Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

mente zu berichtigen, müssen so fein gearbeitet sein, daß sie noch
eine Abweichung des Niveaus von der horizontalen Lage zeigen,
wenn diese Abweichung auch nur eine Secunde beträgt.

Gleichgewicht verschiedenartiger Flüssigkeiten.

Wenn in zwei so verbundenen Röhren flüssige Körper von
ungleicher Dichtigkeit sich befinden, so stehen die Oberflächen nicht
gleich hoch. Man fülle die Röhren (Fig. 89.) bis an AB mit
Quecksilber, gieße nun aber bei E Wasser ein, so drückt dieses
freilich das Quecksilber herab und bringt es in der andern Röhre
zum Steigen; aber wenn die Quecksilberfläche D im andern
Schenkel um 1 Zoll über der Oberfläche des Quecksilbers in C
steht, so muß das Wasser in E bis ungefehr 14 Zoll über C hinauf
reichen. Die hohe Wassersäule von 14 Zollen hält also der 1
Zoll hohen Quecksilbersäule das Gleichgewicht. Wenn wir uns
vorstellen, wir begäben uns mit einer zweischenklichen Röhre,
deren einer Schenkel dem freien Zutritte des umgebenden Wassers
ausgesetzt wäre, unter Wasser, und richteten es so ein, daß das
Quecksilber im andern Schenkel gegen den Druck des Wassers ge-
sichert wäre, so könnten wir, wenn das Quecksilber bis an D, einen
Fuß hoch über C hinaufgetrieben wäre, schließen, daß wir uns 14 Fuß
tief unter der Oberfläche E des Wassers befänden. Auf ähnliche
Weise zeigt unser Barometer, wie hoch das Luftmeer, auf dessen
Boden wir uns befinden, über uns hinauf reicht.

Befinden sich verschiedene Flüssigkeiten, die sich nicht mischen,
in einem Gefäße, so ordnen sie sich in horizontale Schichten und die
schweren nehmen den untern Platz ein. Auf diesem Bestreben der
schwerern Flüssigkeiten, den untern Platz einzunehmen, beruht das
Experiment, welches man scherzhaft, die Kunst Wasser in Wein zu
verwandeln, zu nennen pflegt. Man bedient sich dabei eines Ge-
fäßes (Fig. 81.), dessen oberer Theil B mit dem gleich großen un-
tern A durch eine sehr enge Röhre C verbunden ist; der untere Theil
wird mit rothem Weine, der obere mit Wasser gefüllt. Wenn man
nun das Gefäß ganz ruhig stehen läßt, so steigt der leichtere Wein
durch die Röhre C hinauf, und dringt wie ein feiner Strom bis an
die Oberfläche des Wassers in B, wo sich eine nach und nach immer

mente zu berichtigen, muͤſſen ſo fein gearbeitet ſein, daß ſie noch
eine Abweichung des Niveaus von der horizontalen Lage zeigen,
wenn dieſe Abweichung auch nur eine Secunde betraͤgt.

Gleichgewicht verſchiedenartiger Fluͤſſigkeiten.

Wenn in zwei ſo verbundenen Roͤhren fluͤſſige Koͤrper von
ungleicher Dichtigkeit ſich befinden, ſo ſtehen die Oberflaͤchen nicht
gleich hoch. Man fuͤlle die Roͤhren (Fig. 89.) bis an AB mit
Queckſilber, gieße nun aber bei E Waſſer ein, ſo druͤckt dieſes
freilich das Queckſilber herab und bringt es in der andern Roͤhre
zum Steigen; aber wenn die Queckſilberflaͤche D im andern
Schenkel um 1 Zoll uͤber der Oberflaͤche des Queckſilbers in C
ſteht, ſo muß das Waſſer in E bis ungefehr 14 Zoll uͤber C hinauf
reichen. Die hohe Waſſerſaͤule von 14 Zollen haͤlt alſo der 1
Zoll hohen Queckſilberſaͤule das Gleichgewicht. Wenn wir uns
vorſtellen, wir begaͤben uns mit einer zweiſchenklichen Roͤhre,
deren einer Schenkel dem freien Zutritte des umgebenden Waſſers
ausgeſetzt waͤre, unter Waſſer, und richteten es ſo ein, daß das
Queckſilber im andern Schenkel gegen den Druck des Waſſers ge-
ſichert waͤre, ſo koͤnnten wir, wenn das Queckſilber bis an D, einen
Fuß hoch uͤber C hinaufgetrieben waͤre, ſchließen, daß wir uns 14 Fuß
tief unter der Oberflaͤche E des Waſſers befaͤnden. Auf aͤhnliche
Weiſe zeigt unſer Barometer, wie hoch das Luftmeer, auf deſſen
Boden wir uns befinden, uͤber uns hinauf reicht.

