Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789."inniglich lieb! Und ich sollt' kein einzig Mal dein *) Diminutif von Uchel (Ulrich).
„inniglich lieb! Und ich ſollt’ kein einzig Mal dein *) Diminutif von Uchel (Ulrich).
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„inniglich lieb! Und ich ſollt’ kein einzig Mal dein
„holdes Muͤndchen kuͤſſen? Gelt, du erlaubſt’s mir? —
„Ich kann’s laͤnger nicht aushalten. Lieber will ich
„dich ganz und gar meiden„. Itzt druͤckte ſie mir
freundlich die Hand, ſagte aber wieder: „Nun ge-
„wiß, das naͤchſtemal, wenn du wiederkommſt„!
Hier fieng mir an, die Geduld auszugehn. Ich ward
wild, und ſchnippiſch. Sie hinwieder befuͤrchtete glaub-
lich Unrath; foppte mich zwar, wie es ſcheinen ſollte,
noch immer fort, daß es eine Luſt war — aber mit
Eins kam ihr ein Thraͤnchen ins Aug’, und ſie wurde
zahm wie ein Taͤubchen: „Nun ja„! ſagte ſie:
„’s iſt wahr, du haſt doch die Prob’ ausgehalten —
„Du ſollteſt mir fuͤr deine Suͤnd buͤſſen. Aber die
„Straf’ hat mich mehr gekoſtet, als dich, liebes,
„herziges Uechelin *)„! Dieß ſagte ſie mit einem
ſo ſuͤſſen Ton, der mir itzt noch, wie ein fernes
Silbergloͤcklin ins Ohr laͤutet: Ha! (dacht’ ich einen
Augenblick) Itzt koͤnnt’ ich dich wieder ſtrafen, loſes
Kind! — Aber ich bedacht’ mich bald eines Beſſern —
riß mein Liebchen in meine Arme, gab ihr wohl
tauſend Schmaͤtzchen auf ihr zartes Geſichtlin uͤberall
herum, von einem Ohr bis zum andern — und Aenn-
chen blieb mir kein einziges ſchuldig; nur daß ich
ſchwoͤren wollte, daß die ihrigen noch feuriger als
die meinigen waren. So giengs ohne Unterlaß fort
mit herzen, und ſchaͤckern, und plaudern, bis zur
Morgendaͤmmerung. Itzt kehrt’ ich jauchzend nach
Haus, und glaubte der erſte und gluͤcklichſte Menſch
*) Diminutif von Uchel (Ulrich).
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