Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

freien Durchgang fände, indem dann seine schief auffallenden
Wellen dieser schiefen Richtung gemäß einwirken würden; aber
einen so ungehinderten Durchgang des Aethers durch die ganze Erde,
die, ihrer großen Masse und Dichtigkeit ungeachtet, als fast gar
kein Hinderniß für den Aether darbietend angesehen werden müßte,
kann man doch nicht wohl annehmen.

Der Unterschied zwischen durchsichtigen und undurchsichtigen
Körpern besteht nach dieser Theorie darin, daß in jenen die Vibra-
tionen des Aethers, von welchem alle Körper durchdrungen sind,
sich mit ungestörter Regelmäßigkeit, wenn gleich mit verschiedener
Schnelligkeit, fortpflanzen, in den undurchsichtigen hingegen eine
Störung der regelmäßigen Undulationen statt findet, wodurch
diese wenigstens bei weiterem Eindringen völlig vernichtet werden.

Erklärung der unregelmäßigen Zurückwerfung des
Lichtes nach dieser Theorie
.

Die Zurückwerfung des Lichtes läßt sich nach der Undulations-
theorie sehr vollständig erklären. Sehen wir zuerst auf die unregel-
mäßig von der Oberfläche der Körper zurückgeworfenen Lichtstrahlen,
so ist es vollkommen leicht begreiflich, daß die an diese Oberfläche
antreffenden Lichtwellen eine wegen der Ungleichheit der Oberfläche
unregelmäßige Zurückwerfung erleiden, daß also von jedem Puncte,
den die Lichtwelle trifft, neue Lichtwellen nach allen Richtungen
ausgehen, und so der erleuchtete Körper sich als ein Licht aus-
sendender zeigt. Je mehr seine Oberfläche geeignet ist, alle Licht-
wellen zurückzuwerfen, desto mehr Weiße werden wir ihm beilegen,
und kein Körper ist vollkommen weiß, keiner giebt das Licht mit
der völligen Intensität zurück, weil bei keinem die Vibrationen ganz
ungeschwächt von der Oberfläche zurückgegeben werden. Bei farbig
erscheinenden Körpern müssen wir annehmen, daß nur gewisse
Lichtwellen, diejenigen nämlich, die eine bestimmte Schnelligkeit der
Vibrationen haben, zurückgeworfen werden, und dieses ließe sich mit
der Eigenschaft tönender Körper vergleichen, die entweder bei der
Resonanz alle Töne zurückzugeben fähig sind, oder nur bei gewissen
Tönen, bei denen nämlich, die eine bestimmte Anzahl von Vibra-
tionen in bestimmter Zeit vollenden, zum Mittönen veranlaßt
werden, -- die erstern wären den weißen Körpern, die letzteren

freien Durchgang faͤnde, indem dann ſeine ſchief auffallenden
Wellen dieſer ſchiefen Richtung gemaͤß einwirken wuͤrden; aber
einen ſo ungehinderten Durchgang des Aethers durch die ganze Erde,
die, ihrer großen Maſſe und Dichtigkeit ungeachtet, als faſt gar
kein Hinderniß fuͤr den Aether darbietend angeſehen werden muͤßte,
kann man doch nicht wohl annehmen.

Der Unterſchied zwiſchen durchſichtigen und undurchſichtigen
Koͤrpern beſteht nach dieſer Theorie darin, daß in jenen die Vibra-
tionen des Aethers, von welchem alle Koͤrper durchdrungen ſind,
ſich mit ungeſtoͤrter Regelmaͤßigkeit, wenn gleich mit verſchiedener
Schnelligkeit, fortpflanzen, in den undurchſichtigen hingegen eine
Stoͤrung der regelmaͤßigen Undulationen ſtatt findet, wodurch
dieſe wenigſtens bei weiterem Eindringen voͤllig vernichtet werden.

Erklaͤrung der unregelmaͤßigen Zuruͤckwerfung des
Lichtes nach dieſer Theorie
.

