Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

lichster Nutzen der ist, daß sie die, sonst aus einander gehenden
Schallstrahlen der parallelen Richtung näher bringen. Kegelförmige
Sprachröhre scheinen diesen Zweck am einfachsten und besten zu er-
füllen. Da nämlich die Schallstrahlen, wie Wellen und wie Licht-
strahlen, unter eben dem Winkel zurückgeworfen werden, unter
welchem sie antreffen, so werden die vom Munde A aus seitwärts
nach B gehenden Schallwellen nach C und hier wieder nach CD
(Fig. 170.) zurückgeworfen, wobei sie eine immer mehr der Axe pa-
rallele Richtung erhalten, also sich weniger zerstreuen. Indeß sind
die Sprachröhre doch nur auf mäßige Entfernung brauchbar, zumal
da sie die Worte nie ganz deutlich in der Verstärkung hören lassen,
und das um so weniger, je mehr die Materie, woraus sie bestehen,
selbst mit in Schallschwingungen geräth.

Wenn der Schall sich nach der Richtung des Windes fort-
pflanzt, so ist seine Schnelligkeit ungefehr um so viel, als die Ge-
schwindigkeit des Windes beträgt, größer, dem Winde entgegen um
ebensoviel langsamer. Die Ferne, bis zu welcher man einen bestimm-
ten Schall hört, ist sehr ungleich. Bei Nacht ist der Schall, zwar
theils der großen Stille wegen, theils aber auch wegen der gleichför-
migern Dichtigkeit der Luft weiter hörbar *). -- Beim Sturme
geht selbst ein kurzer Schall in ein länger fortdauerndes Nachhallen
über. Es scheint, als ob dann die wellenförmig fortgeführten Luft-
theilchen, indem sie die empfangenen Schallvibrationen zu den be-
nachbarten Theilchen fortpflanzen, denselben Schall auf mehreren
längeren und kürzeren Wegen zum Ohre bringen, und dadurch, zum
Beispiel bei dem Klange einer Glocke, den bald wachsenden bald
wieder verhallenden Nachhall hervorbringen. Daß dabei zugleich in
der Richtung dem Winde entgegen der Schall sich nicht so weit fort-
pflanzen, nicht so weit hörbar sein kann, scheint mir begreiflich,
indem wenigstens diejenigen in Vibration gesetzten Theilchen, die
grade, indem sie vibriren, gegen die Erde oder gegen feste Körper
getrieben werden, den Schall nicht weiter fortpflanzen werden.
Unter günstigen Umständen und bei völliger Stille der Luft hört

*) Es scheint, daß die bei Tage in der Atmosphäre aufsteigenden
wärmeren Luftströme eine Ungleichförmigkeit hervorbringen, die der
Fortpflanzung des Schalles hinderlich ist.

lichſter Nutzen der iſt, daß ſie die, ſonſt aus einander gehenden
Schallſtrahlen der parallelen Richtung naͤher bringen. Kegelfoͤrmige
Sprachroͤhre ſcheinen dieſen Zweck am einfachſten und beſten zu er-
fuͤllen. Da naͤmlich die Schallſtrahlen, wie Wellen und wie Licht-
ſtrahlen, unter eben dem Winkel zuruͤckgeworfen werden, unter
welchem ſie antreffen, ſo werden die vom Munde A aus ſeitwaͤrts
nach B gehenden Schallwellen nach C und hier wieder nach CD
(Fig. 170.) zuruͤckgeworfen, wobei ſie eine immer mehr der Axe pa-
rallele Richtung erhalten, alſo ſich weniger zerſtreuen. Indeß ſind
die Sprachroͤhre doch nur auf maͤßige Entfernung brauchbar, zumal
da ſie die Worte nie ganz deutlich in der Verſtaͤrkung hoͤren laſſen,
und das um ſo weniger, je mehr die Materie, woraus ſie beſtehen,
ſelbſt mit in Schallſchwingungen geraͤth.

