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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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zurücksinken, das Gleichgewicht also sich herstellen; -- in diesem
Falle heißt das Gleichgewicht ein sicheres Gleichgewicht,
statt daß es im andern Falle ein unsicheres oder wanken-
des, leicht zerstörbares, heißen würde. Nach der Lage des Schwer-
punctes beurtheilen wir, ob ein Körper feststehe, Stabilität
besitze, oder nicht. Dem Körper ABCD (Fig. 40.) würden wir
keine Festigkeit in der Stellung zutrauen; denn da wir den
Schwerpunct am natürlichsten in der Mitte der Figur suchen,
in E, so glauben wir diesen ununterstützt zu sehen, indem die
Linie EF über die Grundfläche AB hinausfällt, und E unge-
hindert sinken kann. Indeß könnte ein ungleichförmiger Körper,
der unten aus Blei, oben aus Holz bestände, dennoch feststehen;
denn bei diesem würde der Schwerpunct tiefer, etwa in G liegen,
und wenn die durch G gezogene Verticallinie noch in die Grund-
fläche AB trifft, so hat der Körper keine Neigung umzustürzen.
Hierauf beruht das Feststehen und das Zurückkehren zur auf-
rechten Stellung bei den unten mit Blei beschwerten menschlichen
Figuren, mit welchen die Kinder sich zu belustigen pflegen; der
Schwerpunct liegt hier, da der obere Theil der Figur sehr leicht
ist, in der Bleihalbkugel, und er hat daher beim aufrechten Ste-
hen eine niedrigere Lage, als wenn man die Figur auf die Seite
legt. Der sehr sichere Stand einer Figur, die in der Hand einen
tief hinabreichenden, unten sehr beschwerten Stab trägt, läßt sich
ebenso erklären. Wenn die Kugel (Fig. 41.) D viel mehr als
die Figur BC wiegt, so würde der Schwerpunct nahe bei D,
etwa in E zu suchen sein, und dieser befindet sich bei der eintre-
tenden ruhigen Stellung vertical unter dem Puncte C, auf wel-
chem die Figur ruht; bringt man die Figur in die Stellung
Cb, so hebt man die Kugel nach d, und der Schwerpunct E
wird gehoben, er strebt also zu sinken und kehrt, da C immer in
demselben Puncte bleibt, in seine alte Stellung zurück. -- Nach
der Lage des Schwerpunctes beurtheilen wir, ob ein Mensch eine
gewisse Stellung annehmen kann. Wenn jemand zurückgelehnt
auf dem Stuhle sitzt, so kann er nicht aufstehen, ohne sich vor-
wärts zu bücken, denn der Schwerpunct muß erst bis über die
Füße hin vorrücken, ehe man sich vom Stuhle erheben kann.
Wenn ein Mann eine schwere Last auf dem Rücken trägt, so

zuruͤckſinken, das Gleichgewicht alſo ſich herſtellen; — in dieſem
Falle heißt das Gleichgewicht ein ſicheres Gleichgewicht,
ſtatt daß es im andern Falle ein unſicheres oder wanken-
des, leicht zerſtoͤrbares, heißen wuͤrde. Nach der Lage des Schwer-
punctes beurtheilen wir, ob ein Koͤrper feſtſtehe, Stabilitaͤt
beſitze, oder nicht. Dem Koͤrper ABCD (Fig. 40.) wuͤrden wir
keine Feſtigkeit in der Stellung zutrauen; denn da wir den
Schwerpunct am natuͤrlichſten in der Mitte der Figur ſuchen,
in E, ſo glauben wir dieſen ununterſtuͤtzt zu ſehen, indem die
Linie EF uͤber die Grundflaͤche AB hinausfaͤllt, und E unge-
hindert ſinken kann. Indeß koͤnnte ein ungleichfoͤrmiger Koͤrper,
der unten aus Blei, oben aus Holz beſtaͤnde, dennoch feſtſtehen;
denn bei dieſem wuͤrde der Schwerpunct tiefer, etwa in G liegen,
und wenn die durch G gezogene Verticallinie noch in die Grund-
flaͤche AB trifft, ſo hat der Koͤrper keine Neigung umzuſtuͤrzen.
Hierauf beruht das Feſtſtehen und das Zuruͤckkehren zur auf-
rechten Stellung bei den unten mit Blei beſchwerten menſchlichen
Figuren, mit welchen die Kinder ſich zu beluſtigen pflegen; der
Schwerpunct liegt hier, da der obere Theil der Figur ſehr leicht
iſt, in der Bleihalbkugel, und er hat daher beim aufrechten Ste-
hen eine niedrigere Lage, als wenn man die Figur auf die Seite
legt. Der ſehr ſichere Stand einer Figur, die in der Hand einen
tief hinabreichenden, unten ſehr beſchwerten Stab traͤgt, laͤßt ſich
ebenſo erklaͤren. Wenn die Kugel (Fig. 41.) D viel mehr als
die Figur BC wiegt, ſo wuͤrde der Schwerpunct nahe bei D,
etwa in E zu ſuchen ſein, und dieſer befindet ſich bei der eintre-
tenden ruhigen Stellung vertical unter dem Puncte C, auf wel-
chem die Figur ruht; bringt man die Figur in die Stellung
Cb, ſo hebt man die Kugel nach d, und der Schwerpunct E
wird gehoben, er ſtrebt alſo zu ſinken und kehrt, da C immer in
demſelben Puncte bleibt, in ſeine alte Stellung zuruͤck. — Nach
der Lage des Schwerpunctes beurtheilen wir, ob ein Menſch eine
gewiſſe Stellung annehmen kann. Wenn jemand zuruͤckgelehnt
auf dem Stuhle ſitzt, ſo kann er nicht aufſtehen, ohne ſich vor-
waͤrts zu buͤcken, denn der Schwerpunct muß erſt bis uͤber die
Fuͤße hin vorruͤcken, ehe man ſich vom Stuhle erheben kann.
Wenn ein Mann eine ſchwere Laſt auf dem Ruͤcken traͤgt, ſo

