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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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die der drückenden Wassersäule gleich ist. Diese Höhe wird zwar
nie ganz erreicht, aber offenbar nur deswegen nicht, weil der Wi-
derstand der Luft, der bei dem geringen specifischen Gewichte des
Wassers und bei der Zertrennung des Strahles in Tropfen sehr
erheblich ist, den Erfolg nicht ganz so statt finden läßt, wie er
ohne Einwirkung dieses Hindernisses sein sollte. Diese Erfahrung
giebt uns die Geschwindigkeit an, mit welcher das Wasser aus der
Oeffnung hervordringt; denn wir wissen, daß ein Körper, um,
aufwärts geworfen, eine gewisse Höhe zu erreichen, mit eben der
Geschwindigkeit geworfen werden muß, die er bei ebenso tiefem
freiem Falle erreicht hätte. Das Wasser dringt also aus einer Oeff-
nung mit derjenigen Geschwindigkeit, die ein Körper frei fallend
erlangt, wenn er von einer Höhe, der Höhe der drückenden Was-
sermasse gleich, herabfällt. Diese Regel läßt sich leicht auch da an-
wenden, wo es nicht eine Wassermasse allein, sondern wo es ein
fremder Druck ist, der das Wasser zum Springen bringt. Wenn
wir fordern, daß unsre Feuerspritzen das Wasser 80 Fuß hoch trei-
ben sollen, so müssen wir einen Druck, der 80 Fuß Wasserhöhe
gleich gilt, anwenden, um dies zu bewirken, und noch etwas mehr,
wegen der Verminderung der Sprunghöhe, die ich schon bemerkt
habe; diesen Druck lassen wir auf die Wasser-Oberfläche in dem
weiteren Cylinder der Feuerspritze wirken, und wenn dieser also
einen halben Quadratfuß Querschnitt hätte, so muß der Druck
der an der Spritze arbeitenden Menschen den Druck von 40 Cubic-
fuß Wasser ersetzen oder, durch einen längern Hebel-Arm gehörig
verstärkt, 2800 Pfund betragen. Damit der Strahl jene Höhe
erreiche, muß er mit einer Geschwindigkeit von beinahe 70 Fuß in
1 Secunde aus der Mündung der Röhre hervordringen, und man
kann daher der Röhre nur einen Querschnitt von einem halben
Quadratzoll geben, wenn der fortgedrückte Kolben in der weiten
Röhre einen halben Fuß in der Secunde durchläuft, denn die her-
vorgetriebne Wassermasse muß derjenigen gleich sein, die der fort-
geschobne Kolben aus der Stelle treibt. So übersehen Sie, wie
man über die Anordnung der Feuerspritze rechnen muß, um theils
die Höhe des Strahles, theils den Wasser-Aufwand so zu erhalten,
wie es die gegebenen Umstände fordern.


die der druͤckenden Waſſerſaͤule gleich iſt. Dieſe Hoͤhe wird zwar
nie ganz erreicht, aber offenbar nur deswegen nicht, weil der Wi-
derſtand der Luft, der bei dem geringen ſpecifiſchen Gewichte des
Waſſers und bei der Zertrennung des Strahles in Tropfen ſehr
erheblich iſt, den Erfolg nicht ganz ſo ſtatt finden laͤßt, wie er
ohne Einwirkung dieſes Hinderniſſes ſein ſollte. Dieſe Erfahrung
giebt uns die Geſchwindigkeit an, mit welcher das Waſſer aus der
Oeffnung hervordringt; denn wir wiſſen, daß ein Koͤrper, um,
aufwaͤrts geworfen, eine gewiſſe Hoͤhe zu erreichen, mit eben der
Geſchwindigkeit geworfen werden muß, die er bei ebenſo tiefem
freiem Falle erreicht haͤtte. Das Waſſer dringt alſo aus einer Oeff-
nung mit derjenigen Geſchwindigkeit, die ein Koͤrper frei fallend
erlangt, wenn er von einer Hoͤhe, der Hoͤhe der druͤckenden Waſ-
ſermaſſe gleich, herabfaͤllt. Dieſe Regel laͤßt ſich leicht auch da an-
wenden, wo es nicht eine Waſſermaſſe allein, ſondern wo es ein
fremder Druck iſt, der das Waſſer zum Springen bringt. Wenn
wir fordern, daß unſre Feuerſpritzen das Waſſer 80 Fuß hoch trei-
ben ſollen, ſo muͤſſen wir einen Druck, der 80 Fuß Waſſerhoͤhe
