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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

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ich nicht, was ohne diesen Zufall aus mir geworden
wäre. Ich schlich mich davon, wie ein gebissener
Hund. Die Buben pfiffen mir nach, so weit sie mich
sehen konnten. Ich brannte vor Wuth. Ueber wen?
Ueber mich selbst -- und übergab meine Sinnlichkeit
dem T * * und seiner Großmutter zum Gutenjahr.
In diesem Augenblick hätt' ich mir ein Ohr vom Kopf
für den verwünschten Streich abhauen lassen. Bald
nachher erfuhr ich, daß, da man mich wegen meinem
unschenirten Wesen im Verdacht hatte, diese Falle
mir mit Fleiß gelegt worden; und daß jene Bursche
ausgesagt, sie hätten mich so und so ertappt. Das
Gemürmel war allgemein. Meine Feinde triumphirten.
Meine Freunde erzählten's mir. Ich bat sie ganz
gelassen, zu sehen, daß sie mir nur die stellen, wel-
che so von mir reden. Aber es getraute sich niemand.
Gleichwohl zeigte man mit Fingern auf mich. Diese
Wunde hat mich bey Jahren geschmerzt, und ist noch
auf den heutigen Tag nicht ganz zugeheilt. Aber,
Gott weiß! wie dienstlich sie mir war. In der er-
sten Wuth meiner gekränkten Ehrliebe hätt' ich die
Buben erwürgen mögen; nachwerts dankt' ich noch
meinem guten Schutzgeist, der sie hergeführt hatte,
sonst wär' ich vielleicht dieser Versuchung nicht wider-
standen. Ein Freund (der mich wohl ebenfalls in
falschem Verdacht hatte) rieth mir, könftig diese
Strasse nicht mehr zu brauchen. Hierinn aber folgt'
ich ihm nicht, sondern gieng gleich meiner Wegen
fort, und sah denen die mir begegneten herzhaft und
scharf in die Augen, als wenn ich ihre Gedanken er-

ich nicht, was ohne dieſen Zufall aus mir geworden
waͤre. Ich ſchlich mich davon, wie ein gebiſſener
Hund. Die Buben pfiffen mir nach, ſo weit ſie mich
ſehen konnten. Ich brannte vor Wuth. Ueber wen?
Ueber mich ſelbſt — und uͤbergab meine Sinnlichkeit
dem T * * und ſeiner Großmutter zum Gutenjahr.
In dieſem Augenblick haͤtt’ ich mir ein Ohr vom Kopf
fuͤr den verwuͤnſchten Streich abhauen laſſen. Bald
nachher erfuhr ich, daß, da man mich wegen meinem
unſchenirten Weſen im Verdacht hatte, dieſe Falle
mir mit Fleiß gelegt worden; und daß jene Burſche
ausgeſagt, ſie haͤtten mich ſo und ſo ertappt. Das
Gemuͤrmel war allgemein. Meine Feinde triumphirten.
Meine Freunde erzaͤhlten’s mir. Ich bat ſie ganz
gelaſſen, zu ſehen, daß ſie mir nur die ſtellen, wel-
che ſo von mir reden. Aber es getraute ſich niemand.
Gleichwohl zeigte man mit Fingern auf mich. Dieſe
Wunde hat mich bey Jahren geſchmerzt, und iſt noch
auf den heutigen Tag nicht ganz zugeheilt. Aber,
Gott weiß! wie dienſtlich ſie mir war. In der er-
ſten Wuth meiner gekraͤnkten Ehrliebe haͤtt’ ich die
Buben erwuͤrgen moͤgen; nachwerts dankt’ ich noch
meinem guten Schutzgeiſt, der ſie hergefuͤhrt hatte,
ſonſt waͤr’ ich vielleicht dieſer Verſuchung nicht wider-
ſtanden. Ein Freund (der mich wohl ebenfalls in
falſchem Verdacht hatte) rieth mir, koͤnftig dieſe
Straſſe nicht mehr zu brauchen. Hierinn aber folgt’
ich ihm nicht, ſondern gieng gleich meiner Wegen
fort, und ſah denen die mir begegneten herzhaft und
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[262/0278] ich nicht, was ohne dieſen Zufall aus mir geworden waͤre. Ich ſchlich mich davon, wie ein gebiſſener Hund. Die Buben pfiffen mir nach, ſo weit ſie mich ſehen konnten. Ich brannte vor Wuth. Ueber wen? Ueber mich ſelbſt — und uͤbergab meine Sinnlichkeit dem T * * und ſeiner Großmutter zum Gutenjahr. In dieſem Augenblick haͤtt’ ich mir ein Ohr vom Kopf fuͤr den verwuͤnſchten Streich abhauen laſſen. Bald nachher erfuhr ich, daß, da man mich wegen meinem unſchenirten Weſen im Verdacht hatte, dieſe Falle mir mit Fleiß gelegt worden; und daß jene Burſche ausgeſagt, ſie haͤtten mich ſo und ſo ertappt. Das Gemuͤrmel war allgemein. Meine Feinde triumphirten. Meine Freunde erzaͤhlten’s mir. Ich bat ſie ganz gelaſſen, zu ſehen, daß ſie mir nur die ſtellen, wel- che ſo von mir reden. Aber es getraute ſich niemand. Gleichwohl zeigte man mit Fingern auf mich. Dieſe Wunde hat mich bey Jahren geſchmerzt, und iſt noch auf den heutigen Tag nicht ganz zugeheilt. Aber, Gott weiß! wie dienſtlich ſie mir war. In der er- ſten Wuth meiner gekraͤnkten Ehrliebe haͤtt’ ich die Buben erwuͤrgen moͤgen; nachwerts dankt’ ich noch meinem guten Schutzgeiſt, der ſie hergefuͤhrt hatte, ſonſt waͤr’ ich vielleicht dieſer Verſuchung nicht wider- ſtanden. Ein Freund (der mich wohl ebenfalls in falſchem Verdacht hatte) rieth mir, koͤnftig dieſe Straſſe nicht mehr zu brauchen. Hierinn aber folgt’ ich ihm nicht, ſondern gieng gleich meiner Wegen fort, und ſah denen die mir begegneten herzhaft und ſcharf in die Augen, als wenn ich ihre Gedanken er-

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Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/278>, abgerufen am 22.11.2024.