Ich gehe jetzt zu einigen andern, mit der Lehre vom Pendel in Verbindung stehenden Betrachtungen über. Zuerst mag eine kurze Erwähnung anderer Fälle, wo eine Bewegung, der Pendel- bewegung ähnlich, eintritt, hier Platz finden. Bei der Bewe- gung des Pendels ist zuerst die Schwere thätig, um den vom Zu- stande des Gleichgewichts entfernten Körper zu diesem Zustande zu- rück zu führen, aber wenn sie das Pendel in die dem Gleichge- wichte angemessene Lage gebracht hat, so führt die erlangte Ge- schwindigkeit es über den Zustand des Gleichgewichts hinaus, und so entsteht die wechselnde Bewegung. Ein ähnliches Hinausgehen über der Zustand des Gleichgewichtes, und eben deswegen eine oftmals wiederholte hin und her gehende Bewegung beobachten wir auch in vielen andern Fällen. Die elastische Feder, die wir in eine gezwungene Lage drücken und dann frei lassen, kehrt nicht bloß in den Zustand des Gleichgewichtes zurück, sondern geht ebenso weit über denselben hinaus nach der andern Seite, als wir sie zu Anfang von demselben entfernt hatten, und würde ihre Vibra- tionen ohne Aufhören fortsetzen, wenn nicht die Steifheit des Körpers diese Vibrationen bald verminderte. Wenn wir ein her- abhängendes Seil drehen, so gelangt es frei gelassen, nicht bloß in seinen natürlichen Zustand, sondern macht eine Drehung dar- über hinaus, die ein neues Rückwärtsdrehen zur Folge hat. Eben so verhält es sich beim Vibriren der Saiten, bei der Fortpflanzung des Schalles, beim Schwanken des Wassers in Röhren, bei der Bewegung der Wellen u. s. w.
Eigenschaften der Cycloide.
Eine zweite Bemerkung betrifft die Linie, auf welcher ein Körper fortgehen müßte, um große und kleine Bogen in gleichen Zeiten zu durchlaufen. Wenn wir ein Pendel beobachten, so finden wir keinen merklichen Unterschied in der Zeit der Pendel- schläge, die durchlaufenen Bogen mögen groß oder klein sein; indeß zeigt die Rechnung und selbst eine mit hinreichender Sorgfalt an- gestellte Beobachtung läßt es wahrnehmen, daß größere Bogen etwas längere Zeit fordern. Die Cycloide dagegen hat die Eigen-
Andre oſcillirende Bewegungen.
Ich gehe jetzt zu einigen andern, mit der Lehre vom Pendel in Verbindung ſtehenden Betrachtungen uͤber. Zuerſt mag eine kurze Erwaͤhnung anderer Faͤlle, wo eine Bewegung, der Pendel- bewegung aͤhnlich, eintritt, hier Platz finden. Bei der Bewe- gung des Pendels iſt zuerſt die Schwere thaͤtig, um den vom Zu- ſtande des Gleichgewichts entfernten Koͤrper zu dieſem Zuſtande zu- ruͤck zu fuͤhren, aber wenn ſie das Pendel in die dem Gleichge- wichte angemeſſene Lage gebracht hat, ſo fuͤhrt die erlangte Ge- ſchwindigkeit es uͤber den Zuſtand des Gleichgewichts hinaus, und ſo entſteht die wechſelnde Bewegung. Ein aͤhnliches Hinausgehen uͤber der Zuſtand des Gleichgewichtes, und eben deswegen eine oftmals wiederholte hin und her gehende Bewegung beobachten wir auch in vielen andern Faͤllen. Die elaſtiſche Feder, die wir in eine gezwungene Lage druͤcken und dann frei laſſen, kehrt nicht bloß in den Zuſtand des Gleichgewichtes zuruͤck, ſondern geht ebenſo weit uͤber denſelben hinaus nach der andern Seite, als wir ſie zu Anfang von demſelben entfernt hatten, und wuͤrde ihre Vibra- tionen ohne Aufhoͤren fortſetzen, wenn nicht die Steifheit des Koͤrpers dieſe Vibrationen bald verminderte. Wenn wir ein her- abhaͤngendes Seil drehen, ſo gelangt es frei gelaſſen, nicht bloß in ſeinen natuͤrlichen Zuſtand, ſondern macht eine Drehung dar- uͤber hinaus, die ein neues Ruͤckwaͤrtsdrehen zur Folge hat. Eben ſo verhaͤlt es ſich beim Vibriren der Saiten, bei der Fortpflanzung des Schalles, beim Schwanken des Waſſers in Roͤhren, bei der Bewegung der Wellen u. ſ. w.