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[63/0085] zuruͤckſinken, das Gleichgewicht alſo ſich herſtellen; — in dieſem Falle heißt das Gleichgewicht ein ſicheres Gleichgewicht, ſtatt daß es im andern Falle ein unſicheres oder wanken- des, leicht zerſtoͤrbares, heißen wuͤrde. Nach der Lage des Schwer- punctes beurtheilen wir, ob ein Koͤrper feſtſtehe, Stabilitaͤt beſitze, oder nicht. Dem Koͤrper ABCD (Fig. 40.) wuͤrden wir keine Feſtigkeit in der Stellung zutrauen; denn da wir den Schwerpunct am natuͤrlichſten in der Mitte der Figur ſuchen, in E, ſo glauben wir dieſen ununterſtuͤtzt zu ſehen, indem die Linie EF uͤber die Grundflaͤche AB hinausfaͤllt, und E unge- hindert ſinken kann. Indeß koͤnnte ein ungleichfoͤrmiger Koͤrper, der unten aus Blei, oben aus Holz beſtaͤnde, dennoch feſtſtehen; denn bei dieſem wuͤrde der Schwerpunct tiefer, etwa in G liegen, und wenn die durch G gezogene Verticallinie noch in die Grund- flaͤche AB trifft, ſo hat der Koͤrper keine Neigung umzuſtuͤrzen. Hierauf beruht das Feſtſtehen und das Zuruͤckkehren zur auf- rechten Stellung bei den unten mit Blei beſchwerten menſchlichen Figuren, mit welchen die Kinder ſich zu beluſtigen pflegen; der Schwerpunct liegt hier, da der obere Theil der Figur ſehr leicht iſt, in der Bleihalbkugel, und er hat daher beim aufrechten Ste- hen eine niedrigere Lage, als wenn man die Figur auf die Seite legt. Der ſehr ſichere Stand einer Figur, die in der Hand einen tief hinabreichenden, unten ſehr beſchwerten Stab traͤgt, laͤßt ſich ebenſo erklaͤren. Wenn die Kugel (Fig. 41.) D viel mehr als die Figur BC wiegt, ſo wuͤrde der Schwerpunct nahe bei D, etwa in E zu ſuchen ſein, und dieſer befindet ſich bei der eintre- tenden ruhigen Stellung vertical unter dem Puncte C, auf wel- chem die Figur ruht; bringt man die Figur in die Stellung Cb, ſo hebt man die Kugel nach d, und der Schwerpunct E wird gehoben, er ſtrebt alſo zu ſinken und kehrt, da C immer in demſelben Puncte bleibt, in ſeine alte Stellung zuruͤck. — Nach der Lage des Schwerpunctes beurtheilen wir, ob ein Menſch eine gewiſſe Stellung annehmen kann. Wenn jemand zuruͤckgelehnt auf dem Stuhle ſitzt, ſo kann er nicht aufſtehen, ohne ſich vor- waͤrts zu buͤcken, denn der Schwerpunct muß erſt bis uͤber die Fuͤße hin vorruͤcken, ehe man ſich vom Stuhle erheben kann. Wenn ein Mann eine ſchwere Laſt auf dem Ruͤcken traͤgt, ſo

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/85>, abgerufen am 21.11.2024.