Befinden ſich verſchiedene Fluͤſſigkeiten, die ſich nicht miſchen,
in einem Gefaͤße, ſo ordnen ſie ſich in horizontale Schichten und die
ſchweren nehmen den untern Platz ein. Auf dieſem Beſtreben der
ſchwerern Fluͤſſigkeiten, den untern Platz einzunehmen, beruht das
Experiment, welches man ſcherzhaft, die Kunſt Waſſer in Wein zu
verwandeln, zu nennen pflegt. Man bedient ſich dabei eines Ge-
faͤßes (Fig. 81.), deſſen oberer Theil B mit dem gleich großen un-
tern A durch eine ſehr enge Roͤhre C verbunden iſt; der untere Theil
wird mit rothem Weine, der obere mit Waſſer gefuͤllt. Wenn man
nun das Gefaͤß ganz ruhig ſtehen laͤßt, ſo ſteigt der leichtere Wein
durch die Roͤhre C hinauf, und dringt wie ein feiner Strom bis an
die Oberflaͤche des Waſſers in B, wo ſich eine nach und nach immer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0160" n="138"/>
mente zu berichtigen, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;o fein gearbeitet &#x017F;ein, daß &#x017F;ie noch<lb/>
eine Abweichung des Niveaus von der horizontalen Lage zeigen,<lb/>
wenn die&#x017F;e Abweichung auch nur eine Secunde betra&#x0364;gt.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Gleichgewicht ver&#x017F;chiedenartiger Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeiten</hi>.</head><lb/>
          <p>Wenn in zwei &#x017F;o verbundenen Ro&#x0364;hren flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige Ko&#x0364;rper von<lb/>
ungleicher Dichtigkeit &#x017F;ich befinden, &#x017F;o &#x017F;tehen die Oberfla&#x0364;chen nicht<lb/>
gleich hoch. Man fu&#x0364;lle die Ro&#x0364;hren (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 89.</hi></hi>) bis an <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">AB</hi></hi> mit<lb/>
Queck&#x017F;ilber, gieße nun aber bei <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">E</hi></hi> Wa&#x017F;&#x017F;er ein, &#x017F;o dru&#x0364;ckt die&#x017F;es<lb/>
freilich das Queck&#x017F;ilber herab und bringt es in der andern Ro&#x0364;hre<lb/>
zum Steigen; aber wenn die Queck&#x017F;ilberfla&#x0364;che <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">D</hi></hi> im andern<lb/>
Schenkel um 1 Zoll u&#x0364;ber der Oberfla&#x0364;che des Queck&#x017F;ilbers in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">C</hi></hi><lb/>
&#x017F;teht, &#x017F;o muß das Wa&#x017F;&#x017F;er in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">E</hi></hi> bis ungefehr 14 Zoll u&#x0364;ber <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">C</hi></hi> hinauf<lb/>
reichen. Die hohe Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;a&#x0364;ule von 14 Zollen ha&#x0364;lt al&#x017F;o der 1<lb/>
Zoll hohen Queck&#x017F;ilber&#x017F;a&#x0364;ule das Gleichgewicht. Wenn wir uns<lb/>
vor&#x017F;tellen, wir bega&#x0364;ben uns mit einer zwei&#x017F;chenklichen Ro&#x0364;hre,<lb/>
deren einer Schenkel dem freien Zutritte des umgebenden Wa&#x017F;&#x017F;ers<lb/>
ausge&#x017F;etzt wa&#x0364;re, unter Wa&#x017F;&#x017F;er, und richteten es &#x017F;o ein, daß das<lb/>
Queck&#x017F;ilber im andern Schenkel gegen den Druck des Wa&#x017F;&#x017F;ers ge-<lb/>
&#x017F;ichert wa&#x0364;re, &#x017F;o ko&#x0364;nnten wir, wenn das Queck&#x017F;ilber bis an <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">D,</hi></hi> einen<lb/>
Fuß hoch u&#x0364;ber <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">C</hi></hi> hinaufgetrieben wa&#x0364;re, &#x017F;chließen, daß wir uns 14 Fuß<lb/>
tief unter der Oberfla&#x0364;che <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">E</hi></hi> des Wa&#x017F;&#x017F;ers befa&#x0364;nden. Auf a&#x0364;hnliche<lb/>
Wei&#x017F;e zeigt un&#x017F;er Barometer, wie hoch das Luftmeer, auf de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Boden wir uns befinden, u&#x0364;ber uns hinauf reicht.</p><lb/>
          <p>Befinden &#x017F;ich ver&#x017F;chiedene Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeiten, die &#x017F;ich nicht mi&#x017F;chen,<lb/>