Eigenſchaften der Cycloide.
Eine zweite Bemerkung betrifft die Linie, auf welcher ein Koͤrper fortgehen muͤßte, um große und kleine Bogen in gleichen Zeiten zu durchlaufen. Wenn wir ein Pendel beobachten, ſo finden wir keinen merklichen Unterſchied in der Zeit der Pendel- ſchlaͤge, die durchlaufenen Bogen moͤgen groß oder klein ſein; indeß zeigt die Rechnung und ſelbſt eine mit hinreichender Sorgfalt an- geſtellte Beobachtung laͤßt es wahrnehmen, daß groͤßere Bogen etwas laͤngere Zeit fordern. Die Cycloide dagegen hat die Eigen-
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Andre oſcillirende Bewegungen.
Ich gehe jetzt zu einigen andern, mit der Lehre vom Pendel
in Verbindung ſtehenden Betrachtungen uͤber. Zuerſt mag eine
kurze Erwaͤhnung anderer Faͤlle, wo eine Bewegung, der Pendel-
bewegung aͤhnlich, eintritt, hier Platz finden. Bei der Bewe-
gung des Pendels iſt zuerſt die Schwere thaͤtig, um den vom Zu-
ſtande des Gleichgewichts entfernten Koͤrper zu dieſem Zuſtande zu-
ruͤck zu fuͤhren, aber wenn ſie das Pendel in die dem Gleichge-
wichte angemeſſene Lage gebracht hat, ſo fuͤhrt die erlangte Ge-
ſchwindigkeit es uͤber den Zuſtand des Gleichgewichts hinaus, und
ſo entſteht die wechſelnde Bewegung. Ein aͤhnliches Hinausgehen
uͤber der Zuſtand des Gleichgewichtes, und eben deswegen eine
oftmals wiederholte hin und her gehende Bewegung beobachten
wir auch in vielen andern Faͤllen. Die elaſtiſche Feder, die wir
in eine gezwungene Lage druͤcken und dann frei laſſen, kehrt nicht
bloß in den Zuſtand des Gleichgewichtes zuruͤck, ſondern geht ebenſo
weit uͤber denſelben hinaus nach der andern Seite, als wir ſie zu
Anfang von demſelben entfernt hatten, und wuͤrde ihre Vibra-
tionen ohne Aufhoͤren fortſetzen, wenn nicht die Steifheit des
Koͤrpers dieſe Vibrationen bald verminderte. Wenn wir ein her-
abhaͤngendes Seil drehen, ſo gelangt es frei gelaſſen, nicht bloß
in ſeinen natuͤrlichen Zuſtand, ſondern macht eine Drehung dar-
uͤber hinaus, die ein neues Ruͤckwaͤrtsdrehen zur Folge hat. Eben
ſo verhaͤlt es ſich beim Vibriren der Saiten, bei der Fortpflanzung
des Schalles, beim Schwanken des Waſſers in Roͤhren, bei der
Bewegung der Wellen u. ſ. w.
Eigenſchaften der Cycloide.
Eine zweite Bemerkung betrifft die Linie, auf welcher ein
Koͤrper fortgehen muͤßte, um große und kleine Bogen in gleichen
Zeiten zu durchlaufen. Wenn wir ein Pendel beobachten, ſo
finden wir keinen merklichen Unterſchied in der Zeit der Pendel-
ſchlaͤge, die durchlaufenen Bogen moͤgen groß oder klein ſein; indeß
zeigt die Rechnung und ſelbſt eine mit hinreichender Sorgfalt an-
geſtellte Beobachtung laͤßt es wahrnehmen, daß groͤßere Bogen
etwas laͤngere Zeit fordern. Die Cycloide dagegen hat die Eigen-
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/134>, abgerufen am 25.11.2024.
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