bei den Zungen-Instrumenten ein völliges Schließen mit einem Wiederöffnen abwechsele, und eine solche Abwechselung hier nicht statt finde. Savart sucht daher die Behauptung zu beweisen, daß das Stimm-Organ mehr einer kurzen offenen Pfeife zu ver- gleichen sei, und zeigt durch Versuche, daß der Einwurf, welchen man hiegegen aus der Kürze der Röhre hergeleitet hat, sich wider- legen lasse. Allerdings nämlich wäre es auffallend, wie eine so kurze Röhre so tiefe Töne hervorbringen könnte, wenn diese Röhre von ganz festen Wänden umschlossen wäre; aber wenn man Röhren mit elastischen Wänden gebraucht, so hängt der Ton nicht mehr allein von der Länge der Luftsäule ab, sondern eben die Pfeife mit elastischen Wänden kann viel tiefere Töne angeben, als eine Pfeife mit festen Wänden und als der geringen Länge der Luftsäule gemäß ist. Aus Savart's Versuchen geht allerdings dieser größere Um- fang der Verschiedenheit der Töne hervor, und er zeigt sogar, daß man aus einem Instrumente, das aus elastischen Wänden, aus Pergament oder einer ähnlichen Materie, pyramidalisch gebildet, un- gefehr die wahre Größe des Stimm-Organes hat, alle Töne erhal- ten könne, deren die menschliche Stimme fähig ist. Daß dabei auch, wie bei dem Jägerflötchen, wo die Luft sehr schnell durch enge Oeffnungen hervorgetrieben wird, und wie bei dem Flöten mit den Lippen, die Schnelligkeit der hervorgetriebenen Luft Einfluß haben kann, ist überdies sehr glaublich.
Man darf daher wohl annehmen, daß beide Umstände einen Einfluß auf die Bestimmung des Tones haben, und ebenso gut der übrige Theil des Stimm-Organs, als die Ränder der Stimmritze darauf einwirken.
Diese Bestimmungen betreffen aber nur den Ton, nicht die Hervorbringung articulirter Laute, welche durch die Anordnung und Bewegung von Zunge, Lippen u. s. w. auf eine nicht so leicht zu erörternde Weise hervorgehen.
Die Untersuchungen, die man über die Mitwirkung jedes ein- zelnen Theiles der Sprach-Organe zum Ausprechen einzelner Buch- staben u. s. w. angestellt hat, gewähren den Vortheil, bei fehlerhaf- ten Sprach-Organen, der Anlage zum Stottern, bei der Schwie- rigkeit, die jemand findet, um gewisse Buchstaben auszusprechen,
bei den Zungen-Inſtrumenten ein voͤlliges Schließen mit einem Wiederoͤffnen abwechſele, und eine ſolche Abwechſelung hier nicht ſtatt finde. Savart ſucht daher die Behauptung zu beweiſen, daß das Stimm-Organ mehr einer kurzen offenen Pfeife zu ver- gleichen ſei, und zeigt durch Verſuche, daß der Einwurf, welchen man hiegegen aus der Kuͤrze der Roͤhre hergeleitet hat, ſich wider- legen laſſe. Allerdings naͤmlich waͤre es auffallend, wie eine ſo kurze Roͤhre ſo tiefe Toͤne hervorbringen koͤnnte, wenn dieſe Roͤhre von ganz feſten Waͤnden umſchloſſen waͤre; aber wenn man Roͤhren mit elaſtiſchen Waͤnden gebraucht, ſo haͤngt der Ton nicht mehr allein von der Laͤnge der Luftſaͤule ab, ſondern eben die Pfeife mit elaſtiſchen Waͤnden kann viel tiefere Toͤne angeben, als eine Pfeife mit feſten Waͤnden und als der geringen Laͤnge der Luftſaͤule gemaͤß iſt. Aus Savart's Verſuchen geht allerdings dieſer groͤßere Um- fang der Verſchiedenheit der Toͤne hervor, und er zeigt ſogar, daß man aus einem Inſtrumente, das aus elaſtiſchen Waͤnden, aus Pergament oder einer aͤhnlichen Materie, pyramidaliſch gebildet, un- gefehr die wahre Groͤße des Stimm-Organes hat, alle Toͤne erhal- ten koͤnne, deren die menſchliche Stimme faͤhig iſt. Daß dabei auch, wie bei dem Jaͤgerfloͤtchen, wo die Luft ſehr ſchnell durch enge Oeffnungen hervorgetrieben wird, und wie bei dem Floͤten mit den Lippen, die Schnelligkeit der hervorgetriebenen Luft Einfluß haben kann, iſt uͤberdies ſehr glaublich.
