eltern einen geheimen Pfenning zu verdienen, des Nachts verstohlner Weise beym Licht gesponnen -- daß ich dann nicht in der Kammer allein bleiben wollte, und sie darum eine Schürze auf den Boden spreiten mußte, mich nackt darauf setzte, und ich mit dem Schatten und ihrer Spindel spielte. -- Ich weiß, daß sie mich oft durch die Wiese auf dem Arm dem Vater entgegentrug; und daß ich dann ein Mordioge- schrey anfieng, sobald ich ihn erblickte, weil er mich immer rauh anfuhr, wenn ich nicht zu ihm wollte. Seine Figur und Geberden die er dann machte, seh' ich jetzt noch wie lebendig vor mir.
IV. Zeitumstände.
Um diese Zeit waren alle Lebensmittel wohlfeil; aber wenig Verdienst im Lande. Die Theurung und der Zwölferkrieg waren noch in frischem Angedenken. Ich hörte meine Mutter viel davon erzählen, das mich zittern und beben machte. Erst zu End der Dreyßigerjahre ward das Baumwollenspinnen in un- serm Dorf eingeführt; und meine Muter mag eine von den ersten gewesen seyn, die Löthligarn gespon- nen. (Unser Nachbar, A. F. trug das erste um einen Schilling Lohn an den Zürchsee, bis er eine eigne Dublone vermochte. Dann fieng er selber an zu kaufen, und verdiente nach und nach etlich tau- send Gulden. Da hörte er auf, setzte sich zur Ruhe, und starb.) In meinen Kinderjahren sind auch die ersten Erdapfel in unserm Ort gepflanzt worden.
eltern einen geheimen Pfenning zu verdienen, des Nachts verſtohlner Weiſe beym Licht geſponnen — daß ich dann nicht in der Kammer allein bleiben wollte, und ſie darum eine Schuͤrze auf den Boden ſpreiten mußte, mich nackt darauf ſetzte, und ich mit dem Schatten und ihrer Spindel ſpielte. — Ich weiß, daß ſie mich oft durch die Wieſe auf dem Arm dem Vater entgegentrug; und daß ich dann ein Mordioge- ſchrey anfieng, ſobald ich ihn erblickte, weil er mich immer rauh anfuhr, wenn ich nicht zu ihm wollte. Seine Figur und Geberden die er dann machte, ſeh’ ich jetzt noch wie lebendig vor mir.
IV. Zeitumſtaͤnde.
Um dieſe Zeit waren alle Lebensmittel wohlfeil; aber wenig Verdienſt im Lande. Die Theurung und der Zwoͤlferkrieg waren noch in friſchem Angedenken. Ich hoͤrte meine Mutter viel davon erzaͤhlen, das mich zittern und beben machte. Erſt zu End der Dreyßigerjahre ward das Baumwollenſpinnen in un- ſerm Dorf eingefuͤhrt; und meine Muter mag eine von den erſten geweſen ſeyn, die Loͤthligarn geſpon- nen. (Unſer Nachbar, A. F. trug das erſte um einen Schilling Lohn an den Zuͤrchſee, bis er eine eigne Dublone vermochte. Dann fieng er ſelber an zu kaufen, und verdiente nach und nach etlich tau- ſend Gulden. Da hoͤrte er auf, ſetzte ſich zur Ruhe, und ſtarb.) In meinen Kinderjahren ſind auch die erſten Erdapfel in unſerm Ort gepflanzt worden.
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eltern einen geheimen Pfenning zu verdienen, des
Nachts verſtohlner Weiſe beym Licht geſponnen —
daß ich dann nicht in der Kammer allein bleiben
wollte, und ſie darum eine Schuͤrze auf den Boden
ſpreiten mußte, mich nackt darauf ſetzte, und ich mit
dem Schatten und ihrer Spindel ſpielte. — Ich weiß,
daß ſie mich oft durch die Wieſe auf dem Arm dem
Vater entgegentrug; und daß ich dann ein Mordioge-
ſchrey anfieng, ſobald ich ihn erblickte, weil er mich
immer rauh anfuhr, wenn ich nicht zu ihm wollte.
Seine Figur und Geberden die er dann machte,
ſeh’ ich jetzt noch wie lebendig vor mir.
IV.
Zeitumſtaͤnde.
Um dieſe Zeit waren alle Lebensmittel wohlfeil;
aber wenig Verdienſt im Lande. Die Theurung und
der Zwoͤlferkrieg waren noch in friſchem Angedenken.
Ich hoͤrte meine Mutter viel davon erzaͤhlen, das
mich zittern und beben machte. Erſt zu End der
Dreyßigerjahre ward das Baumwollenſpinnen in un-
ſerm Dorf eingefuͤhrt; und meine Muter mag eine
von den erſten geweſen ſeyn, die Loͤthligarn geſpon-
nen. (Unſer Nachbar, A. F. trug das erſte um
einen Schilling Lohn an den Zuͤrchſee, bis er eine
eigne Dublone vermochte. Dann fieng er ſelber an
zu kaufen, und verdiente nach und nach etlich tau-
ſend Gulden. Da hoͤrte er auf, ſetzte ſich zur Ruhe,
und ſtarb.) In meinen Kinderjahren ſind auch die
erſten Erdapfel in unſerm Ort gepflanzt worden.
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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/24>, abgerufen am 03.12.2024.
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