Die Zuruͤckwerfung des Lichtes laͤßt ſich nach der Undulations-
theorie ſehr vollſtaͤndig erklaͤren. Sehen wir zuerſt auf die unregel-
maͤßig von der Oberflaͤche der Koͤrper zuruͤckgeworfenen Lichtſtrahlen,
ſo iſt es vollkommen leicht begreiflich, daß die an dieſe Oberflaͤche
antreffenden Lichtwellen eine wegen der Ungleichheit der Oberflaͤche
unregelmaͤßige Zuruͤckwerfung erleiden, daß alſo von jedem Puncte,
den die Lichtwelle trifft, neue Lichtwellen nach allen Richtungen
ausgehen, und ſo der erleuchtete Koͤrper ſich als ein Licht aus-
ſendender zeigt. Je mehr ſeine Oberflaͤche geeignet iſt, alle Licht-
wellen zuruͤckzuwerfen, deſto mehr Weiße werden wir ihm beilegen,
und kein Koͤrper iſt vollkommen weiß, keiner giebt das Licht mit
der voͤlligen Intenſitaͤt zuruͤck, weil bei keinem die Vibrationen ganz
ungeſchwaͤcht von der Oberflaͤche zuruͤckgegeben werden. Bei farbig
erſcheinenden Koͤrpern muͤſſen wir annehmen, daß nur gewiſſe
Lichtwellen, diejenigen naͤmlich, die eine beſtimmte Schnelligkeit der
Vibrationen haben, zuruͤckgeworfen werden, und dieſes ließe ſich mit
der Eigenſchaft toͤnender Koͤrper vergleichen, die entweder bei der
Reſonanz alle Toͤne zuruͤckzugeben faͤhig ſind, oder nur bei gewiſſen
Toͤnen, bei denen naͤmlich, die eine beſtimmte Anzahl von Vibra-
tionen in beſtimmter Zeit vollenden, zum Mittoͤnen veranlaßt
werden, — die erſtern waͤren den weißen Koͤrpern, die letzteren