Man darf daher wohl annehmen, daß beide Umſtaͤnde einen Einfluß auf die Beſtimmung des Tones haben, und ebenſo gut der uͤbrige Theil des Stimm-Organs, als die Raͤnder der Stimmritze darauf einwirken.
Dieſe Beſtimmungen betreffen aber nur den Ton, nicht die Hervorbringung articulirter Laute, welche durch die Anordnung und Bewegung von Zunge, Lippen u. ſ. w. auf eine nicht ſo leicht zu eroͤrternde Weiſe hervorgehen.
Die Unterſuchungen, die man uͤber die Mitwirkung jedes ein- zelnen Theiles der Sprach-Organe zum Ausprechen einzelner Buch- ſtaben u. ſ. w. angeſtellt hat, gewaͤhren den Vortheil, bei fehlerhaf- ten Sprach-Organen, der Anlage zum Stottern, bei der Schwie- rigkeit, die jemand findet, um gewiſſe Buchſtaben auszuſprechen,
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bei den Zungen-Inſtrumenten ein voͤlliges Schließen mit einem
Wiederoͤffnen abwechſele, und eine ſolche Abwechſelung hier nicht
ſtatt finde. Savart ſucht daher die Behauptung zu beweiſen,
daß das Stimm-Organ mehr einer kurzen offenen Pfeife zu ver-
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man hiegegen aus der Kuͤrze der Roͤhre hergeleitet hat, ſich wider-
legen laſſe. Allerdings naͤmlich waͤre es auffallend, wie eine ſo
kurze Roͤhre ſo tiefe Toͤne hervorbringen koͤnnte, wenn dieſe Roͤhre
von ganz feſten Waͤnden umſchloſſen waͤre; aber wenn man Roͤhren
mit elaſtiſchen Waͤnden gebraucht, ſo haͤngt der Ton nicht mehr
allein von der Laͤnge der Luftſaͤule ab, ſondern eben die Pfeife mit
elaſtiſchen Waͤnden kann viel tiefere Toͤne angeben, als eine Pfeife
mit feſten Waͤnden und als der geringen Laͤnge der Luftſaͤule gemaͤß
iſt. Aus Savart's Verſuchen geht allerdings dieſer groͤßere Um-
fang der Verſchiedenheit der Toͤne hervor, und er zeigt ſogar, daß
man aus einem Inſtrumente, das aus elaſtiſchen Waͤnden, aus
Pergament oder einer aͤhnlichen Materie, pyramidaliſch gebildet, un-
gefehr die wahre Groͤße des Stimm-Organes hat, alle Toͤne erhal-
ten koͤnne, deren die menſchliche Stimme faͤhig iſt. Daß dabei
auch, wie bei dem Jaͤgerfloͤtchen, wo die Luft ſehr ſchnell durch enge
Oeffnungen hervorgetrieben wird, und wie bei dem Floͤten mit den
Lippen, die Schnelligkeit der hervorgetriebenen Luft Einfluß haben
kann, iſt uͤberdies ſehr glaublich.
Man darf daher wohl annehmen, daß beide Umſtaͤnde einen
Einfluß auf die Beſtimmung des Tones haben, und ebenſo gut der
uͤbrige Theil des Stimm-Organs, als die Raͤnder der Stimmritze
darauf einwirken.
Dieſe Beſtimmungen betreffen aber nur den Ton, nicht die
Hervorbringung articulirter Laute, welche durch die Anordnung und
Bewegung von Zunge, Lippen u. ſ. w. auf eine nicht ſo leicht zu
eroͤrternde Weiſe hervorgehen.
Die Unterſuchungen, die man uͤber die Mitwirkung jedes ein-
zelnen Theiles der Sprach-Organe zum Ausprechen einzelner Buch-
ſtaben u. ſ. w. angeſtellt hat, gewaͤhren den Vortheil, bei fehlerhaf-
ten Sprach-Organen, der Anlage zum Stottern, bei der Schwie-
rigkeit, die jemand findet, um gewiſſe Buchſtaben auszuſprechen,
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/379>, abgerufen am 27.11.2024.
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