in einem Gefa&#x0364;ße, &#x017F;o ordnen &#x017F;ie &#x017F;ich in horizontale Schichten und die<lb/>
&#x017F;chweren nehmen den untern Platz ein. Auf die&#x017F;em Be&#x017F;treben der<lb/>
&#x017F;chwerern Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeiten, den untern Platz einzunehmen, beruht das<lb/>
Experiment, welches man &#x017F;cherzhaft, die Kun&#x017F;t Wa&#x017F;&#x017F;er in Wein zu<lb/>
verwandeln, zu nennen pflegt. Man bedient &#x017F;ich dabei eines Ge-<lb/>
fa&#x0364;ßes (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 81.</hi></hi>), de&#x017F;&#x017F;en oberer Theil <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">B</hi></hi> mit dem gleich großen un-<lb/>
tern <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">A</hi></hi> durch eine &#x017F;ehr enge Ro&#x0364;hre <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">C</hi></hi> verbunden i&#x017F;t; der untere Theil<lb/>
wird mit rothem Weine, der obere mit Wa&#x017F;&#x017F;er gefu&#x0364;llt. Wenn man<lb/>
nun das Gefa&#x0364;ß ganz ruhig &#x017F;tehen la&#x0364;ßt, &#x017F;o &#x017F;teigt der leichtere Wein<lb/>
durch die Ro&#x0364;hre <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">C</hi></hi> hinauf, und dringt wie ein feiner Strom bis an<lb/>
die Oberfla&#x0364;che des Wa&#x017F;&#x017F;ers in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">B,</hi></hi> wo &#x017F;ich eine nach und nach immer<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0160] mente zu berichtigen, muͤſſen ſo fein gearbeitet ſein, daß ſie noch eine Abweichung des Niveaus von der horizontalen Lage zeigen, wenn dieſe Abweichung auch nur eine Secunde betraͤgt. Gleichgewicht verſchiedenartiger Fluͤſſigkeiten. Wenn in zwei ſo verbundenen Roͤhren fluͤſſige Koͤrper von ungleicher Dichtigkeit ſich befinden, ſo ſtehen die Oberflaͤchen nicht gleich hoch. Man fuͤlle die Roͤhren (Fig. 89.) bis an AB mit Queckſilber, gieße nun aber bei E Waſſer ein, ſo druͤckt dieſes freilich das Queckſilber herab und bringt es in der andern Roͤhre zum Steigen; aber wenn die Queckſilberflaͤche D im andern Schenkel um 1 Zoll uͤber der Oberflaͤche des Queckſilbers in C ſteht, ſo muß das Waſſer in E bis ungefehr 14 Zoll uͤber C hinauf reichen. Die hohe Waſſerſaͤule von 14 Zollen haͤlt alſo der 1 Zoll hohen Queckſilberſaͤule das Gleichgewicht. Wenn wir uns vorſtellen, wir begaͤben uns mit einer zweiſchenklichen Roͤhre, deren einer Schenkel dem freien Zutritte des umgebenden Waſſers ausgeſetzt waͤre, unter Waſſer, und richteten es ſo ein, daß das Queckſilber im andern Schenkel gegen den Druck des Waſſers ge- ſichert waͤre, ſo koͤnnten wir, wenn das Queckſilber bis an D, einen Fuß hoch uͤber C hinaufgetrieben waͤre, ſchließen, daß wir uns 14 Fuß tief unter der Oberflaͤche E des Waſſers befaͤnden. Auf aͤhnliche Weiſe zeigt unſer Barometer, wie hoch das Luftmeer, auf deſſen Boden wir uns befinden, uͤber uns hinauf reicht. Befinden ſich verſchiedene Fluͤſſigkeiten, die ſich nicht miſchen, in einem Gefaͤße, ſo ordnen ſie ſich in horizontale Schichten und die ſchweren nehmen den untern Platz ein. Auf dieſem Beſtreben der ſchwerern Fluͤſſigkeiten, den untern Platz einzunehmen, beruht das Experiment, welches man ſcherzhaft, die Kunſt Waſſer in Wein zu verwandeln, zu nennen pflegt. Man bedient ſich dabei eines Ge- faͤßes (Fig. 81.), deſſen oberer Theil B mit dem gleich großen un- tern A durch eine ſehr enge Roͤhre C verbunden iſt; der untere Theil wird mit rothem Weine, der obere mit Waſſer gefuͤllt. Wenn man nun das Gefaͤß ganz ruhig ſtehen laͤßt, ſo ſteigt der leichtere Wein durch die Roͤhre C hinauf, und dringt wie ein feiner Strom bis an die Oberflaͤche des Waſſers in B, wo ſich eine nach und nach immer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/160
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/160>, abgerufen am 24.11.2024.