Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714.

Bild:
<< vorherige Seite
Vom Amt eines Ordinari Physici.

Wo aber an einem Ort bey grassirenderWie weit
ein Medi-
cus
schul-
dig/ auf
des Infi-
ci
rten Be-
gebren zu
erscheinen.

Seuche keine absonderliche Pest-Medici be-
stellet/ allda kan eine Obrigkeit keinen Me-
dicum
befehlen/ daß er in inficirte Häuser
gehen soll/ ist auch nicht schuldig/ auf der Pa-
tienten Begehren zu erscheinen/ wenn es ihm
nicht gefällig ist. Es ist zwar hierin ein
Unterscheid/ ob ein Medicus von privat Per-
sonen oder von der Obrigkeit zu erscheinen
ersuchet worden; denn von dieser hätte er
noch seinen ordentlichen Beruff/ von jenen
solchergestalt nicht/ aber gleichwol wenn der
Medicorum viel beysammen/ so kan sie selbi-
ge mit berechtigtem Fug nicht alle heissen/ in-
fici
rte wider ihren Willen zu besuchen.
Wolte aber ein oder der andere sich um ge-
bührenden Sold/ oder auch nur um die Re-
compens,
so er von den Patienten zu gewar-
ten hat/ bestellen lassen/ dem stehet es frey/
und sind die andern alsdann wohl entschul-
diget/ wenn sie sich für andere Patienten/ so
nicht an der Pest liegen/ zu dienen sparen;
ist ihnen auch für keine Zagheit/ sondern viel-
mehr für eine Fürsichtigkeit zu deuten/ ihrer
und der ihrigen Person/ auch anderer nicht
inficirter Sicherheit zu rechnen. Denn wann
ein Medicus gebunden wär/ zu allen Kran-
cken zu gehen/ so wäre er in schlechterer Con-
dition
als ein Schuster und Schneider/ weil
ein solcher von keiner privat Person gezwun-
gen werden kan/ daß er ihm Schue oder ein

Kleid
Vom Amt eines Ordinari Phyſici.

Wo aber an einem Ort bey graſſirenderWie weit
ein Medi-
cus
ſchul-
dig/ auf
des Infi-
ci
rten Be-
gebren zu
erſcheinen.

Seuche keine abſonderliche Peſt-Medici be-
ſtellet/ allda kan eine Obrigkeit keinen Me-
dicum
befehlen/ daß er in inficirte Haͤuſer
gehen ſoll/ iſt auch nicht ſchuldig/ auf der Pa-
tienten Begehren zu erſcheinen/ wenn es ihm
nicht gefaͤllig iſt. Es iſt zwar hierin ein
Unterſcheid/ ob ein Medicus von privat Per-
ſonen oder von der Obrigkeit zu erſcheinen
erſuchet worden; denn von dieſer haͤtte er
noch ſeinen ordentlichen Beruff/ von jenen
ſolchergeſtalt nicht/ aber gleichwol wenn der
Medicorum viel beyſammen/ ſo kan ſie ſelbi-
ge mit berechtigtem Fug nicht alle heiſſen/ in-
fici
rte wider ihren Willen zu beſuchen.
Wolte aber ein oder der andere ſich um ge-
buͤhrenden Sold/ oder auch nur um die Re-
compens,
ſo er von den Patienten zu gewar-
ten hat/ beſtellen laſſen/ dem ſtehet es frey/
und ſind die andern alsdann wohl entſchul-
diget/ wenn ſie ſich fuͤr andere Patienten/ ſo
nicht an der Peſt liegen/ zu dienen ſparen;
iſt ihnen auch fuͤr keine Zagheit/ ſondern viel-
mehr fuͤr eine Fuͤrſichtigkeit zu deuten/ ihrer
und der ihrigen Perſon/ auch anderer nicht
inficirter Sicherheit zu rechnen. Denn wann
ein Medicus gebunden waͤr/ zu allen Kran-
cken zu gehen/ ſo waͤre er in ſchlechterer Con-
dition
als ein Schuſter und Schneider/ weil
ein ſolcher von keiner privat Perſon gezwun-
gen werden kan/ daß er ihm Schue oder ein

