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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

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zweifelt wilden, handfesten Kerl, der beynahe zwey
Zoll höher als ich war, hätte gewachsen seyn kön-
nen. Doch, ich weiß nicht ob aus Muth oder Furcht,
stand ich ihm bockstill, und guckte indessen auf
alle Seite herum, ob ich niemand zu Hülf rufen
konnte? Aber -- es war an einem einsamen Ort,
auf einer Allmend -- ich sah' kein Mäusgen. "Sey
"kein Narr"! sagt' ich zu ihm: Wirst wohl auch
"Spaß verstehn". Damit legte sich seine Wuth
schon um ein ziemliches. Wir giengen stillschweigend
weiters, und ich war froh als wir so unvermerkt
ins Städtgen Rheineck traten. Jetzt flattirte er
mich wieder, eines Thalers wegen, den ich auf dem
Weg von ihm geborgt hatte; und ich dachte oft, dieß
Lumpenstück Geld hab' mir das Leben gerettet. Aber
von diesem Augenblick an schwand auch alles Ver-
trauen unter uns. Doch hab' ich mich nie gero-
chen, obgleich's der Anlässen viele gab; und mein
Vater zahlte ihm den Thaler willig, als er wenig
Tage nach meiner Heimkunft in unser Haus kam.
Wir kamen noch bis Roschach, und des folgenden
Tags (25. Okt.) auf Herisau; denn mein Herr
Bachmann mochte nicht eilen, und ich merkte
wohl, daß er sich nicht recht nach Haus getraute,
bis er sich erkundigt hätte, wie, seiner vorigen Fre-
vel wegen, der Wind blies.


zweifelt wilden, handfeſten Kerl, der beynahe zwey
Zoll hoͤher als ich war, haͤtte gewachſen ſeyn koͤn-
nen. Doch, ich weiß nicht ob aus Muth oder Furcht,
ſtand ich ihm bockſtill, und guckte indeſſen auf
alle Seite herum, ob ich niemand zu Huͤlf rufen
konnte? Aber — es war an einem einſamen Ort,
auf einer Allmend — ich ſah’ kein Maͤusgen. „Sey
„kein Narr„! ſagt’ ich zu ihm: Wirſt wohl auch
„Spaß verſtehn„. Damit legte ſich ſeine Wuth
ſchon um ein ziemliches. Wir giengen ſtillſchweigend
weiters, und ich war froh als wir ſo unvermerkt
ins Staͤdtgen Rheineck traten. Jetzt flattirte er
mich wieder, eines Thalers wegen, den ich auf dem
Weg von ihm geborgt hatte; und ich dachte oft, dieß
Lumpenſtuͤck Geld hab’ mir das Leben gerettet. Aber
von dieſem Augenblick an ſchwand auch alles Ver-
trauen unter uns. Doch hab’ ich mich nie gero-
chen, obgleich’s der Anlaͤſſen viele gab; und mein
Vater zahlte ihm den Thaler willig, als er wenig
Tage nach meiner Heimkunft in unſer Haus kam.
Wir kamen noch bis Roſchach, und des folgenden
Tags (25. Okt.) auf Heriſau; denn mein Herr
Bachmann mochte nicht eilen, und ich merkte
wohl, daß er ſich nicht recht nach Haus getraute,
bis er ſich erkundigt haͤtte, wie, ſeiner vorigen Fre-
vel wegen, der Wind blies.


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[163/0179] zweifelt wilden, handfeſten Kerl, der beynahe zwey Zoll hoͤher als ich war, haͤtte gewachſen ſeyn koͤn- nen. Doch, ich weiß nicht ob aus Muth oder Furcht, ſtand ich ihm bockſtill, und guckte indeſſen auf alle Seite herum, ob ich niemand zu Huͤlf rufen konnte? Aber — es war an einem einſamen Ort, auf einer Allmend — ich ſah’ kein Maͤusgen. „Sey „kein Narr„! ſagt’ ich zu ihm: Wirſt wohl auch „Spaß verſtehn„. Damit legte ſich ſeine Wuth ſchon um ein ziemliches. Wir giengen ſtillſchweigend weiters, und ich war froh als wir ſo unvermerkt ins Staͤdtgen Rheineck traten. Jetzt flattirte er mich wieder, eines Thalers wegen, den ich auf dem Weg von ihm geborgt hatte; und ich dachte oft, dieß Lumpenſtuͤck Geld hab’ mir das Leben gerettet. Aber von dieſem Augenblick an ſchwand auch alles Ver- trauen unter uns. Doch hab’ ich mich nie gero- chen, obgleich’s der Anlaͤſſen viele gab; und mein Vater zahlte ihm den Thaler willig, als er wenig Tage nach meiner Heimkunft in unſer Haus kam. Wir kamen noch bis Roſchach, und des folgenden Tags (25. Okt.) auf Heriſau; denn mein Herr Bachmann mochte nicht eilen, und ich merkte wohl, daß er ſich nicht recht nach Haus getraute, bis er ſich erkundigt haͤtte, wie, ſeiner vorigen Fre- vel wegen, der Wind blies.

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Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/179>, abgerufen am 26.11.2024.