lichen Uebergabe dieses grossen Heers. -- An dem nämlichen Tage marschierten wir noch ein Stück Wegs fort, und schlugen jetzt unser Lager bey Liljen- stein auf. -- Den 23. mußte unser Regiment die Proviantwagen decken. -- Den 24. machten wir ei- nen Contremarsch, und kamen bey Nacht und Nebel an Ort und Stelle hin, daß der Henker nicht wußte mo wir waren. -- Den 25. früh gieng's schon wie- der fort, 4. Meilen bis Außig. Hier schlugen wir ein Lager, blieben da bis auf den 29. und mußten alle Tag auf Fourage aus. Bey diesen Anlässen wur- den wir oft von den Kaiserlichen Panduren atta- quirt, oder es kam sonst aus einem Gebüsch ein Ka- rabinerhagel auf uns los, so daß mancher todt auf der Stelle blieb, und noch mehrere blessirt wurden. Wenn denn aber unsre Artilleristen nur etliche Kano- nen gegen das Gebüsch richteten, so flog der Feind über Kopf und Hals davon. Dieser Plunder hat mich nie erschreckt; ich wäre sein bald gewohnt wor- den, und dacht' ich oft: Poh! wenn's nur denweg hergeht, ist's so übel nicht. -- Den 30. marschierten wir wieder den ganzen Tag, und kamen erst des Nachts auf einem Berg an, den ich und meinesglei- chen abermals so wenig kannten, als ein Blinder. Inzwischen bekamen wir Ordre, hier kein Gezelt aufzuschlagen, auch kein Gewehr niederzulegen, son- dern immer mit scharfer Ladung parat zu stehn, weil der Feind in der Nähe sey. Endlich sahen und hörten wir mit anbrechendem Tag unten im Thal gewaltig blitzen und feuern. -- In dieser bangen
lichen Uebergabe dieſes groſſen Heers. — An dem naͤmlichen Tage marſchierten wir noch ein Stuͤck Wegs fort, und ſchlugen jetzt unſer Lager bey Liljen- ſtein auf. — Den 23. mußte unſer Regiment die Proviantwagen decken. — Den 24. machten wir ei- nen Contremarſch, und kamen bey Nacht und Nebel an Ort und Stelle hin, daß der Henker nicht wußte mo wir waren. — Den 25. fruͤh gieng’s ſchon wie- der fort, 4. Meilen bis Außig. Hier ſchlugen wir ein Lager, blieben da bis auf den 29. und mußten alle Tag auf Fourage aus. Bey dieſen Anlaͤſſen wur- den wir oft von den Kaiſerlichen Panduren atta- quirt, oder es kam ſonſt aus einem Gebuͤſch ein Ka- rabinerhagel auf uns los, ſo daß mancher todt auf der Stelle blieb, und noch mehrere bleſſirt wurden. Wenn denn aber unſre Artilleriſten nur etliche Kano- nen gegen das Gebuͤſch richteten, ſo flog der Feind uͤber Kopf und Hals davon. Dieſer Plunder hat mich nie erſchreckt; ich waͤre ſein bald gewohnt wor- den, und dacht’ ich oft: Poh! wenn’s nur denweg hergeht, iſt’s ſo uͤbel nicht. — Den 30. marſchierten wir wieder den ganzen Tag, und kamen erſt des Nachts auf einem Berg an, den ich und meinesglei- chen abermals ſo wenig kannten, als ein Blinder. Inzwiſchen bekamen wir Ordre, hier kein Gezelt aufzuſchlagen, auch kein Gewehr niederzulegen, ſon- dern immer mit ſcharfer Ladung parat zu ſtehn, weil der Feind in der Naͤhe ſey. Endlich ſahen und hoͤrten wir mit anbrechendem Tag unten im Thal gewaltig blitzen und feuern. — In dieſer bangen
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lichen Uebergabe dieſes groſſen Heers. — An dem
naͤmlichen Tage marſchierten wir noch ein Stuͤck
Wegs fort, und ſchlugen jetzt unſer Lager bey Liljen-
ſtein auf. — Den 23. mußte unſer Regiment die
Proviantwagen decken. — Den 24. machten wir ei-
nen Contremarſch, und kamen bey Nacht und Nebel
an Ort und Stelle hin, daß der Henker nicht wußte
mo wir waren. — Den 25. fruͤh gieng’s ſchon wie-
der fort, 4. Meilen bis Außig. Hier ſchlugen wir
ein Lager, blieben da bis auf den 29. und mußten
alle Tag auf Fourage aus. Bey dieſen Anlaͤſſen wur-
den wir oft von den Kaiſerlichen Panduren atta-
quirt, oder es kam ſonſt aus einem Gebuͤſch ein Ka-
rabinerhagel auf uns los, ſo daß mancher todt auf
der Stelle blieb, und noch mehrere bleſſirt wurden.
Wenn denn aber unſre Artilleriſten nur etliche Kano-
nen gegen das Gebuͤſch richteten, ſo flog der Feind
uͤber Kopf und Hals davon. Dieſer Plunder hat
mich nie erſchreckt; ich waͤre ſein bald gewohnt wor-
den, und dacht’ ich oft: Poh! wenn’s nur denweg
hergeht, iſt’s ſo uͤbel nicht. — Den 30. marſchierten
wir wieder den ganzen Tag, und kamen erſt des
Nachts auf einem Berg an, den ich und meinesglei-
chen abermals ſo wenig kannten, als ein Blinder.
Inzwiſchen bekamen wir Ordre, hier kein Gezelt
aufzuſchlagen, auch kein Gewehr niederzulegen, ſon-
dern immer mit ſcharfer Ladung parat zu ſtehn,
weil der Feind in der Naͤhe ſey. Endlich ſahen und
hoͤrten wir mit anbrechendem Tag unten im Thal
gewaltig blitzen und feuern. — In dieſer bangen
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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/166>, abgerufen am 25.11.2024.
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