Querschnitt als die Größe der Oeffnung hat, und daß daher nur so viel Wasser ausfließt, als mit der vorhin gefundenen Geschwin- digkeit durch den verengerten Querschnitt a gehen kann. Wenn man ein Röhrchen an die Oeffnung ansetzt, so bewirkt die anzie- hende Kraft der Röhre, daß jene Zusammenziehung des Strahles größtentheils aufgehoben wird, und wenn man im Innern durch eine etwas erweiterte Einmündung nur diejenigen Wassertheilchen eintreten läßt, die bei der freien Bildung des Strahles seinen äußern Umfang bilden würden, so erhält man fast so viel Wasser, als nach Angabe der oben bestimmten Geschwindigkeit aus der ganzen Oeffnung fließen könnte. Im letzten Falle giebt dieselbe Oeffnung ungefehr anderthalb mal so viel Wasser, als bei der ein- fachen Oeffnung in einer sehr dünnen Platte. Durch ein sich nach außen erweiterndes Röhrchen wird die Menge des aus- fließenden Wassers noch mehr vergrößert, zumal wenn sie mit der eben erwähnten im Innern angebrachten Röhre verbunden ist.
Der hervordringende Wasserstrahl giebt uns in den uns täglich vorkommenden Fällen manche Veranlassung zu Fragen, warum er sich grade so darstellt. Wenn wir Wasser über den Rand eines Gefäßes ausgießen, so nimmt der etwas in die Breite ausgedehnte Strahl eine Gestalt an, die uns ungefehr wie schrau- benförmig gewunden vorkömmt; beobachten wir diese Gestalt aber genauer, so zeigt sich, daß der anfangs in der Richtung des Ge- fäßrandes breite Strahl durch die von den Seiten gegen die Mitte drängenden Theilchen sich in einiger Entfernung vom Ausguß geschmälert und in einer gegen die vorige Richtung senkrechten Richtung breiter zeigt, daß er weiter herabwärts seine breite Seite wieder dem Rande des Gefäßes parallel hat, und so ferner. Man sieht dies am besten, wenn man an einem Brunnen, wo die Ausflußmündung einen zwei oder dreimal so breiten als hohen Strahl giebt, das Auge auf einen vom obern Rande mehrere Zolle entfernten Theil des Strahles richtet. Stehen wir vor dem Brunnen, so daß oben der breite Strahl uns in seiner vollen Breite erscheint, so sehen wir ihn in 6 bis 8 Zoll Entfernung von oben als schmal, noch 6 bis 8 Zoll tiefer wieder als breit; und wenn wir uns dagegen auf die Seite stellen, so daß wir auf die schmale Seite des über den Rand des Ausgusses stürzenden
Querſchnitt als die Groͤße der Oeffnung hat, und daß daher nur ſo viel Waſſer ausfließt, als mit der vorhin gefundenen Geſchwin- digkeit durch den verengerten Querſchnitt a gehen kann. Wenn man ein Roͤhrchen an die Oeffnung anſetzt, ſo bewirkt die anzie- hende Kraft der Roͤhre, daß jene Zuſammenziehung des Strahles groͤßtentheils aufgehoben wird, und wenn man im Innern durch eine etwas erweiterte Einmuͤndung nur diejenigen Waſſertheilchen eintreten laͤßt, die bei der freien Bildung des Strahles ſeinen aͤußern Umfang bilden wuͤrden, ſo erhaͤlt man faſt ſo viel Waſſer, als nach Angabe der oben beſtimmten Geſchwindigkeit aus der ganzen Oeffnung fließen koͤnnte. Im letzten Falle giebt dieſelbe Oeffnung ungefehr anderthalb mal ſo viel Waſſer, als bei der ein- fachen Oeffnung in einer ſehr duͤnnen Platte. Durch ein ſich nach außen erweiterndes Roͤhrchen wird die Menge des aus- fließenden Waſſers noch mehr vergroͤßert, zumal wenn ſie mit der eben erwaͤhnten im Innern angebrachten Roͤhre verbunden iſt.