gleich gilt, anwenden, um dies zu bewirken, und noch etwas mehr,
wegen der Verminderung der Sprunghoͤhe, die ich ſchon bemerkt
habe; dieſen Druck laſſen wir auf die Waſſer-Oberflaͤche in dem
weiteren Cylinder der Feuerſpritze wirken, und wenn dieſer alſo
einen halben Quadratfuß Querſchnitt haͤtte, ſo muß der Druck
der an der Spritze arbeitenden Menſchen den Druck von 40 Cubic-
fuß Waſſer erſetzen oder, durch einen laͤngern Hebel-Arm gehoͤrig
verſtaͤrkt, 2800 Pfund betragen. Damit der Strahl jene Hoͤhe
erreiche, muß er mit einer Geſchwindigkeit von beinahe 70 Fuß in
1 Secunde aus der Muͤndung der Roͤhre hervordringen, und man
kann daher der Roͤhre nur einen Querſchnitt von einem halben
Quadratzoll geben, wenn der fortgedruͤckte Kolben in der weiten
Roͤhre einen halben Fuß in der Secunde durchlaͤuft, denn die her-
vorgetriebne Waſſermaſſe muß derjenigen gleich ſein, die der fort-
geſchobne Kolben aus der Stelle treibt. So uͤberſehen Sie, wie
man uͤber die Anordnung der Feuerſpritze rechnen muß, um theils
die Hoͤhe des Strahles, theils den Waſſer-Aufwand ſo zu erhalten,
wie es die gegebenen Umſtaͤnde fordern.


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[166/0188] die der druͤckenden Waſſerſaͤule gleich iſt. Dieſe Hoͤhe wird zwar nie ganz erreicht, aber offenbar nur deswegen nicht, weil der Wi- derſtand der Luft, der bei dem geringen ſpecifiſchen Gewichte des Waſſers und bei der Zertrennung des Strahles in Tropfen ſehr erheblich iſt, den Erfolg nicht ganz ſo ſtatt finden laͤßt, wie er ohne Einwirkung dieſes Hinderniſſes ſein ſollte. Dieſe Erfahrung giebt uns die Geſchwindigkeit an, mit welcher das Waſſer aus der Oeffnung hervordringt; denn wir wiſſen, daß ein Koͤrper, um, aufwaͤrts geworfen, eine gewiſſe Hoͤhe zu erreichen, mit eben der Geſchwindigkeit geworfen werden muß, die er bei ebenſo tiefem freiem Falle erreicht haͤtte. Das Waſſer dringt alſo aus einer Oeff- nung mit derjenigen Geſchwindigkeit, die ein Koͤrper frei fallend erlangt, wenn er von einer Hoͤhe, der Hoͤhe der druͤckenden Waſ- ſermaſſe gleich, herabfaͤllt. Dieſe Regel laͤßt ſich leicht auch da an- wenden, wo es nicht eine Waſſermaſſe allein, ſondern wo es ein fremder Druck iſt, der das Waſſer zum Springen bringt. Wenn wir fordern, daß unſre Feuerſpritzen das Waſſer 80 Fuß hoch trei- ben ſollen, ſo muͤſſen wir einen Druck, der 80 Fuß Waſſerhoͤhe gleich gilt, anwenden, um dies zu bewirken, und noch etwas mehr, wegen der Verminderung der Sprunghoͤhe, die ich ſchon bemerkt habe; dieſen Druck laſſen wir auf die Waſſer-Oberflaͤche in dem weiteren Cylinder der Feuerſpritze wirken, und wenn dieſer alſo einen halben Quadratfuß Querſchnitt haͤtte, ſo muß der Druck der an der Spritze arbeitenden Menſchen den Druck von 40 Cubic- fuß Waſſer erſetzen oder, durch einen laͤngern Hebel-Arm gehoͤrig verſtaͤrkt, 2800 Pfund betragen. Damit der Strahl jene Hoͤhe erreiche, muß er mit einer Geſchwindigkeit von beinahe 70 Fuß in 1 Secunde aus der Muͤndung der Roͤhre hervordringen, und man kann daher der Roͤhre nur einen Querſchnitt von einem halben Quadratzoll geben, wenn der fortgedruͤckte Kolben in der weiten Roͤhre einen halben Fuß in der Secunde durchlaͤuft, denn die her- vorgetriebne Waſſermaſſe muß derjenigen gleich ſein, die der fort- geſchobne Kolben aus der Stelle treibt. So uͤberſehen Sie, wie man uͤber die Anordnung der Feuerſpritze rechnen muß, um theils die Hoͤhe des Strahles, theils den Waſſer-Aufwand ſo zu erhalten, wie es die gegebenen Umſtaͤnde fordern.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/188>, abgerufen am 21.11.2024.