feindlichen Kanonenfeuer bis gegen 11. Uhr, ohne daß unser linke Flügel mit dem kleinen Gewehr zusammen- traf, obschon es bereits auf dem rechten sehr hitzig zu- gieng. Viele meinten, wir müßten noch auf die Kaiserli- chen Schanzen sturmlaufen. Mir war's schon nicht mehr so bange, wie anfangs, obgleich die Feldschlan- gen Mannschaft zu beyden Seiten neben mir weg- raffeten, und der Wallplatz bereits mit Todten und Verwundeten übersäet war -- als mit Eins unge- fehr um 12. Uhr die Ordre kam, unser Regiment, nebst zwey andern (ich glaube Bevern und Kalk- stein,) müßten zurückmarschieren. Nun dachten wir, es gehe dem Lager zu, und alle Gefahr sey vorbey. Wir eilten darum mit muntern Schritten die gähen Weinberge hinauf, brachen unsre Hüte voll schöne rothe Trauben, assen vor uns her nach Herzenslust; und mir, und denen welche neben mir stuhnden, kam nichts arges in Sinn, obgleich wir von der Höhe herunter unsre Brüder noch in Feuer und Rauch stehen sahen, ein fürchterlich donnerndes Ge- lerm hörten, und nicht entscheiden konnten auf wel- cher Seite der Sieg war. Mittlerweile trieben unsre Anführer uns immer höher den Berg hinan, auf dessen Gipfel ein enger Paß zwischen Felsen durch- gieng, der auf der andern Seite wieder hinunter- führte. Sobald nun unsre Avantgarde den erwähn- ten Gipfel erreicht hatte, gieng ein entsetzlicher Mus- ketenhagel an; und nun merkten wir erst wo der Haas im Stroh lag. Etliche Tausend Kaiserliche Panduren waren nämlich auf der andern Seite den Berg hinauf beordert, um unsrer Armee in den
feindlichen Kanonenfeuer bis gegen 11. Uhr, ohne daß unſer linke Fluͤgel mit dem kleinen Gewehr zuſammen- traf, obſchon es bereits auf dem rechten ſehr hitzig zu- gieng. Viele meinten, wir muͤßten noch auf die Kaiſerli- chen Schanzen ſturmlaufen. Mir war’s ſchon nicht mehr ſo bange, wie anfangs, obgleich die Feldſchlan- gen Mannſchaft zu beyden Seiten neben mir weg- raffeten, und der Wallplatz bereits mit Todten und Verwundeten uͤberſaͤet war — als mit Eins unge- fehr um 12. Uhr die Ordre kam, unſer Regiment, nebſt zwey andern (ich glaube Bevern und Kalk- ſtein,) muͤßten zuruͤckmarſchieren. Nun dachten wir, es gehe dem Lager zu, und alle Gefahr ſey vorbey. Wir eilten darum mit muntern Schritten die gaͤhen Weinberge hinauf, brachen unſre Huͤte voll ſchoͤne rothe Trauben, aſſen vor uns her nach Herzensluſt; und mir, und denen welche neben mir ſtuhnden, kam nichts arges in Sinn, obgleich wir von der Hoͤhe herunter unſre Bruͤder noch in Feuer und Rauch ſtehen ſahen, ein fuͤrchterlich donnerndes Ge- lerm hoͤrten, und nicht entſcheiden konnten auf wel- cher Seite der Sieg war. Mittlerweile trieben unſre Anfuͤhrer uns immer hoͤher den Berg hinan, auf deſſen Gipfel ein enger Paß zwiſchen Felſen durch- gieng, der auf der andern Seite wieder hinunter- fuͤhrte. Sobald nun unſre Avantgarde den erwaͤhn- ten Gipfel erreicht hatte, gieng ein entſetzlicher Mus- ketenhagel an; und nun merkten wir erſt wo der Haas im Stroh lag. Etliche Tauſend Kaiſerliche Panduren waren naͤmlich auf der andern Seite den Berg hinauf beordert, um unſrer Armee in den
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feindlichen Kanonenfeuer bis gegen 11. Uhr, ohne daß
unſer linke Fluͤgel mit dem kleinen Gewehr zuſammen-
traf, obſchon es bereits auf dem rechten ſehr hitzig zu-
gieng. Viele meinten, wir muͤßten noch auf die Kaiſerli-
chen Schanzen ſturmlaufen. Mir war’s ſchon nicht
mehr ſo bange, wie anfangs, obgleich die Feldſchlan-
gen Mannſchaft zu beyden Seiten neben mir weg-
raffeten, und der Wallplatz bereits mit Todten und
Verwundeten uͤberſaͤet war — als mit Eins unge-
fehr um 12. Uhr die Ordre kam, unſer Regiment,
nebſt zwey andern (ich glaube Bevern und Kalk-
ſtein,) muͤßten zuruͤckmarſchieren. Nun dachten
wir, es gehe dem Lager zu, und alle Gefahr ſey
vorbey. Wir eilten darum mit muntern Schritten
die gaͤhen Weinberge hinauf, brachen unſre Huͤte
voll ſchoͤne rothe Trauben, aſſen vor uns her nach
Herzensluſt; und mir, und denen welche neben mir
ſtuhnden, kam nichts arges in Sinn, obgleich wir von
der Hoͤhe herunter unſre Bruͤder noch in Feuer und
Rauch ſtehen ſahen, ein fuͤrchterlich donnerndes Ge-
lerm hoͤrten, und nicht entſcheiden konnten auf wel-
cher Seite der Sieg war. Mittlerweile trieben unſre
Anfuͤhrer uns immer hoͤher den Berg hinan, auf
deſſen Gipfel ein enger Paß zwiſchen Felſen durch-
gieng, der auf der andern Seite wieder hinunter-
fuͤhrte. Sobald nun unſre Avantgarde den erwaͤhn-
ten Gipfel erreicht hatte, gieng ein entſetzlicher Mus-
ketenhagel an; und nun merkten wir erſt wo der
Haas im Stroh lag. Etliche Tauſend Kaiſerliche
Panduren waren naͤmlich auf der andern Seite den
Berg hinauf beordert, um unſrer Armee in den
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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/169>, abgerufen am 25.11.2024.
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