die Metzgeten bringen, und blieb dann ein Paar Tage bey ihr. Da war gut Leben: Ich ließ mir's schmecken; ihre wohlgemeinten Ermahnungen hinge- gen zum einten Ohr ein, und zum andern wieder aus. Gewiß kein Ruhm für mich. Aber dergleichen Buben machen's, leider Gott erbarm! so. Zuletzt war sie einige Jahr blind, und starb endlich in der Feuerschwand in einem hohen Alter An. 50. 51. oder 52. Sie vermachte mir ein Buch, Arndts wahres Christenthum, apart. Sie war gewiß ein gottseliges Weib, in der Schamaten hoch estimirt; und die Leuth dort sind mir noch besonders lieb um ihretwillen. Auch glaub' ich gewiß noch Glück von ihr her zu haben; denn Elternsegen ruht auf Kindern und Kindskindern.
XI. Allerley, wie's so kömmt.
Unsre Haushaltung vermehrte sich. Es kam alle zwey Jahr geflissentlich ein Kind; Tischgänger genug, aber darum noch keine Arbeiter. Wir mußten im- mer viel Taglöhner haben. Mit dem Vieh war mein Vater nie recht glücklich; es gab immer et- was krankes. Er meinte, die starken Kräuter auf unsrer Waid seyen nicht wenig Schuld daran. Der Zins überstieg alle Jahr die Losung. Wir reuteten viel Wald aus, um mehr Mattland, und Geld von dem Holz zu bekommen; und doch kamen wir je län- ger je tiefer in die Schulden, und mußten immer
die Metzgeten bringen, und blieb dann ein Paar Tage bey ihr. Da war gut Leben: Ich ließ mir’s ſchmecken; ihre wohlgemeinten Ermahnungen hinge- gen zum einten Ohr ein, und zum andern wieder aus. Gewiß kein Ruhm fuͤr mich. Aber dergleichen Buben machen’s, leider Gott erbarm! ſo. Zuletzt war ſie einige Jahr blind, und ſtarb endlich in der Feuerſchwand in einem hohen Alter An. 50. 51. oder 52. Sie vermachte mir ein Buch, Arndts wahres Chriſtenthum, apart. Sie war gewiß ein gottſeliges Weib, in der Schamaten hoch eſtimirt; und die Leuth dort ſind mir noch beſonders lieb um ihretwillen. Auch glaub’ ich gewiß noch Gluͤck von ihr her zu haben; denn Elternſegen ruht auf Kindern und Kindskindern.
XI. Allerley, wie’s ſo koͤmmt.
Unſre Haushaltung vermehrte ſich. Es kam alle zwey Jahr gefliſſentlich ein Kind; Tiſchgaͤnger genug, aber darum noch keine Arbeiter. Wir mußten im- mer viel Tagloͤhner haben. Mit dem Vieh war mein Vater nie recht gluͤcklich; es gab immer et- was krankes. Er meinte, die ſtarken Kraͤuter auf unſrer Waid ſeyen nicht wenig Schuld daran. Der Zins uͤberſtieg alle Jahr die Loſung. Wir reuteten viel Wald aus, um mehr Mattland, und Geld von dem Holz zu bekommen; und doch kamen wir je laͤn- ger je tiefer in die Schulden, und mußten immer
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0034"n="18"/>
die Metzgeten bringen, und blieb dann ein Paar<lb/>
Tage bey ihr. Da war gut Leben: Ich ließ mir’s<lb/>ſchmecken; ihre wohlgemeinten Ermahnungen hinge-<lb/>
gen zum einten Ohr ein, und zum andern wieder<lb/>
aus. Gewiß kein Ruhm fuͤr mich. Aber dergleichen<lb/>
Buben machen’s, leider Gott erbarm! ſo. Zuletzt<lb/>
war ſie einige Jahr blind, und ſtarb endlich in der<lb/><hirendition="#fr">Feuerſchwand</hi> in einem hohen Alter An. 50. 51.<lb/>
oder 52. Sie vermachte mir ein Buch, <hirendition="#fr">Arndts<lb/>
wahres Chriſtenthum</hi>, apart. Sie war gewiß ein<lb/>
gottſeliges Weib, in der <hirendition="#fr">Schamaten</hi> hoch eſtimirt;<lb/>
und die Leuth dort ſind mir noch beſonders lieb um<lb/>
ihretwillen. Auch glaub’ ich gewiß noch Gluͤck von<lb/>
ihr her zu haben; denn Elternſegen ruht auf Kindern<lb/>
und Kindskindern.</p></div><lb/><divn="1"><head><hirendition="#aq">XI.</hi><lb/><hirendition="#g"><hirendition="#fr">Allerley, wie’s ſo koͤmmt</hi></hi>.</head><lb/><p><hirendition="#in">U</hi>nſre Haushaltung vermehrte ſich. Es kam alle<lb/>
zwey Jahr gefliſſentlich ein Kind; Tiſchgaͤnger genug,<lb/>
aber darum noch keine Arbeiter. Wir mußten im-<lb/>
mer viel Tagloͤhner haben. Mit dem Vieh war<lb/>
mein Vater nie recht gluͤcklich; es gab immer et-<lb/>
was krankes. Er meinte, die ſtarken Kraͤuter auf<lb/>
unſrer Waid ſeyen nicht wenig Schuld daran. Der<lb/>
Zins uͤberſtieg alle Jahr die Loſung. Wir reuteten<lb/>
viel Wald aus, um mehr Mattland, und Geld von<lb/>
dem Holz zu bekommen; und doch kamen wir je laͤn-<lb/>
ger je tiefer in die Schulden, und mußten immer<lb/></p></div></body></text></TEI>
[18/0034]
die Metzgeten bringen, und blieb dann ein Paar
Tage bey ihr. Da war gut Leben: Ich ließ mir’s
ſchmecken; ihre wohlgemeinten Ermahnungen hinge-
gen zum einten Ohr ein, und zum andern wieder
aus. Gewiß kein Ruhm fuͤr mich. Aber dergleichen
Buben machen’s, leider Gott erbarm! ſo. Zuletzt
war ſie einige Jahr blind, und ſtarb endlich in der
Feuerſchwand in einem hohen Alter An. 50. 51.
oder 52. Sie vermachte mir ein Buch, Arndts
wahres Chriſtenthum, apart. Sie war gewiß ein
gottſeliges Weib, in der Schamaten hoch eſtimirt;
und die Leuth dort ſind mir noch beſonders lieb um
ihretwillen. Auch glaub’ ich gewiß noch Gluͤck von
ihr her zu haben; denn Elternſegen ruht auf Kindern
und Kindskindern.
XI.
Allerley, wie’s ſo koͤmmt.
Unſre Haushaltung vermehrte ſich. Es kam alle
zwey Jahr gefliſſentlich ein Kind; Tiſchgaͤnger genug,
aber darum noch keine Arbeiter. Wir mußten im-
mer viel Tagloͤhner haben. Mit dem Vieh war
mein Vater nie recht gluͤcklich; es gab immer et-
was krankes. Er meinte, die ſtarken Kraͤuter auf
unſrer Waid ſeyen nicht wenig Schuld daran. Der
Zins uͤberſtieg alle Jahr die Loſung. Wir reuteten
viel Wald aus, um mehr Mattland, und Geld von
dem Holz zu bekommen; und doch kamen wir je laͤn-
ger je tiefer in die Schulden, und mußten immer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/34>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.