Wenn der Schall ſich nach der Richtung des Windes fort-
pflanzt, ſo iſt ſeine Schnelligkeit ungefehr um ſo viel, als die Ge-
ſchwindigkeit des Windes betraͤgt, groͤßer, dem Winde entgegen um
ebenſoviel langſamer. Die Ferne, bis zu welcher man einen beſtimm-
ten Schall hoͤrt, iſt ſehr ungleich. Bei Nacht iſt der Schall, zwar
theils der großen Stille wegen, theils aber auch wegen der gleichfoͤr-
migern Dichtigkeit der Luft weiter hoͤrbar *). — Beim Sturme
geht ſelbſt ein kurzer Schall in ein laͤnger fortdauerndes Nachhallen
uͤber. Es ſcheint, als ob dann die wellenfoͤrmig fortgefuͤhrten Luft-
theilchen, indem ſie die empfangenen Schallvibrationen zu den be-
nachbarten Theilchen fortpflanzen, denſelben Schall auf mehreren
laͤngeren und kuͤrzeren Wegen zum Ohre bringen, und dadurch, zum
Beiſpiel bei dem Klange einer Glocke, den bald wachſenden bald
wieder verhallenden Nachhall hervorbringen. Daß dabei zugleich in
der Richtung dem Winde entgegen der Schall ſich nicht ſo weit fort-
pflanzen, nicht ſo weit hoͤrbar ſein kann, ſcheint mir begreiflich,
indem wenigſtens diejenigen in Vibration geſetzten Theilchen, die
grade, indem ſie vibriren, gegen die Erde oder gegen feſte Koͤrper
getrieben werden, den Schall nicht weiter fortpflanzen werden.
Unter guͤnſtigen Umſtaͤnden und bei voͤlliger Stille der Luft hoͤrt

