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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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dem Brennpuncte, ehe sie vereinigt wurden, thaten; nach Kater
findet man jene Erleuchtung schwächer.

Gesetze der Brechung.

Ich komme nun zu der Erklärung der Brechung, die bis auf
einen gewissen Punct auch keine Schwierigkeit findet, allerdings
aber in Beziehung auf die Farbenzerstreuung sich nicht auf eine in
die Undulationstheorie passende Weise durchführen läßt. Diese
Schwierigkeit wollen wir zuerst noch aus den Augen lassen.

Die Undulationstheorie fängt ihre Erklärung der Brechung
mit der schon angeführten Bemerkung an, daß der Aether zwar in
allen Körpern vorhanden ist, aber nicht in allen gleiche specifische
Elasticität besitzt. Diese ist geringer in den Körpern, die das Licht
stärker brechen, und da an den Grenzen zweier Körper offenbar die
absolute Elasticität des Aethers oder der von ihm ausgeübte Druck,
gleich sein muß, indem er sonst aus dem einen in den andern hin-
übergehen würde, so muß der Aether in den dichteren Körpern dich-
ter bei gleicher Spannkraft sein, und das eben ist es, was wir ge-
ringere specifische Elasticität (geringere Elasticität bei gleicher Dich-
tigkeit,) nennen. Das Licht pflanzt sich also in den dichteren oder
in den einen dichteren Aether enthaltenden Körpern langsamer fort,
so wie der Schall sich in kohlensaurer Luft langsamer als in Wasser-
stoffgas fortpflanzt. Es scheint auffallend, daß die beiden Theorieen
in einem so wichtigen Puncte uneinig sind, indem die eine dem
Lichte eine schnellere Fortpflanzung in den stärker brechenden Kör-
pern beilegt, die andre eine langsamere; gleichwohl ist dieser Ge-
gensatz ganz folgerecht in der Natur dieser Theorieen begründet, und
es läßt sich durch keine der bis jetzt erklärten Erscheinungen eine
Entscheidung für die eine oder die andre Ansicht finden. Jener
Voraussetzung gemäß also nehmen wir an, daß die in den stärker
brechenden Körper eintretende Lichtwelle innerhalb desselben langsa-
mer als vor dem Eintritte fortschreitet, und wollen nun sehen, wie
sich der gesammte Eindruck der eingetretenen Lichtwellen zeigen wird.
Um die Folgerungen leichter zu übersehen, nehme ich die Lichtwellen
als von einem sehr entfernten Puncte kommend an, damit die
kleinen Theile derselben AB, CD, EF, GH (Fig. 114.) als
grade Linien, als unmerklich gekrümmte Bogen sehr großer Kreise,

dem Brennpuncte, ehe ſie vereinigt wurden, thaten; nach Kater
findet man jene Erleuchtung ſchwaͤcher.

Geſetze der Brechung.

Ich komme nun zu der Erklaͤrung der Brechung, die bis auf
einen gewiſſen Punct auch keine Schwierigkeit findet, allerdings
aber in Beziehung auf die Farbenzerſtreuung ſich nicht auf eine in
die Undulationstheorie paſſende Weiſe durchfuͤhren laͤßt. Dieſe
Schwierigkeit wollen wir zuerſt noch aus den Augen laſſen.

