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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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schallend ist. Wir fordern zwar, daß bei dem Bau hierauf Rücksicht ge-
nommen werde, aber dennoch tritt der Fall einer zu starken Resonanz
der Wände oft ein. Man mildert diese, wenn man die Wände mit
Tapeten, den Fußboden mit Decken belegt; daß aber zuweilen auch
durch einen zweckmäßig angelegten Schalldeckel der Zweck erreicht wird,
zeigt ein in einem englischen Journale erzählter Fall. In einer neu
erbauten Kirche, wo hinter der Kanzel ein elliptischer, oben gewölbter
Anbau einen unerträglichen Widerhall gab, der die auf der Canzel
gesprochenen Worte ganz unverständlich machte, brachte man einen
parabolischen Schalldeckel unmittelbar hinter dem Standpuncte des
Redners an. Dieser hielt die nach jenem Gewölbe zu gehenden Schall-
strahlen auf, und hinderte daher die nachtheilige Wirkung derselben,
zugleich aber war die Stimme des Redners nun deutlich und ver-
stärkt in der ganzen Kirche zu hören. Der Schalldeckel hatte näm-
lich die parabolische Form bed (Fig. 176) und der Mund des
Redners nahm ungefehr den Brennpunct a ein; da nun die Para-
bel die Eigenschaft hat, daß die von a ausgehenden und die Parabel
bed treffenden Schallstrahlen parallel zurückgeworfen werden und
die nahe bei e in g hervorgehenden Schallstrahlen sich sogar in der
Gegend von e vereinigen, so trugen die hinterwärts gehenden
Strahlen ac, ad, nun nach ef, dh, zurückgeworfen, bei, die
Worte in der Gegend e hörbarer zu machen. Wenn umgekehrt in
e leise gesprochen ward, so hörte man dies verstärkt in a, weil die
um e ausgehenden und in die Gegend b gelangenden
Schallstrahlen
in g gesammelt werden.

Interferenz bei der Fortpflanzung des Schalles.

Ehe ich zu dem letzten Gegenstande, den die Acustik uns ken-
nen lehren soll, zu dem Gehör-Organe und Stimm-Organe, über-
gehe, erlauben Sie mir noch, bei einigen einzelnen Erfahrungen zu
verweilen, denen ich im Vorigen keine so bestimmte Stelle anzuwei-
sen wußte. Unter diesen mag ein merkwürdiger Versuch, der sich
leicht mit der Stimmgabel anstellen läßt, zuerst erwähnt werden.
Wenn man die Stimmgabel ihren tiefsten Ton hervorbringen läßt,
und sie dann frei in der Luft nahe vor dem Ohre hält, so hört man
diesen Ton sehr deutlich, wenn man entweder die Richtung durch
beide Zinken ac grade gegen das Ohr zu, oder senkrecht gegen die

ſchallend iſt. Wir fordern zwar, daß bei dem Bau hierauf Ruͤckſicht ge-
nommen werde, aber dennoch tritt der Fall einer zu ſtarken Reſonanz
der Waͤnde oft ein. Man mildert dieſe, wenn man die Waͤnde mit
Tapeten, den Fußboden mit Decken belegt; daß aber zuweilen auch
durch einen zweckmaͤßig angelegten Schalldeckel der Zweck erreicht wird,
zeigt ein in einem engliſchen Journale erzaͤhlter Fall. In einer neu
erbauten Kirche, wo hinter der Kanzel ein elliptiſcher, oben gewoͤlbter
Anbau einen unertraͤglichen Widerhall gab, der die auf der Canzel
geſprochenen Worte ganz unverſtaͤndlich machte, brachte man einen
paraboliſchen Schalldeckel unmittelbar hinter dem Standpuncte des
Redners an. Dieſer hielt die nach jenem Gewoͤlbe zu gehenden Schall-
ſtrahlen auf, und hinderte daher die nachtheilige Wirkung derſelben,
zugleich aber war die Stimme des Redners nun deutlich und ver-
ſtaͤrkt in der ganzen Kirche zu hoͤren. Der Schalldeckel hatte naͤm-
lich die paraboliſche Form bed (Fig. 176) und der Mund des
Redners nahm ungefehr den Brennpunct a ein; da nun die Para-
bel die Eigenſchaft hat, daß die von a ausgehenden und die Parabel
bed treffenden Schallſtrahlen parallel zuruͤckgeworfen werden und
die nahe bei e in g hervorgehenden Schallſtrahlen ſich ſogar in der
Gegend von e vereinigen, ſo trugen die hinterwaͤrts gehenden
Strahlen ac, ad, nun nach ef, dh, zuruͤckgeworfen, bei, die
Worte in der Gegend e hoͤrbarer zu machen. Wenn umgekehrt in
e leiſe geſprochen ward, ſo hoͤrte man dies verſtaͤrkt in a, weil die
um e ausgehenden und in die Gegend b gelangenden
Schallſtrahlen
in g geſammelt werden.

