Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.Augen treten; fliehen mußt du vielmehr das holde Inzwischen ward diese Liebesgeschicht', die ich doch Eines Abends kam mir Aennchen so in den Wurf, Augen treten; fliehen mußt du vielmehr das holde Inzwiſchen ward dieſe Liebesgeſchicht’, die ich doch Eines Abends kam mir Aennchen ſo in den Wurf, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0082" n="66"/> Augen treten; fliehen mußt du vielmehr das holde<lb/> Kind, oder kannſt wenigſtens nur im Verborgenen<lb/> mit ihr deine Frend’ haben, nur verſtohlen nach ihr<lb/> blicken. — Inzwiſchen macht’ ich eine neue Bekannt-<lb/> ſchaft mit ein Paar Nachbarsbuben, die auch ihre<lb/> Schaͤtz’ hatten — um etwa heimlich von ihnen zu<lb/> erfahren, wie man mit dieſen ſchoͤnen Dingen um-<lb/> gehen, und es machen muͤſſe, wenn man ihnen ge-<lb/> fallen wolle. Einmal nahm ich gar das Herz in<lb/> beyde Haͤnd’ und fragte ſie darum; aber ſie lachten<lb/> mich aus, und ſagten mir ſo naͤrriſches und unglaub-<lb/> liches Zeug, daß ich nun gar nicht mehr wußte,<lb/> wo ich zu Haus war.</p><lb/> <p>Inzwiſchen ward dieſe Liebesgeſchicht’, die ich doch<lb/> gern vor mir ſelber verborgen haͤtte, bald uͤberall<lb/> laut. Die ganze Nachbarſchaft, und beſonders die<lb/> Weiber, gaften mir, wo ich ſtuhnd und gieng, ins<lb/> Geſicht, als ob ich ein Eislaͤnder waͤre: „Ha, Ha,<lb/> „<hi rendition="#fr">Uli</hi>„! hieß es dann etwa: „Du haſt die Kinds-<lb/> „ſchuh’ auch verheyt„. Meine Eltern wurdens eben-<lb/> falls inne. Die Mutter laͤchelte dazu, denn <hi rendition="#fr">Aenn-<lb/> chen</hi> war ihr lieb: Aber der Vater blickte mich deſto<lb/> truͤber an; doch ließ er ſich kein Woͤrtgen verlauten,<lb/> als ob er wirklich in meinem Buſen Unrath leſe.<lb/> Das war nur deſto peinigender fuͤr mich. Ich gieng<lb/> indeſſen uͤberall umher, wie der Schatten an der<lb/> Wand, und wuͤnſchte oft, daß ich <hi rendition="#fr">Aennchen</hi> nie mit<lb/> einem Aug geſehen haͤtte. Auch meine Bauersleuthe<lb/> rochen bald den Braten, und ſpotteten meiner.</p><lb/> <p>Eines Abends kam mir <hi rendition="#fr">Aennchen</hi> ſo in den Wurf,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [66/0082]
Augen treten; fliehen mußt du vielmehr das holde
Kind, oder kannſt wenigſtens nur im Verborgenen
mit ihr deine Frend’ haben, nur verſtohlen nach ihr
blicken. — Inzwiſchen macht’ ich eine neue Bekannt-
ſchaft mit ein Paar Nachbarsbuben, die auch ihre
Schaͤtz’ hatten — um etwa heimlich von ihnen zu
erfahren, wie man mit dieſen ſchoͤnen Dingen um-
gehen, und es machen muͤſſe, wenn man ihnen ge-
fallen wolle. Einmal nahm ich gar das Herz in
beyde Haͤnd’ und fragte ſie darum; aber ſie lachten
mich aus, und ſagten mir ſo naͤrriſches und unglaub-
liches Zeug, daß ich nun gar nicht mehr wußte,
wo ich zu Haus war.
Inzwiſchen ward dieſe Liebesgeſchicht’, die ich doch
gern vor mir ſelber verborgen haͤtte, bald uͤberall
laut. Die ganze Nachbarſchaft, und beſonders die
Weiber, gaften mir, wo ich ſtuhnd und gieng, ins
Geſicht, als ob ich ein Eislaͤnder waͤre: „Ha, Ha,
„Uli„! hieß es dann etwa: „Du haſt die Kinds-
„ſchuh’ auch verheyt„. Meine Eltern wurdens eben-
falls inne. Die Mutter laͤchelte dazu, denn Aenn-
chen war ihr lieb: Aber der Vater blickte mich deſto
truͤber an; doch ließ er ſich kein Woͤrtgen verlauten,
als ob er wirklich in meinem Buſen Unrath leſe.
Das war nur deſto peinigender fuͤr mich. Ich gieng
indeſſen uͤberall umher, wie der Schatten an der
Wand, und wuͤnſchte oft, daß ich Aennchen nie mit
einem Aug geſehen haͤtte. Auch meine Bauersleuthe
rochen bald den Braten, und ſpotteten meiner.
Eines Abends kam mir Aennchen ſo in den Wurf,
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