Die Undulationstheorie faͤngt ihre Erklaͤrung der Brechung
mit der ſchon angefuͤhrten Bemerkung an, daß der Aether zwar in
allen Koͤrpern vorhanden iſt, aber nicht in allen gleiche ſpecifiſche
Elaſticitaͤt beſitzt. Dieſe iſt geringer in den Koͤrpern, die das Licht
ſtaͤrker brechen, und da an den Grenzen zweier Koͤrper offenbar die
abſolute Elaſticitaͤt des Aethers oder der von ihm ausgeuͤbte Druck,
gleich ſein muß, indem er ſonſt aus dem einen in den andern hin-
uͤbergehen wuͤrde, ſo muß der Aether in den dichteren Koͤrpern dich-
ter bei gleicher Spannkraft ſein, und das eben iſt es, was wir ge-
ringere ſpecifiſche Elaſticitaͤt (geringere Elaſticitaͤt bei gleicher Dich-
tigkeit,) nennen. Das Licht pflanzt ſich alſo in den dichteren oder
in den einen dichteren Aether enthaltenden Koͤrpern langſamer fort,
ſo wie der Schall ſich in kohlenſaurer Luft langſamer als in Waſſer-
ſtoffgas fortpflanzt. Es ſcheint auffallend, daß die beiden Theorieen
in einem ſo wichtigen Puncte uneinig ſind, indem die eine dem
Lichte eine ſchnellere Fortpflanzung in den ſtaͤrker brechenden Koͤr-
pern beilegt, die andre eine langſamere; gleichwohl iſt dieſer Ge-
genſatz ganz folgerecht in der Natur dieſer Theorieen begruͤndet, und
es laͤßt ſich durch keine der bis jetzt erklaͤrten Erſcheinungen eine
Entſcheidung fuͤr die eine oder die andre Anſicht finden. Jener
Vorausſetzung gemaͤß alſo nehmen wir an, daß die in den ſtaͤrker
brechenden Koͤrper eintretende Lichtwelle innerhalb deſſelben langſa-
mer als vor dem Eintritte fortſchreitet, und wollen nun ſehen, wie
ſich der geſammte Eindruck der eingetretenen Lichtwellen zeigen wird.
Um die Folgerungen leichter zu uͤberſehen, nehme ich die Lichtwellen
als von einem ſehr entfernten Puncte kommend an, damit die
kleinen Theile derſelben AB, CD, EF, GH (Fig. 114.) als
grade Linien, als unmerklich gekruͤmmte Bogen ſehr großer Kreiſe,

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[253/0267] dem Brennpuncte, ehe ſie vereinigt wurden, thaten; nach Kater findet man jene Erleuchtung ſchwaͤcher. Geſetze der Brechung. Ich komme nun zu der Erklaͤrung der Brechung, die bis auf einen gewiſſen Punct auch keine Schwierigkeit findet, allerdings aber in Beziehung auf die Farbenzerſtreuung ſich nicht auf eine in die Undulationstheorie paſſende Weiſe durchfuͤhren laͤßt. Dieſe Schwierigkeit wollen wir zuerſt noch aus den Augen laſſen. Die Undulationstheorie faͤngt ihre Erklaͤrung der Brechung mit der ſchon angefuͤhrten Bemerkung an, daß der Aether zwar in allen Koͤrpern vorhanden iſt, aber nicht in allen gleiche ſpecifiſche Elaſticitaͤt beſitzt. Dieſe iſt geringer in den Koͤrpern, die das Licht ſtaͤrker brechen, und da an den Grenzen zweier Koͤrper offenbar die abſolute Elaſticitaͤt des Aethers oder der von ihm ausgeuͤbte Druck, gleich ſein muß, indem er ſonſt aus dem einen in den andern hin- uͤbergehen wuͤrde, ſo muß der Aether in den dichteren Koͤrpern dich- ter bei gleicher Spannkraft ſein, und das eben iſt es, was wir ge- ringere ſpecifiſche Elaſticitaͤt (geringere Elaſticitaͤt bei gleicher Dich- tigkeit,) nennen. Das Licht pflanzt ſich alſo in den dichteren oder in den einen dichteren Aether enthaltenden Koͤrpern langſamer fort, ſo wie der Schall ſich in kohlenſaurer Luft langſamer als in Waſſer- ſtoffgas fortpflanzt. Es ſcheint auffallend, daß die beiden Theorieen in einem ſo wichtigen Puncte uneinig ſind, indem die eine dem Lichte eine ſchnellere Fortpflanzung in den ſtaͤrker brechenden Koͤr- pern beilegt, die andre eine langſamere; gleichwohl iſt dieſer Ge- genſatz ganz folgerecht in der Natur dieſer Theorieen begruͤndet, und es laͤßt ſich durch keine der bis jetzt erklaͤrten Erſcheinungen eine Entſcheidung fuͤr die eine oder die andre Anſicht finden. Jener Vorausſetzung gemaͤß alſo nehmen wir an, daß die in den ſtaͤrker brechenden Koͤrper eintretende Lichtwelle innerhalb deſſelben langſa- mer als vor dem Eintritte fortſchreitet, und wollen nun ſehen, wie ſich der geſammte Eindruck der eingetretenen Lichtwellen zeigen wird. Um die Folgerungen leichter zu uͤberſehen, nehme ich die Lichtwellen als von einem ſehr entfernten Puncte kommend an, damit die kleinen Theile derſelben AB, CD, EF, GH (Fig. 114.) als grade Linien, als unmerklich gekruͤmmte Bogen ſehr großer Kreiſe,

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/267>, abgerufen am 21.11.2024.