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0262" n="248"/>
freien Durchgang                         fa&#x0364;nde, indem dann &#x017F;eine &#x017F;chief                         auffallenden<lb/>
Wellen die&#x017F;er &#x017F;chiefen Richtung                         gema&#x0364;ß einwirken wu&#x0364;rden; aber<lb/>
einen &#x017F;o                         ungehinderten Durchgang des Aethers durch die ganze Erde,<lb/>
die, ihrer                         großen Ma&#x017F;&#x017F;e und Dichtigkeit ungeachtet, als                         fa&#x017F;t gar<lb/>
kein Hinderniß fu&#x0364;r den Aether darbietend                         ange&#x017F;ehen werden mu&#x0364;ßte,<lb/>
kann man doch nicht wohl                         annehmen.</p><lb/>
          <p>Der Unter&#x017F;chied zwi&#x017F;chen durch&#x017F;ichtigen und                         undurch&#x017F;ichtigen<lb/>
Ko&#x0364;rpern be&#x017F;teht nach                         die&#x017F;er Theorie darin, daß in jenen die Vibra-<lb/>
tionen des                         Aethers, von welchem alle Ko&#x0364;rper durchdrungen                         &#x017F;ind,<lb/>
&#x017F;ich mit unge&#x017F;to&#x0364;rter                         Regelma&#x0364;ßigkeit, wenn gleich mit                         ver&#x017F;chiedener<lb/>
Schnelligkeit, fortpflanzen, in den                         undurch&#x017F;ichtigen hingegen eine<lb/>
Sto&#x0364;rung der                         regelma&#x0364;ßigen Undulationen &#x017F;tatt findet,                         wodurch<lb/>
die&#x017F;e wenig&#x017F;tens bei weiterem Eindringen                         vo&#x0364;llig vernichtet werden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Erkla&#x0364;rung der unregelma&#x0364;ßigen                             Zuru&#x0364;ckwerfung des<lb/>
Lichtes nach die&#x017F;er                             Theorie</hi>.</head><lb/>
          <p>Die Zuru&#x0364;ckwerfung des Lichtes la&#x0364;ßt &#x017F;ich                         nach der Undulations-<lb/>
theorie &#x017F;ehr                         voll&#x017F;ta&#x0364;ndig erkla&#x0364;ren. Sehen wir                         zuer&#x017F;t auf die unregel-<lb/>
ma&#x0364;ßig von der                         Oberfla&#x0364;che der Ko&#x0364;rper zuru&#x0364;ckgeworfenen                         Licht&#x017F;trahlen,<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t es vollkommen                         leicht begreiflich, daß die an die&#x017F;e                         Oberfla&#x0364;che<lb/>
antreffenden Lichtwellen eine wegen der                         Ungleichheit der Oberfla&#x0364;che<lb/>
unregelma&#x0364;ßige                         Zuru&#x0364;ckwerfung erleiden, daß al&#x017F;o von jedem                         Puncte,<lb/>
den die Lichtwelle trifft, neue Lichtwellen nach allen                         Richtungen<lb/>
ausgehen, und &#x017F;o der erleuchtete                         Ko&#x0364;rper &#x017F;ich als ein Licht                         aus-<lb/>
&#x017F;endender zeigt. Je mehr &#x017F;eine                         Oberfla&#x0364;che geeignet i&#x017F;t, alle Licht-<lb/>
wellen                         zuru&#x0364;ckzuwerfen, de&#x017F;to mehr Weiße werden wir ihm                         beilegen,<lb/>
und kein Ko&#x0364;rper i&#x017F;t vollkommen weiß,                         keiner giebt das Licht mit<lb/>
der vo&#x0364;lligen                         Inten&#x017F;ita&#x0364;t zuru&#x0364;ck, weil bei keinem die                         Vibrationen ganz<lb/>
unge&#x017F;chwa&#x0364;cht von der                         Oberfla&#x0364;che zuru&#x0364;ckgegeben werden. Bei                         farbig<lb/>
er&#x017F;cheinenden Ko&#x0364;rpern                         mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir annehmen, daß nur                         gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Lichtwellen, diejenigen                         na&#x0364;mlich, die eine be&#x017F;timmte Schnelligkeit                         der<lb/>
Vibrationen haben, zuru&#x0364;ckgeworfen werden, und                         die&#x017F;es ließe &#x017F;ich mit<lb/>
der Eigen&#x017F;chaft                         to&#x0364;nender Ko&#x0364;rper vergleichen, die entweder bei                         der<lb/>
Re&#x017F;onanz alle To&#x0364;ne zuru&#x0364;ckzugeben                         fa&#x0364;hig &#x017F;ind, oder nur bei                         gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
To&#x0364;nen, bei denen                         na&#x0364;mlich, die eine be&#x017F;timmte Anzahl von                         Vibra-<lb/>
tionen in be&#x017F;timmter Zeit vollenden, zum                         Mitto&#x0364;nen veranlaßt<lb/>
werden, &#x2014; die                         er&#x017F;tern wa&#x0364;ren den weißen Ko&#x0364;rpern, die                             letzteren<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0262] freien Durchgang faͤnde, indem dann ſeine ſchief auffallenden Wellen dieſer ſchiefen Richtung gemaͤß einwirken wuͤrden; aber einen ſo ungehinderten Durchgang des Aethers durch die ganze Erde, die, ihrer großen Maſſe und Dichtigkeit ungeachtet, als faſt gar kein Hinderniß fuͤr den Aether darbietend angeſehen werden muͤßte, kann man doch nicht wohl annehmen. Der Unterſchied zwiſchen durchſichtigen und undurchſichtigen Koͤrpern beſteht nach dieſer Theorie darin, daß in jenen die Vibra- tionen des Aethers, von welchem alle Koͤrper durchdrungen ſind, ſich mit ungeſtoͤrter Regelmaͤßigkeit, wenn gleich mit verſchiedener Schnelligkeit, fortpflanzen, in den undurchſichtigen hingegen eine Stoͤrung der regelmaͤßigen Undulationen ſtatt findet, wodurch dieſe wenigſtens bei weiterem Eindringen voͤllig vernichtet werden. Erklaͤrung der unregelmaͤßigen Zuruͤckwerfung des Lichtes nach dieſer Theorie. Die Zuruͤckwerfung des Lichtes laͤßt ſich nach der Undulations- theorie ſehr vollſtaͤndig erklaͤren. Sehen wir zuerſt auf die unregel- maͤßig von der Oberflaͤche der Koͤrper zuruͤckgeworfenen Lichtſtrahlen, ſo iſt es vollkommen leicht begreiflich, daß die an dieſe Oberflaͤche antreffenden Lichtwellen eine wegen der Ungleichheit der Oberflaͤche unregelmaͤßige Zuruͤckwerfung erleiden, daß alſo von jedem Puncte, den die Lichtwelle trifft, neue Lichtwellen nach allen Richtungen ausgehen, und ſo der erleuchtete Koͤrper ſich als ein Licht aus- ſendender zeigt. Je mehr ſeine Oberflaͤche geeignet iſt, alle Licht- wellen zuruͤckzuwerfen, deſto mehr Weiße werden wir ihm beilegen, und kein Koͤrper iſt vollkommen weiß, keiner giebt das Licht mit der voͤlligen Intenſitaͤt zuruͤck, weil bei keinem die Vibrationen ganz ungeſchwaͤcht von der Oberflaͤche zuruͤckgegeben werden. Bei farbig erſcheinenden Koͤrpern muͤſſen wir annehmen, daß nur gewiſſe Lichtwellen, diejenigen naͤmlich, die eine beſtimmte Schnelligkeit der Vibrationen haben, zuruͤckgeworfen werden, und dieſes ließe ſich mit der Eigenſchaft toͤnender Koͤrper vergleichen, die entweder bei der Reſonanz alle Toͤne zuruͤckzugeben faͤhig ſind, oder nur bei gewiſſen Toͤnen, bei denen naͤmlich, die eine beſtimmte Anzahl von Vibra- tionen in beſtimmter Zeit vollenden, zum Mittoͤnen veranlaßt werden, — die erſtern waͤren den weißen Koͤrpern, die letzteren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/262
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/262>, abgerufen am 21.11.2024.