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Borinski, Karl: Deutsche Poetik. Stuttgart, 1895.

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Alle Kläffereien "nationaler" Verswächter von der Zeit an, pbo_058.002
da Klopstock durch sein hexametrisches Gedicht die Eintönigkeit pbo_058.003
des alexandrinischen Stelzenschritts zu unterbrechen wagte, pbo_058.004
vermögen auch nicht von dieser Aufgabe abzuschrecken. Jene pbo_058.005
Metren bewähren ihre alte Anziehungskraft immer wieder. pbo_058.006
Sie haben überdies das Gute, auch der rhythmischen Verskunst pbo_058.007
stets gegenwärtig zu halten, daß sie eine Kunst und pbo_058.008
keine mechanische Silbenbrauerei vorstelle, in der jeder Sud pbo_058.009
durch die nationale Versgewerbefreiheit gerechtfertigt werde.

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Unsere gegenwärtigen rhythmischen Schemen sind nicht pbo_058.011
bloß wie in den älteren Perioden der Dichtung unbewußt nach pbo_058.012
dem klassischen Muster gemodelt, sondern sie sind theoretisch und pbo_058.013
praktisch in einer mehrhundertjährigen Uebungszeit durch die pbo_058.014
Schule der antiken Metrik gegangen. Man bedient sich also pbo_058.015
herkömmlich in der neuhochdeutschen Verskunst der antiken pbo_058.016
metrischen Terminologie, obschon man weiß, daß sie nur auf pbo_058.017
ihr Schema, nicht aber streng auf ihr inneres Prinzip anzuwenden pbo_058.018
ist. Für die Schemen selbst ist dieser Unterschied pbo_058.019
ganz ohne Belang. Denn sie stellen zunächst Taktarten und pbo_058.020
Taktreihen nach einem regelmäßigen Wechsel von schweren pbo_058.021
und leichten Silben dar, gleichviel ob dieselben als lange pbo_058.022
und kurze oder als betonte und unbetonte gegen einander pbo_058.023
abgewogen werden.

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§ 45. Der Takt.

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Der Takt legt sich von Natur in zwei Hauptarten auseinander, pbo_058.026
den gleichartigen und den ungleichartigen, je nachdem pbo_058.027
die Taktglieder in gradem oder in ungradem Verhältnis zu pbo_058.028
einander stehen. Also gleiche Taktarten:

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Alle Kläffereien „nationaler“ Verswächter von der Zeit an, pbo_058.002
da Klopstock durch sein hexametrisches Gedicht die Eintönigkeit pbo_058.003
des alexandrinischen Stelzenschritts zu unterbrechen wagte, pbo_058.004
vermögen auch nicht von dieser Aufgabe abzuschrecken. Jene pbo_058.005
Metren bewähren ihre alte Anziehungskraft immer wieder. pbo_058.006
Sie haben überdies das Gute, auch der rhythmischen Verskunst pbo_058.007
stets gegenwärtig zu halten, daß sie eine Kunst und pbo_058.008
keine mechanische Silbenbrauerei vorstelle, in der jeder Sud pbo_058.009
durch die nationale Versgewerbefreiheit gerechtfertigt werde.

pbo_058.010
Unsere gegenwärtigen rhythmischen Schemen sind nicht pbo_058.011
bloß wie in den älteren Perioden der Dichtung unbewußt nach pbo_058.012
dem klassischen Muster gemodelt, sondern sie sind theoretisch und pbo_058.013
praktisch in einer mehrhundertjährigen Uebungszeit durch die pbo_058.014
Schule der antiken Metrik gegangen. Man bedient sich also pbo_058.015
herkömmlich in der neuhochdeutschen Verskunst der antiken pbo_058.016
metrischen Terminologie, obschon man weiß, daß sie nur auf pbo_058.017
ihr Schema, nicht aber streng auf ihr inneres Prinzip anzuwenden pbo_058.018
ist. Für die Schemen selbst ist dieser Unterschied pbo_058.019
ganz ohne Belang. Denn sie stellen zunächst Taktarten und pbo_058.020
Taktreihen nach einem regelmäßigen Wechsel von schweren pbo_058.021
und leichten Silben dar, gleichviel ob dieselben als lange pbo_058.022
und kurze oder als betonte und unbetonte gegen einander pbo_058.023
abgewogen werden.

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§ 45. Der Takt.

pbo_058.025
Der Takt legt sich von Natur in zwei Hauptarten auseinander, pbo_058.026
den gleichartigen und den ungleichartigen, je nachdem pbo_058.027
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[58/0062] pbo_058.001 Alle Kläffereien „nationaler“ Verswächter von der Zeit an, pbo_058.002 da Klopstock durch sein hexametrisches Gedicht die Eintönigkeit pbo_058.003 des alexandrinischen Stelzenschritts zu unterbrechen wagte, pbo_058.004 vermögen auch nicht von dieser Aufgabe abzuschrecken. Jene pbo_058.005 Metren bewähren ihre alte Anziehungskraft immer wieder. pbo_058.006 Sie haben überdies das Gute, auch der rhythmischen Verskunst pbo_058.007 stets gegenwärtig zu halten, daß sie eine Kunst und pbo_058.008 keine mechanische Silbenbrauerei vorstelle, in der jeder Sud pbo_058.009 durch die nationale Versgewerbefreiheit gerechtfertigt werde. pbo_058.010 Unsere gegenwärtigen rhythmischen Schemen sind nicht pbo_058.011 bloß wie in den älteren Perioden der Dichtung unbewußt nach pbo_058.012 dem klassischen Muster gemodelt, sondern sie sind theoretisch und pbo_058.013 praktisch in einer mehrhundertjährigen Uebungszeit durch die pbo_058.014 Schule der antiken Metrik gegangen. Man bedient sich also pbo_058.015 herkömmlich in der neuhochdeutschen Verskunst der antiken pbo_058.016 metrischen Terminologie, obschon man weiß, daß sie nur auf pbo_058.017 ihr Schema, nicht aber streng auf ihr inneres Prinzip anzuwenden pbo_058.018 ist. Für die Schemen selbst ist dieser Unterschied pbo_058.019 ganz ohne Belang. Denn sie stellen zunächst Taktarten und pbo_058.020 Taktreihen nach einem regelmäßigen Wechsel von schweren pbo_058.021 und leichten Silben dar, gleichviel ob dieselben als lange pbo_058.022 und kurze oder als betonte und unbetonte gegen einander pbo_058.023 abgewogen werden. pbo_058.024 § 45. Der Takt. pbo_058.025 Der Takt legt sich von Natur in zwei Hauptarten auseinander, pbo_058.026 den gleichartigen und den ungleichartigen, je nachdem pbo_058.027 die Taktglieder in gradem oder in ungradem Verhältnis zu pbo_058.028 einander stehen. Also gleiche Taktarten:

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Zitationshilfe: Borinski, Karl: Deutsche Poetik. Stuttgart, 1895, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/borinski_poetik_1895/62>, abgerufen am 22.11.2024.