die Atmosphäre etwas blaues Licht verlohren haben, ist wohl nicht auffallend, da doch immer ein, gegen das gesammte Sonnenlicht, nur kleiner Antheil blauen Lichtes verlohren gegangen ist, also auch nur ein wenig merklicher Ueberfluß gelben Lichtes vorhanden sein kann. Am Abend aber beim Untergange der Sonne und am Mor- gen beim Aufgange der Sonne geht der Strahl so weit durch dich- tere Luftschichten fort, daß er einen bei der starken Schwächung des Lichtes sehr merklichen Ueberschuß an gelben und rothen Strah- len enthalten muß; daher erscheint uns dann die Sonne roth und auch die doch nie fehlenden Dünste zeigen sich roth oder orangefarben erleuchtet, der ganze Horizont glänzt in der Abendröthe. Stehen Wolken am Horizonte, so sind einige weißgelblich, andre orange- farben, andre dunkelroth glänzend; die ersteren sind die am höch- sten stehenden, die, wenn die Sonne tiefer unter den Horizont hinabsinkt, sich ebenfalls röthen, die aber, so lange sie die Strahlen noch nicht durch die tiefsten Luftschichten erhalten, noch von minder rothen Strahlen erleuchtet werden. Zuweilen stehen mitten zwischen den glänzenden Wolken dunkle, blaue Wolken; -- von diesen kann man wohl immer annehmen, daß sie im Schatten von Wolken, zu- weilen von Wolken, die unter unserm Horizonte sind, stehen, und bei genauer Aufmerksamkeit sieht man in manchen Fällen, daß die- ser Schatten bei tieferem Sinken der Sonne auf andre Wolken übergeht. Das dunkle Blau dieser Wolken muß daher rühren, daß sie das wenige Licht, welches sie zurücksenden, nur dem Blau des Himmels verdanken, indem keine directe Sonnenstrahlen auf sie fallen. Sind am Horizonte Wolken, dick genug, daß ihr eigner Schatten die Erleuchtung an der uns zugekehrten Seite hindert, so sehen wir sie dunkel mit rothem, purpurfarbenem Rande. Sehen wir die Berge im Glanze des Abendrothes, so erscheinen sie entwe- der völlig roth, wenn sie uns sonst weiß erschienen wären, oder violettlich, wenn ihr natürliches Blau sich mit dem Roth der Abend- röthe mischt; blau nämlich würden sie erscheinen, weil an der der Sonne gegenüber oder seitwärts liegenden Seite doch immer noch die zwischen dem Auge und dem Berge liegende Luft unter den von allen Seiten, vom blauen Himmel her, sie treffenden Strahlen, die blauen am besten zurückwirft, und daher der roth erleuchtete Berg gleichsam hinter einem blauen Schleier liegt.
die Atmoſphaͤre etwas blaues Licht verlohren haben, iſt wohl nicht auffallend, da doch immer ein, gegen das geſammte Sonnenlicht, nur kleiner Antheil blauen Lichtes verlohren gegangen iſt, alſo auch nur ein wenig merklicher Ueberfluß gelben Lichtes vorhanden ſein kann. Am Abend aber beim Untergange der Sonne und am Mor- gen beim Aufgange der Sonne geht der Strahl ſo weit durch dich- tere Luftſchichten fort, daß er einen bei der ſtarken Schwaͤchung des Lichtes ſehr merklichen Ueberſchuß an gelben und rothen Strah- len enthalten muß; daher erſcheint uns dann die Sonne roth und auch die doch nie fehlenden Duͤnſte zeigen ſich roth oder orangefarben erleuchtet, der ganze Horizont glaͤnzt in der Abendroͤthe. Stehen Wolken am Horizonte, ſo ſind einige weißgelblich, andre orange- farben, andre dunkelroth glaͤnzend; die erſteren ſind die am hoͤch- ſten ſtehenden, die, wenn die Sonne tiefer unter den Horizont hinabſinkt, ſich ebenfalls roͤthen, die aber, ſo lange ſie die Strahlen noch nicht durch die tiefſten Luftſchichten erhalten, noch von minder rothen Strahlen erleuchtet werden. Zuweilen ſtehen mitten zwiſchen den glaͤnzenden Wolken dunkle, blaue Wolken; — von dieſen kann man wohl immer annehmen, daß ſie im Schatten von Wolken, zu- weilen von Wolken, die unter unſerm Horizonte ſind, ſtehen, und bei genauer Aufmerkſamkeit ſieht man in manchen Faͤllen, daß die- ſer Schatten bei tieferem Sinken der Sonne auf andre Wolken uͤbergeht. Das dunkle Blau dieſer Wolken muß daher ruͤhren, daß ſie das wenige Licht, welches ſie zuruͤckſenden, nur dem Blau des Himmels verdanken, indem keine directe Sonnenſtrahlen auf ſie fallen. Sind am Horizonte Wolken, dick genug, daß ihr eigner Schatten die Erleuchtung an der uns zugekehrten Seite hindert, ſo ſehen wir ſie dunkel mit rothem, purpurfarbenem Rande. Sehen wir die Berge im Glanze des Abendrothes, ſo erſcheinen ſie entwe- der voͤllig roth, wenn ſie uns ſonſt weiß erſchienen waͤren, oder violettlich, wenn ihr natuͤrliches Blau ſich mit dem Roth der Abend- roͤthe miſcht; blau naͤmlich wuͤrden ſie erſcheinen, weil an der der Sonne gegenuͤber oder ſeitwaͤrts liegenden Seite doch immer noch die zwiſchen dem Auge und dem Berge liegende Luft unter den von allen Seiten, vom blauen Himmel her, ſie treffenden Strahlen, die blauen am beſten zuruͤckwirft, und daher der roth erleuchtete Berg gleichſam hinter einem blauen Schleier liegt.