Kleid
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0133" n="111"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Vom Amt eines</hi> <hi rendition="#aq">Ordinari Phy&#x017F;ici.</hi> </fw><lb/>
        <p>Wo aber an einem Ort bey <hi rendition="#aq">gra&#x017F;&#x017F;i</hi>render<note place="right">Wie weit<lb/>
ein <hi rendition="#aq">Medi-<lb/>
cus</hi> &#x017F;chul-<lb/>
dig/ auf<lb/>
des <hi rendition="#aq">Infi-<lb/>
ci</hi>rten Be-<lb/>
gebren zu<lb/>
er&#x017F;cheinen.</note><lb/>
Seuche keine ab&#x017F;onderliche Pe&#x017F;t-<hi rendition="#aq">Medici</hi> be-<lb/>
&#x017F;tellet/ allda kan eine Obrigkeit keinen <hi rendition="#aq">Me-<lb/>
dicum</hi> befehlen/ daß er in <hi rendition="#aq">infici</hi>rte Ha&#x0364;u&#x017F;er<lb/>
gehen &#x017F;oll/ i&#x017F;t auch nicht &#x017F;chuldig/ auf der Pa-<lb/>
tienten Begehren zu er&#x017F;cheinen/ wenn es ihm<lb/>
nicht gefa&#x0364;llig i&#x017F;t. Es i&#x017F;t zwar hierin ein<lb/>
Unter&#x017F;cheid/ ob ein <hi rendition="#aq">Medicus</hi> von <hi rendition="#aq">privat</hi> Per-<lb/>
&#x017F;onen oder von der Obrigkeit zu er&#x017F;cheinen<lb/>
er&#x017F;uchet worden; denn von die&#x017F;er ha&#x0364;tte er<lb/>
noch &#x017F;einen ordentlichen Beruff/ von jenen<lb/>
&#x017F;olcherge&#x017F;talt nicht/ aber gleichwol wenn der<lb/><hi rendition="#aq">Medicorum</hi> viel bey&#x017F;ammen/ &#x017F;o kan &#x017F;ie &#x017F;elbi-<lb/>
ge mit berechtigtem Fug nicht alle hei&#x017F;&#x017F;en/ <hi rendition="#aq">in-<lb/>
fici</hi>rte wider ihren Willen zu be&#x017F;uchen.<lb/>
Wolte aber ein oder der andere &#x017F;ich um ge-<lb/>
bu&#x0364;hrenden Sold/ oder auch nur um die <hi rendition="#aq">Re-<lb/>
compens,</hi> &#x017F;o er von den Patienten zu gewar-<lb/>
ten hat/ be&#x017F;tellen la&#x017F;&#x017F;en/ dem &#x017F;tehet es frey/<lb/>
und &#x017F;ind die andern alsdann wohl ent&#x017F;chul-<lb/>
diget/ wenn &#x017F;ie &#x017F;ich fu&#x0364;r andere Patienten/ &#x017F;o<lb/>
nicht an der Pe&#x017F;t liegen/ zu dienen &#x017F;paren;<lb/>
i&#x017F;t ihnen auch fu&#x0364;r keine Zagheit/ &#x017F;ondern viel-<lb/>
mehr fu&#x0364;r eine Fu&#x0364;r&#x017F;ichtigkeit zu deuten/ ihrer<lb/>
und der ihrigen Per&#x017F;on/ auch anderer nicht<lb/><hi rendition="#aq">infici</hi>rter Sicherheit zu rechnen. Denn wann<lb/>
ein <hi rendition="#aq">Medicus</hi> gebunden wa&#x0364;r/ zu allen Kran-<lb/>
cken zu gehen/ &#x017F;o wa&#x0364;re er in &#x017F;chlechterer <hi rendition="#aq">Con-<lb/>
dition</hi> als ein Schu&#x017F;ter und Schneider/ weil<lb/>
ein &#x017F;olcher von keiner <hi rendition="#aq">privat</hi> Per&#x017F;on gezwun-<lb/>
gen werden kan/ daß er ihm Schue oder ein<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Kleid</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0133] Vom Amt eines Ordinari Phyſici. Wo aber an einem Ort bey graſſirender Seuche keine abſonderliche Peſt-Medici be- ſtellet/ allda kan eine Obrigkeit keinen Me- dicum befehlen/ daß er in inficirte Haͤuſer gehen ſoll/ iſt auch nicht ſchuldig/ auf der Pa- tienten Begehren zu erſcheinen/ wenn es ihm nicht gefaͤllig iſt. Es iſt zwar hierin ein Unterſcheid/ ob ein Medicus von privat Per- ſonen oder von der Obrigkeit zu erſcheinen erſuchet worden; denn von dieſer haͤtte er noch ſeinen ordentlichen Beruff/ von jenen ſolchergeſtalt nicht/ aber gleichwol wenn der Medicorum viel beyſammen/ ſo kan ſie ſelbi- ge mit berechtigtem Fug nicht alle heiſſen/ in- ficirte wider ihren Willen zu beſuchen. Wolte aber ein oder der andere ſich um ge- buͤhrenden Sold/ oder auch nur um die Re- compens, ſo er von den Patienten zu gewar- ten hat/ beſtellen laſſen/ dem ſtehet es frey/ und ſind die andern alsdann wohl entſchul- diget/ wenn ſie ſich fuͤr andere Patienten/ ſo nicht an der Peſt liegen/ zu dienen ſparen; iſt ihnen auch fuͤr keine Zagheit/ ſondern viel- mehr fuͤr eine Fuͤrſichtigkeit zu deuten/ ihrer und der ihrigen Perſon/ auch anderer nicht inficirter Sicherheit zu rechnen. Denn wann ein Medicus gebunden waͤr/ zu allen Kran- cken zu gehen/ ſo waͤre er in ſchlechterer Con- dition als ein Schuſter und Schneider/ weil ein ſolcher von keiner privat Perſon gezwun- gen werden kan/ daß er ihm Schue oder ein Kleid Wie weit ein Medi- cus ſchul- dig/ auf des Infi- cirten Be- gebren zu erſcheinen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714/133
Zitationshilfe: Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714/133>, abgerufen am 21.11.2024.