Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.Beschreibung zu erzwingen/ wenn nemlich ein oder ander Schelmzu jemanden hingehet/ sagende es hat mir euer Sohn/ euer Vater/ euer Sclave einen Schimpff angethan/ darüber ich von euch zufrieden gestellet seyn will/ und dafern ihr solches nicht thut/ will ich mich selbst umbrin- gen/ mir allerhand Marter anthun/ oder jemanden niedermachen/ und dieses durch eure Schuld und Ver- anlassung. Wenn nun dieser ihm nichts geben will/ und der andre das Hertz hat seine Drohungen zu voll- führen/ (wie ich denn zwey solcher gesehen habe/) wird derjenige dem dieses gedrohet worden/ also fort vor Ge- richt gefodert/ und straffällig erkannt/ als des verübten Unglücks Ursache/ im Fall es kan bewiesen werden daß jenem ein Schimpff von seinen Anverwandten wiederfahren. Sehet demnach worinn ihre Gerechtigkeit bestehe/ vor-
Beſchreibung zu erzwingen/ wenn nemlich ein oder ander Schelmzu jemanden hingehet/ ſagende es hat mir euer Sohn/ euer Vater/ euer Sclave einen Schimpff angethan/ daruͤber ich von euch zufrieden geſtellet ſeyn will/ und dafern ihr ſolches nicht thut/ will ich mich ſelbſt umbrin- gen/ mir allerhand Marter anthun/ oder jemanden niedermachen/ und dieſes durch eure Schuld und Ver- anlaſſung. Wenn nun dieſer ihm nichts geben will/ und der andre das Hertz hat ſeine Drohungen zu voll- fuͤhren/ (wie ich denn zwey ſolcher geſehen habe/) wird derjenige dem dieſes gedrohet worden/ alſo fort vor Ge- richt gefodert/ und ſtraffaͤllig erkannt/ als des veruͤbten Ungluͤcks Urſache/ im Fall es kan bewieſen werden daß jenem ein Schimpff von ſeinen Anverwandten wiederfahren. Sehet demnach worinn ihre Gerechtigkeit beſtehe/ vor-
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Beſchreibung
zu erzwingen/ wenn nemlich ein oder ander Schelm
zu jemanden hingehet/ ſagende es hat mir euer Sohn/
euer Vater/ euer Sclave einen Schimpff angethan/
daruͤber ich von euch zufrieden geſtellet ſeyn will/ und
dafern ihr ſolches nicht thut/ will ich mich ſelbſt umbrin-
gen/ mir allerhand Marter anthun/ oder jemanden
niedermachen/ und dieſes durch eure Schuld und Ver-
anlaſſung. Wenn nun dieſer ihm nichts geben will/
und der andre das Hertz hat ſeine Drohungen zu voll-
fuͤhren/ (wie ich denn zwey ſolcher geſehen habe/) wird
derjenige dem dieſes gedrohet worden/ alſo fort vor Ge-
richt gefodert/ und ſtraffaͤllig erkannt/ als des veruͤbten
Ungluͤcks Urſache/ im Fall es kan bewieſen werden
daß jenem ein Schimpff von ſeinen Anverwandten
wiederfahren.
Sehet demnach worinn ihre Gerechtigkeit beſtehe/
inſonderheit aber mercket noch eine andre ungewoͤhn-
liche Gerichts-Forme/ da die Manceros das meiſte
zu ſagen haben. Jn jedem Dorff haben ſie ein gewiſ-
ſes Gericht geſtifftet/ welches unterſchiedliche taͤglich
vorfallende Kleinigkeiten entſchlichten muß. Weil nun
die Mohren ſich unter einander ſehr leicht zu nahe kom-
men entweder mit fluchen/ ſchimpffen oder ſchlagen/
gehet alſobald derjenige/ welcher meynt er ſey zu kurtz
gekommen/ nach denen Manceros, ſagende/ dieſer
oder jener hat mich hoch beſchimpffet/ darum komme
und uͤberliefere ich denſelben in eure Haͤnde/ ſtraffet
ihn nach ſeinem Verdienſt. Darauf ſind dieſe Her-
ren alſobald fertig den Beklagten zu fodern/ und
nach einen obenhin angeſtellten Unterſuchen/ zu erken-
nen/ daß er einige Thaler zur Straffe abtragen ſolle:
Geſchiehet es daß dieſer ſich weigert/ und ſeine Unſchuld
vor-
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