Der Himmel wird es ihm reichlich vergelten. -- In- zwischen zeigte sich ein Käufer zum Dreyschlatt. Wir waren im Grund alle froh, diese Einöde zu verlassen; aber niemand wie ich, da ich hofte, das strenge Arbeiten sollt' nun einmal ein End nehmen. Wie ich mich betrog, wird die Folge lehren.
XXVI. Wanderung auf die Staig zu Wattweil.
(1754.)
Mitten im Merz dieses Jahrs zogen wir also mit Sack und Pack aus dem Dreyschlatt weg, und sag- ten diesem wilden Ort auf ewig gute Nacht! Noch lag dort klaftertiefer Schnee. Von Ochs oder Pferd war da keine Rede. Wir mußten also unsern Haus- rath und die jüngern Geschwister auf Schlitten selbst fortzügeln. Ich zog an dem meinigen wie ein Pferd, so daß ich am End fast athemlos hinsank. Doch die Lust, unsre Wohnung zu verändern, und einmal auch im Thal, in einem Dorf, und unter Menschen zu leben, machten mir die saure Arbeit lieb. Wir langten an. Das muß ein rechtes Canaan seyn, dacht' ich; denn hier guckten die Grasspitzen schon unterm Schnee hervor. Unser Gütlin, das wir zu Lehen empfangen hatten, stuhnd voll grosser Bäume; und ein Bach rollte angenehm mitten durch. Im Gärtlin bemerkt' ich einen Zipartenbaum. Im Haus hatten wir eine schöne Aussicht das Thal hinauf. Aber übrigens, was das vor eine dunkle, schwarze,
Der Himmel wird es ihm reichlich vergelten. — In- zwiſchen zeigte ſich ein Kaͤufer zum Dreyſchlatt. Wir waren im Grund alle froh, dieſe Einoͤde zu verlaſſen; aber niemand wie ich, da ich hofte, das ſtrenge Arbeiten ſollt’ nun einmal ein End nehmen. Wie ich mich betrog, wird die Folge lehren.
XXVI. Wanderung auf die Staig zu Wattweil.
(1754.)
Mitten im Merz dieſes Jahrs zogen wir alſo mit Sack und Pack aus dem Dreyſchlatt weg, und ſag- ten dieſem wilden Ort auf ewig gute Nacht! Noch lag dort klaftertiefer Schnee. Von Ochs oder Pferd war da keine Rede. Wir mußten alſo unſern Haus- rath und die juͤngern Geſchwiſter auf Schlitten ſelbſt fortzuͤgeln. Ich zog an dem meinigen wie ein Pferd, ſo daß ich am End faſt athemlos hinſank. Doch die Luſt, unſre Wohnung zu veraͤndern, und einmal auch im Thal, in einem Dorf, und unter Menſchen zu leben, machten mir die ſaure Arbeit lieb. Wir langten an. Das muß ein rechtes Canaan ſeyn, dacht’ ich; denn hier guckten die Grasſpitzen ſchon unterm Schnee hervor. Unſer Guͤtlin, das wir zu Lehen empfangen hatten, ſtuhnd voll groſſer Baͤume; und ein Bach rollte angenehm mitten durch. Im Gaͤrtlin bemerkt’ ich einen Zipartenbaum. Im Haus hatten wir eine ſchoͤne Ausſicht das Thal hinauf. Aber uͤbrigens, was das vor eine dunkle, ſchwarze,
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Der Himmel wird es ihm reichlich vergelten. — In-
zwiſchen zeigte ſich ein Kaͤufer zum Dreyſchlatt.
Wir waren im Grund alle froh, dieſe Einoͤde zu
verlaſſen; aber niemand wie ich, da ich hofte, das
ſtrenge Arbeiten ſollt’ nun einmal ein End nehmen.
Wie ich mich betrog, wird die Folge lehren.
XXVI.
Wanderung auf die Staig zu Wattweil.
(1754.)
Mitten im Merz dieſes Jahrs zogen wir alſo mit
Sack und Pack aus dem Dreyſchlatt weg, und ſag-
ten dieſem wilden Ort auf ewig gute Nacht! Noch
lag dort klaftertiefer Schnee. Von Ochs oder Pferd
war da keine Rede. Wir mußten alſo unſern Haus-
rath und die juͤngern Geſchwiſter auf Schlitten ſelbſt
fortzuͤgeln. Ich zog an dem meinigen wie ein Pferd,
ſo daß ich am End faſt athemlos hinſank. Doch die
Luſt, unſre Wohnung zu veraͤndern, und einmal
auch im Thal, in einem Dorf, und unter Menſchen
zu leben, machten mir die ſaure Arbeit lieb. Wir
langten an. Das muß ein rechtes Canaan ſeyn,
dacht’ ich; denn hier guckten die Grasſpitzen ſchon
unterm Schnee hervor. Unſer Guͤtlin, das wir zu
Lehen empfangen hatten, ſtuhnd voll groſſer Baͤume;
und ein Bach rollte angenehm mitten durch. Im
Gaͤrtlin bemerkt’ ich einen Zipartenbaum. Im Haus
hatten wir eine ſchoͤne Ausſicht das Thal hinauf.
Aber uͤbrigens, was das vor eine dunkle, ſchwarze,
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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/70>, abgerufen am 16.02.2025.
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