Interferenz bei der Fortpflanzung des Schalles.

Ehe ich zu dem letzten Gegenſtande, den die Acuſtik uns ken-
nen lehren ſoll, zu dem Gehoͤr-Organe und Stimm-Organe, uͤber-
gehe, erlauben Sie mir noch, bei einigen einzelnen Erfahrungen zu
verweilen, denen ich im Vorigen keine ſo beſtimmte Stelle anzuwei-
ſen wußte. Unter dieſen mag ein merkwuͤrdiger Verſuch, der ſich
leicht mit der Stimmgabel anſtellen laͤßt, zuerſt erwaͤhnt werden.
Wenn man die Stimmgabel ihren tiefſten Ton hervorbringen laͤßt,
und ſie dann frei in der Luft nahe vor dem Ohre haͤlt, ſo hoͤrt man
dieſen Ton ſehr deutlich, wenn man entweder die Richtung durch
beide Zinken ac grade gegen das Ohr zu, oder ſenkrecht gegen die

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[351/0373] ſchallend iſt. Wir fordern zwar, daß bei dem Bau hierauf Ruͤckſicht ge- nommen werde, aber dennoch tritt der Fall einer zu ſtarken Reſonanz der Waͤnde oft ein. Man mildert dieſe, wenn man die Waͤnde mit Tapeten, den Fußboden mit Decken belegt; daß aber zuweilen auch durch einen zweckmaͤßig angelegten Schalldeckel der Zweck erreicht wird, zeigt ein in einem engliſchen Journale erzaͤhlter Fall. In einer neu erbauten Kirche, wo hinter der Kanzel ein elliptiſcher, oben gewoͤlbter Anbau einen unertraͤglichen Widerhall gab, der die auf der Canzel geſprochenen Worte ganz unverſtaͤndlich machte, brachte man einen paraboliſchen Schalldeckel unmittelbar hinter dem Standpuncte des Redners an. Dieſer hielt die nach jenem Gewoͤlbe zu gehenden Schall- ſtrahlen auf, und hinderte daher die nachtheilige Wirkung derſelben, zugleich aber war die Stimme des Redners nun deutlich und ver- ſtaͤrkt in der ganzen Kirche zu hoͤren. Der Schalldeckel hatte naͤm- lich die paraboliſche Form bed (Fig. 176) und der Mund des Redners nahm ungefehr den Brennpunct a ein; da nun die Para- bel die Eigenſchaft hat, daß die von a ausgehenden und die Parabel bed treffenden Schallſtrahlen parallel zuruͤckgeworfen werden und die nahe bei e in g hervorgehenden Schallſtrahlen ſich ſogar in der Gegend von e vereinigen, ſo trugen die hinterwaͤrts gehenden Strahlen ac, ad, nun nach ef, dh, zuruͤckgeworfen, bei, die Worte in der Gegend e hoͤrbarer zu machen. Wenn umgekehrt in e leiſe geſprochen ward, ſo hoͤrte man dies verſtaͤrkt in a, weil die um e ausgehenden und in die Gegend b gelangenden Schallſtrahlen in g geſammelt werden. Interferenz bei der Fortpflanzung des Schalles. Ehe ich zu dem letzten Gegenſtande, den die Acuſtik uns ken- nen lehren ſoll, zu dem Gehoͤr-Organe und Stimm-Organe, uͤber- gehe, erlauben Sie mir noch, bei einigen einzelnen Erfahrungen zu verweilen, denen ich im Vorigen keine ſo beſtimmte Stelle anzuwei- ſen wußte. Unter dieſen mag ein merkwuͤrdiger Verſuch, der ſich leicht mit der Stimmgabel anſtellen laͤßt, zuerſt erwaͤhnt werden. Wenn man die Stimmgabel ihren tiefſten Ton hervorbringen laͤßt, und ſie dann frei in der Luft nahe vor dem Ohre haͤlt, ſo hoͤrt man dieſen Ton ſehr deutlich, wenn man entweder die Richtung durch beide Zinken ac grade gegen das Ohr zu, oder ſenkrecht gegen die

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/373>, abgerufen am 26.11.2024.