*) Es ſcheint, daß die bei Tage in der Atmoſphaͤre aufſteigenden
waͤrmeren Luftſtroͤme eine Ungleichfoͤrmigkeit hervorbringen, die der
Fortpflanzung des Schalles hinderlich iſt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0349" n="327"/>
lich&#x017F;ter Nutzen der i&#x017F;t, daß &#x017F;ie die, &#x017F;on&#x017F;t aus einander gehenden<lb/>
Schall&#x017F;trahlen der parallelen Richtung na&#x0364;her bringen. Kegelfo&#x0364;rmige<lb/>
Sprachro&#x0364;hre &#x017F;cheinen die&#x017F;en Zweck am einfach&#x017F;ten und be&#x017F;ten zu er-<lb/>
fu&#x0364;llen. Da na&#x0364;mlich die Schall&#x017F;trahlen, wie Wellen und wie Licht-<lb/>
&#x017F;trahlen, unter eben dem Winkel zuru&#x0364;ckgeworfen werden, unter<lb/>
welchem &#x017F;ie antreffen, &#x017F;o werden die vom Munde <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">A</hi></hi> aus &#x017F;eitwa&#x0364;rts<lb/>
nach <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">B</hi></hi> gehenden Schallwellen nach <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">C</hi></hi> und hier wieder nach <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">CD</hi></hi><lb/>
(<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 170.</hi></hi>) zuru&#x0364;ckgeworfen, wobei &#x017F;ie eine immer mehr der Axe pa-<lb/>
rallele Richtung erhalten, al&#x017F;o &#x017F;ich weniger zer&#x017F;treuen. Indeß &#x017F;ind<lb/>
die Sprachro&#x0364;hre doch nur auf ma&#x0364;ßige Entfernung brauchbar, zumal<lb/>
da &#x017F;ie die Worte nie ganz deutlich in der Ver&#x017F;ta&#x0364;rkung ho&#x0364;ren la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und das um &#x017F;o weniger, je mehr die Materie, woraus &#x017F;ie be&#x017F;tehen,<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t mit in Schall&#x017F;chwingungen gera&#x0364;th.</p><lb/>
          <p>Wenn der Schall &#x017F;ich nach der Richtung des Windes fort-<lb/>
pflanzt, &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;eine Schnelligkeit ungefehr um &#x017F;o viel, als die Ge-<lb/>
&#x017F;chwindigkeit des Windes betra&#x0364;gt, gro&#x0364;ßer, dem Winde entgegen um<lb/>
eben&#x017F;oviel lang&#x017F;amer. Die Ferne, bis zu welcher man einen be&#x017F;timm-<lb/>
ten Schall ho&#x0364;rt, i&#x017F;t &#x017F;ehr ungleich. Bei Nacht i&#x017F;t der Schall, zwar<lb/>
theils der großen Stille wegen, theils aber auch wegen der gleichfo&#x0364;r-<lb/>
migern Dichtigkeit der Luft weiter ho&#x0364;rbar <note place="foot" n="*)">Es &#x017F;cheint, daß die bei Tage in der Atmo&#x017F;pha&#x0364;re auf&#x017F;teigenden<lb/>
wa&#x0364;rmeren Luft&#x017F;tro&#x0364;me eine Ungleichfo&#x0364;rmigkeit hervorbringen, die der<lb/>
Fortpflanzung des Schalles hinderlich i&#x017F;t.</note>. &#x2014; Beim Sturme<lb/>
geht &#x017F;elb&#x017F;t ein kurzer Schall in ein la&#x0364;nger fortdauerndes Nachhallen<lb/>
u&#x0364;ber. Es &#x017F;cheint, als ob dann die wellenfo&#x0364;rmig fortgefu&#x0364;hrten Luft-<lb/>
theilchen, indem &#x017F;ie die empfangenen Schallvibrationen zu den be-<lb/>
nachbarten Theilchen fortpflanzen, den&#x017F;elben Schall auf mehreren<lb/>
la&#x0364;ngeren und ku&#x0364;rzeren Wegen zum Ohre bringen, und dadurch, zum<lb/>
Bei&#x017F;piel bei dem Klange einer Glocke, den bald wach&#x017F;enden bald<lb/>
wieder verhallenden Nachhall hervorbringen. Daß dabei zugleich in<lb/>
der Richtung dem Winde entgegen der Schall &#x017F;ich nicht &#x017F;o weit fort-<lb/>
pflanzen, nicht &#x017F;o weit ho&#x0364;rbar &#x017F;ein kann, &#x017F;cheint mir begreiflich,<lb/>
indem wenig&#x017F;tens diejenigen in Vibration ge&#x017F;etzten Theilchen, die<lb/>
grade, indem &#x017F;ie vibriren, gegen die Erde oder gegen fe&#x017F;te Ko&#x0364;rper<lb/>
getrieben werden, den Schall nicht weiter fortpflanzen werden.<lb/>
Unter gu&#x0364;n&#x017F;tigen Um&#x017F;ta&#x0364;nden und bei vo&#x0364;lliger Stille der Luft ho&#x0364;rt<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[327/0349] lichſter Nutzen der iſt, daß ſie die, ſonſt aus einander gehenden Schallſtrahlen der parallelen Richtung naͤher bringen. Kegelfoͤrmige Sprachroͤhre ſcheinen dieſen Zweck am einfachſten und beſten zu er- fuͤllen. Da naͤmlich die Schallſtrahlen, wie Wellen und wie Licht- ſtrahlen, unter eben dem Winkel zuruͤckgeworfen werden, unter welchem ſie antreffen, ſo werden die vom Munde A aus ſeitwaͤrts nach B gehenden Schallwellen nach C und hier wieder nach CD (Fig. 170.) zuruͤckgeworfen, wobei ſie eine immer mehr der Axe pa- rallele Richtung erhalten, alſo ſich weniger zerſtreuen. Indeß ſind die Sprachroͤhre doch nur auf maͤßige Entfernung brauchbar, zumal da ſie die Worte nie ganz deutlich in der Verſtaͤrkung hoͤren laſſen, und das um ſo weniger, je mehr die Materie, woraus ſie beſtehen, ſelbſt mit in Schallſchwingungen geraͤth. Wenn der Schall ſich nach der Richtung des Windes fort- pflanzt, ſo iſt ſeine Schnelligkeit ungefehr um ſo viel, als die Ge- ſchwindigkeit des Windes betraͤgt, groͤßer, dem Winde entgegen um ebenſoviel langſamer. Die Ferne, bis zu welcher man einen beſtimm- ten Schall hoͤrt, iſt ſehr ungleich. Bei Nacht iſt der Schall, zwar theils der großen Stille wegen, theils aber auch wegen der gleichfoͤr- migern Dichtigkeit der Luft weiter hoͤrbar *). — Beim Sturme geht ſelbſt ein kurzer Schall in ein laͤnger fortdauerndes Nachhallen uͤber. Es ſcheint, als ob dann die wellenfoͤrmig fortgefuͤhrten Luft- theilchen, indem ſie die empfangenen Schallvibrationen zu den be- nachbarten Theilchen fortpflanzen, denſelben Schall auf mehreren laͤngeren und kuͤrzeren Wegen zum Ohre bringen, und dadurch, zum Beiſpiel bei dem Klange einer Glocke, den bald wachſenden bald wieder verhallenden Nachhall hervorbringen. Daß dabei zugleich in der Richtung dem Winde entgegen der Schall ſich nicht ſo weit fort- pflanzen, nicht ſo weit hoͤrbar ſein kann, ſcheint mir begreiflich, indem wenigſtens diejenigen in Vibration geſetzten Theilchen, die grade, indem ſie vibriren, gegen die Erde oder gegen feſte Koͤrper getrieben werden, den Schall nicht weiter fortpflanzen werden. Unter guͤnſtigen Umſtaͤnden und bei voͤlliger Stille der Luft hoͤrt *) Es ſcheint, daß die bei Tage in der Atmoſphaͤre aufſteigenden waͤrmeren Luftſtroͤme eine Ungleichfoͤrmigkeit hervorbringen, die der Fortpflanzung des Schalles hinderlich iſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/349
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/349>, abgerufen am 24.11.2024.