwieweit die Gleichung 25) für das erste Gas erfüllt ist, inwieweit also für dasselbe das Waals’sche Gesetz die Abhängigkeit des Druckes von der Temperatur richtig angiebt. Berechnet man aus Gleichung 24) den Temperaturcoefficienten des Druckes r / (v — b) für zwei verschiedene Dichten, also für zwei verschiedene Werthe des v, so kann man daraus r und b für das betreffende Gas bestimmen. Kennt man noch die chemische Zusammensetzung des Moleküls des Gases, so kann man prüfen, mit welcher Genauigkeit die Gleichung μ r = R erfüllt ist. Man kann auch μ statt aus der Dampfdichte aus der empirisch berechneten Waals’schen Con- stanten r finden. Bestimmt man den Temperaturcoefficienten 24) des Druckes bei constantem Volumen für noch mehr als zwei Werthe von v, so kann man prüfen, inwieweit ihn die Waals’sche Formel richtig als Function von v darstellt. Dabei ist aber eines zu bemerken. Nach § 6 wurde der Ausdruck r / (v — b) durch eine Vernachlässigung gefunden, welche sicher nicht mehr erlaubt ist, wenn v sich dem Werthe b nähert. Für die kleinsten Werthe des v ist sogar statt b nur ⅓ b zu setzen. In der That zeigt die Erfahrung, dass b, wenn es in der geschilderten Weise für verschiedene Werthe des v 2*

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Zitationshilfe: Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie02_1898/37>, abgerufen am 21.11.2024.