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die Atmoſphaͤre etwas blaues Licht verlohren haben, iſt wohl nicht
auffallend, da doch immer ein, gegen das geſammte Sonnenlicht,
nur kleiner Antheil blauen Lichtes verlohren gegangen iſt, alſo auch
nur ein wenig merklicher Ueberfluß gelben Lichtes vorhanden ſein
kann. Am Abend aber beim Untergange der Sonne und am Mor-
gen beim Aufgange der Sonne geht der Strahl ſo weit durch dich-
tere Luftſchichten fort, daß er einen bei der ſtarken Schwaͤchung
des Lichtes ſehr merklichen Ueberſchuß an gelben und rothen Strah-
len enthalten muß; daher erſcheint uns dann die Sonne roth und
auch die doch nie fehlenden Duͤnſte zeigen ſich roth oder orangefarben
erleuchtet, der ganze Horizont glaͤnzt in der Abendroͤthe. Stehen
Wolken am Horizonte, ſo ſind einige weißgelblich, andre orange-
farben, andre dunkelroth glaͤnzend; die erſteren ſind die am hoͤch-
ſten ſtehenden, die, wenn die Sonne tiefer unter den Horizont
hinabſinkt, ſich ebenfalls roͤthen, die aber, ſo lange ſie die Strahlen
noch nicht durch die tiefſten Luftſchichten erhalten, noch von minder
rothen Strahlen erleuchtet werden. Zuweilen ſtehen mitten zwiſchen
den glaͤnzenden Wolken dunkle, blaue Wolken; — von dieſen kann
man wohl immer annehmen, daß ſie im Schatten von Wolken, zu-
weilen von Wolken, die unter unſerm Horizonte ſind, ſtehen, und
bei genauer Aufmerkſamkeit ſieht man in manchen Faͤllen, daß die-
ſer Schatten bei tieferem Sinken der Sonne auf andre Wolken
uͤbergeht. Das dunkle Blau dieſer Wolken muß daher ruͤhren, daß
ſie das wenige Licht, welches ſie zuruͤckſenden, nur dem Blau des
Himmels verdanken, indem keine directe Sonnenſtrahlen auf ſie
fallen. Sind am Horizonte Wolken, dick genug, daß ihr eigner
Schatten die Erleuchtung an der uns zugekehrten Seite hindert,
ſo ſehen wir ſie dunkel mit rothem, purpurfarbenem Rande. Sehen
wir die Berge im Glanze des Abendrothes, ſo erſcheinen ſie entwe-
der voͤllig roth, wenn ſie uns ſonſt weiß erſchienen waͤren, oder
violettlich, wenn ihr natuͤrliches Blau ſich mit dem Roth der Abend-
roͤthe miſcht; blau naͤmlich wuͤrden ſie erſcheinen, weil an der der
Sonne gegenuͤber oder ſeitwaͤrts liegenden Seite doch immer noch
die zwiſchen dem Auge und dem Berge liegende Luft unter den von
allen Seiten, vom blauen Himmel her, ſie treffenden Strahlen,
die blauen am beſten zuruͤckwirft, und daher der roth erleuchtete
Berg gleichſam hinter einem blauen Schleier liegt.
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/237>, abgerufen am 18.12.2024.
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