Der hervordringende Waſſerſtrahl giebt uns in den uns taͤglich vorkommenden Faͤllen manche Veranlaſſung zu Fragen, warum er ſich grade ſo darſtellt. Wenn wir Waſſer uͤber den Rand eines Gefaͤßes ausgießen, ſo nimmt der etwas in die Breite ausgedehnte Strahl eine Geſtalt an, die uns ungefehr wie ſchrau- benfoͤrmig gewunden vorkoͤmmt; beobachten wir dieſe Geſtalt aber genauer, ſo zeigt ſich, daß der anfangs in der Richtung des Ge- faͤßrandes breite Strahl durch die von den Seiten gegen die Mitte draͤngenden Theilchen ſich in einiger Entfernung vom Ausguß geſchmaͤlert und in einer gegen die vorige Richtung ſenkrechten Richtung breiter zeigt, daß er weiter herabwaͤrts ſeine breite Seite wieder dem Rande des Gefaͤßes parallel hat, und ſo ferner. Man ſieht dies am beſten, wenn man an einem Brunnen, wo die Ausflußmuͤndung einen zwei oder dreimal ſo breiten als hohen Strahl giebt, das Auge auf einen vom obern Rande mehrere Zolle entfernten Theil des Strahles richtet. Stehen wir vor dem Brunnen, ſo daß oben der breite Strahl uns in ſeiner vollen Breite erſcheint, ſo ſehen wir ihn in 6 bis 8 Zoll Entfernung von oben als ſchmal, noch 6 bis 8 Zoll tiefer wieder als breit; und wenn wir uns dagegen auf die Seite ſtellen, ſo daß wir auf die ſchmale Seite des uͤber den Rand des Ausguſſes ſtuͤrzenden
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Querſchnitt als die Groͤße der Oeffnung hat, und daß daher nur
ſo viel Waſſer ausfließt, als mit der vorhin gefundenen Geſchwin-
digkeit durch den verengerten Querſchnitt a gehen kann. Wenn
man ein Roͤhrchen an die Oeffnung anſetzt, ſo bewirkt die anzie-
hende Kraft der Roͤhre, daß jene Zuſammenziehung des Strahles
groͤßtentheils aufgehoben wird, und wenn man im Innern durch
eine etwas erweiterte Einmuͤndung nur diejenigen Waſſertheilchen
eintreten laͤßt, die bei der freien Bildung des Strahles ſeinen
aͤußern Umfang bilden wuͤrden, ſo erhaͤlt man faſt ſo viel Waſſer,
als nach Angabe der oben beſtimmten Geſchwindigkeit aus der
ganzen Oeffnung fließen koͤnnte. Im letzten Falle giebt dieſelbe
Oeffnung ungefehr anderthalb mal ſo viel Waſſer, als bei der ein-
fachen Oeffnung in einer ſehr duͤnnen Platte. Durch ein ſich
nach außen erweiterndes Roͤhrchen wird die Menge des aus-
fließenden Waſſers noch mehr vergroͤßert, zumal wenn ſie mit
der eben erwaͤhnten im Innern angebrachten Roͤhre verbunden iſt.
Der hervordringende Waſſerſtrahl giebt uns in den uns
taͤglich vorkommenden Faͤllen manche Veranlaſſung zu Fragen,
warum er ſich grade ſo darſtellt. Wenn wir Waſſer uͤber den
Rand eines Gefaͤßes ausgießen, ſo nimmt der etwas in die Breite
ausgedehnte Strahl eine Geſtalt an, die uns ungefehr wie ſchrau-
benfoͤrmig gewunden vorkoͤmmt; beobachten wir dieſe Geſtalt aber
genauer, ſo zeigt ſich, daß der anfangs in der Richtung des Ge-
faͤßrandes breite Strahl durch die von den Seiten gegen die
Mitte draͤngenden Theilchen ſich in einiger Entfernung vom Ausguß
geſchmaͤlert und in einer gegen die vorige Richtung ſenkrechten
Richtung breiter zeigt, daß er weiter herabwaͤrts ſeine breite Seite
wieder dem Rande des Gefaͤßes parallel hat, und ſo ferner.
Man ſieht dies am beſten, wenn man an einem Brunnen, wo
die Ausflußmuͤndung einen zwei oder dreimal ſo breiten als hohen
Strahl giebt, das Auge auf einen vom obern Rande mehrere
Zolle entfernten Theil des Strahles richtet. Stehen wir vor dem
Brunnen, ſo daß oben der breite Strahl uns in ſeiner vollen
Breite erſcheint, ſo ſehen wir ihn in 6 bis 8 Zoll Entfernung
von oben als ſchmal, noch 6 bis 8 Zoll tiefer wieder als breit;
und wenn wir uns dagegen auf die Seite ſtellen, ſo daß wir auf
die ſchmale Seite des uͤber den Rand des Ausguſſes ſtuͤrzenden
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/192>, abgerufen am 21.11.2024.
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