Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.und betrachtete mich vom Kopf bis zun Füssen. Dann und betrachtete mich vom Kopf bis zun Fuͤſſen. Dann <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0107" n="91"/> und betrachtete mich vom Kopf bis zun Fuͤſſen. Dann<lb/> redten ſie etwas Heimliches mit einander; und hier<lb/> ſtieg mir armen Buͤrſchgen der erſte Verdacht auf,<lb/> die zwey Kerls moͤchtens nicht am Beßten mit mir<lb/> meynen; und dieſer Argwohn verſtaͤrkte ſich, als ich<lb/> deutlich die Worte vernahm: „Hier wird nichts<lb/> „draus, wir muͤſſen alſo weiter gehn„. „Heut<lb/> „ſetz’ ich keinen Fuß mehr aus dieſem Haus„, ſagt’<lb/> ich zu mir ſelber; „ich hab’ noch Geld„! Meine<lb/> Fuͤhrer giengen hinaus. Ich ſaß am Tiſche. Der<lb/> Herr ſpatzierte das Zimmer auf und ab, und guckte<lb/> mich unterweilen an. Neben mir ſchnarchte ein<lb/> groſſer Bengel auf der Bank, der wahrſcheinlich im<lb/> Rauſch in die Hoſen geſchwitzt, daß es kaum zu er-<lb/> leiden war. Als der Herr waͤhrend der Zeit einmal<lb/> aus der Stube gieng, nahm ich die Gelegenheit wahr,<lb/> die Wirthsjungfer zu fragen: Wer denn wohl die-<lb/> ſer Burſche ſeyn moͤchte: „Ein Lumpenkerl„, ſagte<lb/> ſie: „Erſt Heute hat ihn der Herr zum Bedienten<lb/> „angenommen, und ſchon ſauft ſich der H *. blind-<lb/> „ſtern voll, und macht e’n Geſtanck, Puh„! —<lb/> „Ha„! ſagt’ ich, eben als der Herr wieder herein-<lb/> trat, „ſo ein Bedienter koͤnnt’ ich auch werden„.<lb/> Dieß hoͤrt’ er, wandte ſich gegen mir, und ſprach:<lb/> „Haͤtt’ſt du zu ſo was Luſt„? „Nachdem es iſt„,<lb/> antwortet’ ich. „Alle Tag 9. Batzen„, fuhr er<lb/> fort, „und Kleider, ſo viel du noͤthig haſt„. „Und<lb/> „was dafuͤr thun„? verſetzt’ ich. <hi rendition="#fr">Er</hi>. Mich bedie-<lb/> nen. Ich. Ja! wenn ich’s koͤnnte. <hi rendition="#fr">Er</hi>. Will<lb/> dich’s ſchon lehren. Purſch du gefaͤllſt mir. Wir<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [91/0107]
und betrachtete mich vom Kopf bis zun Fuͤſſen. Dann
redten ſie etwas Heimliches mit einander; und hier
ſtieg mir armen Buͤrſchgen der erſte Verdacht auf,
die zwey Kerls moͤchtens nicht am Beßten mit mir
meynen; und dieſer Argwohn verſtaͤrkte ſich, als ich
deutlich die Worte vernahm: „Hier wird nichts
„draus, wir muͤſſen alſo weiter gehn„. „Heut
„ſetz’ ich keinen Fuß mehr aus dieſem Haus„, ſagt’
ich zu mir ſelber; „ich hab’ noch Geld„! Meine
Fuͤhrer giengen hinaus. Ich ſaß am Tiſche. Der
Herr ſpatzierte das Zimmer auf und ab, und guckte
mich unterweilen an. Neben mir ſchnarchte ein
groſſer Bengel auf der Bank, der wahrſcheinlich im
Rauſch in die Hoſen geſchwitzt, daß es kaum zu er-
leiden war. Als der Herr waͤhrend der Zeit einmal
aus der Stube gieng, nahm ich die Gelegenheit wahr,
die Wirthsjungfer zu fragen: Wer denn wohl die-
ſer Burſche ſeyn moͤchte: „Ein Lumpenkerl„, ſagte
ſie: „Erſt Heute hat ihn der Herr zum Bedienten
„angenommen, und ſchon ſauft ſich der H *. blind-
„ſtern voll, und macht e’n Geſtanck, Puh„! —
„Ha„! ſagt’ ich, eben als der Herr wieder herein-
trat, „ſo ein Bedienter koͤnnt’ ich auch werden„.
Dieß hoͤrt’ er, wandte ſich gegen mir, und ſprach:
„Haͤtt’ſt du zu ſo was Luſt„? „Nachdem es iſt„,
antwortet’ ich. „Alle Tag 9. Batzen„, fuhr er
fort, „und Kleider, ſo viel du noͤthig haſt„. „Und
„was dafuͤr thun„? verſetzt’ ich. Er. Mich bedie-
nen. Ich. Ja! wenn ich’s koͤnnte. Er. Will
dich’s ſchon lehren. Purſch du gefaͤllſt mir. Wir
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