Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.des Landes Gvinea. bern erzeugen/ sind zwar rechtmäßige/ gleichwol abererben sie nichts/ weder vom Vater noch Mutter/ es sey denn in dem einigen Lande von Acra, alwo die Kin- der zur Erbschafft gelassen werden. Sobald aber der Vater einiges Ehren-Amt besitzet/ und entweder Capitain von einem Dorff/ oder gar König ist/ erbet der älteste Sohn nicht mehr als seinen Schild und Säbel/ so daß hie wenig zu statten kommt/ ob man ei- nen sehr reichen Vater und Mutter habe/ es sey denn daß diese bey ihren Leben denen Kindern ein oder an- dres zustecken/ welches doch was seltsames ist/ und über- dem gantz heimlich geschehen muß; denn dafern es die Anverwandten zu hören bekähmen/ würde solches de- nen Kindern nach des Vatern Hintritt bis auff den letzten Heller abgefodert werden. Mit der Erbschafft gehet es wunderlich zu/ und so ihre/ Q 3
des Landes Gvinea. bern erzeugen/ ſind zwar rechtmaͤßige/ gleichwol abererben ſie nichts/ weder vom Vater noch Mutter/ es ſey denn in dem einigen Lande von Acra, alwo die Kin- der zur Erbſchafft gelaſſen werden. Sobald aber der Vater einiges Ehren-Amt beſitzet/ und entweder Capitain von einem Dorff/ oder gar Koͤnig iſt/ erbet der aͤlteſte Sohn nicht mehr als ſeinen Schild und Saͤbel/ ſo daß hie wenig zu ſtatten kommt/ ob man ei- nen ſehr reichen Vater und Mutter habe/ es ſey denn daß dieſe bey ihren Leben denen Kindern ein oder an- dres zuſtecken/ welches doch was ſeltſames iſt/ und uͤber- dem gantz heimlich geſchehen muß; denn dafern es die Anverwandten zu hoͤren bekaͤhmen/ wuͤrde ſolches de- nen Kindern nach des Vatern Hintritt bis auff den letzten Heller abgefodert werden. Mit der Erbſchafft gehet es wunderlich zu/ und ſo ihre/ Q 3
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des Landes Gvinea.
bern erzeugen/ ſind zwar rechtmaͤßige/ gleichwol aber
erben ſie nichts/ weder vom Vater noch Mutter/ es
ſey denn in dem einigen Lande von Acra, alwo die Kin-
der zur Erbſchafft gelaſſen werden. Sobald aber der
Vater einiges Ehren-Amt beſitzet/ und entweder
Capitain von einem Dorff/ oder gar Koͤnig iſt/ erbet
der aͤlteſte Sohn nicht mehr als ſeinen Schild und
Saͤbel/ ſo daß hie wenig zu ſtatten kommt/ ob man ei-
nen ſehr reichen Vater und Mutter habe/ es ſey denn
daß dieſe bey ihren Leben denen Kindern ein oder an-
dres zuſtecken/ welches doch was ſeltſames iſt/ und uͤber-
dem gantz heimlich geſchehen muß; denn dafern es die
Anverwandten zu hoͤren bekaͤhmen/ wuͤrde ſolches de-
nen Kindern nach des Vatern Hintritt bis auff den
letzten Heller abgefodert werden.
Mit der Erbſchafft gehet es wunderlich zu/ und ſo
viel ich verſtehen koͤnnen/ auf folgende Weiſe. Des
Brudern oder der Schweſter Kinder ſind die recht-
maͤßige und allein zulaͤßliche Erben/ fo daß der aͤlteſte
Sohn in der Familie, ſeiner Mutter Brudern Gut
erben muß/ oder auch deſſen Sohns wenn er einen hat/
und die aͤlteſte Tochter ihrer Mutter Schweſter Gut/
oder auch deren Tochter wenn ſie eine hat/ erblich neh-
men muß. Die von Vatern Seite annoch lebende
Freunde als der Vater/ Bruder und Schweſter wer-
den vor nichts gerechnet/ und folglich zu keiner Erb-
ſchafft gelaſſen. Nun wiſſen zwar die Mohren hie-
von keine rechte Urſach zu geben/ doch glaube ich ſelbige
in Anſehung derer im weiblichem Geſchlechte vorge-
henden Uppigkeiten eingefuͤhret zu ſeyn/ wie denn die-
jenigen ſo in Oſt-Jndien gereiſet ſind/ zu berichten wiſ
ſen/ daß einige Koͤnige an ſtatt ihres eigenen Sohnes-
ihre/
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