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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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Daß an jeder Oberfläche, wo die Lichtwelle in ein neues
Medium eindringt, sich zugleich eine reflectirte Welle bildet, wissen
Sie. Da wo so sehr nahe an einander zwei zurückgehende Wellen
an zwei nur um wenige Milliontel eines Zolles von einander ent-
fernten Oberflächen entstehen, da kann diese Verstärkung sowohl als
diese Auslöschung sichtbar werden, und die Erklärung der Farben-
ringe liegt hier sehr nahe. Aber ehe wir weiter gehen, muß ich eine
Bemerkung angeben, auf welche hier die Theorie der Wellenbewe-
gung führt. Allerdings entsteht allemal eine zurückgehende Welle
sowohl da, wo die Lichtwelle in ein dünneres Medium, als da, wo
sie in ein dichteres Medium eintritt, jedoch mit dem Unterschiede,
daß im einen Falle eine halbe Undulationsphase verlohren geht.
Beim Uebergange in einen dünneren Körper fängt die zurückgehende
Welle erst an, nachdem die herankommende ein wenig in den
dünneren Körper eingedrungen ist, und obgleich es nicht strenge
nachzuweisen ist, daß dabei ganz genau eine halbe Undulation, eine
halbe Wellenlänge, verlohren geht, so scheint doch die Erfahrung
für diese genau halbe Wellenlänge zu entscheiden. Nehmen wir
dieses an, so entsteht erstlich eine Interferenz da, wo beide Ober-
flächen der dünnen Luftschichte einander so nahe sind, daß ihr Ab-
stand selbst gegen die geringe Länge einer Lichtwelle unbedeutend ist;
denn hier geht an der ersten Fläche die Welle, die sich um eine halbe
Undulation verändert hat, und an der zweiten die unveränderte
Welle zurück; war also der antreffende Theil der Welle ein ver-
dichteter, so geht dort ein verdünnter, hier ein verdichteter zurück,
und weil diese sich gänzlich ausgleichen, so geht gar keine Erleuchtung
bewirkende Lichtwelle zurück, indem bei dem antreffenden verdün-
nenden Wellentheile und so bei jedem einzelnen Theile der Welle
die beiden neu entstehenden Wellen sich ebenso zerstören; -- da
also, wo die Glasflächen einander berühren, erhält das Auge kein
zurückgeworfenes Licht, weil die zwei Wellen sich zerstören; das
durchgelassene Licht, welches vermöge der eindringenden Welle ent-
steht, leidet dabei nur eine geringe Schwächung. Zweitens: da,
wo die Luftschichte die Dicke einer Viertelwellenlänge hat, entsteht
ein verstärktes reflectirtes Licht. Um dies deutlich zu übersehen,
wollen wir die Wellenlänge in vier Theile zerlegen, und die Grenze
derselben als den am meisten verdichteten, mittlern, am meisten

Daß an jeder Oberflaͤche, wo die Lichtwelle in ein neues
Medium eindringt, ſich zugleich eine reflectirte Welle bildet, wiſſen
Sie. Da wo ſo ſehr nahe an einander zwei zuruͤckgehende Wellen
an zwei nur um wenige Milliontel eines Zolles von einander ent-
fernten Oberflaͤchen entſtehen, da kann dieſe Verſtaͤrkung ſowohl als
dieſe Ausloͤſchung ſichtbar werden, und die Erklaͤrung der Farben-
ringe liegt hier ſehr nahe. Aber ehe wir weiter gehen, muß ich eine
Bemerkung angeben, auf welche hier die Theorie der Wellenbewe-
gung fuͤhrt. Allerdings entſteht allemal eine zuruͤckgehende Welle
ſowohl da, wo die Lichtwelle in ein duͤnneres Medium, als da, wo
ſie in ein dichteres Medium eintritt, jedoch mit dem Unterſchiede,
daß im einen Falle eine halbe Undulationsphaſe verlohren geht.
Beim Uebergange in einen duͤnneren Koͤrper faͤngt die zuruͤckgehende
Welle erſt an, nachdem die herankommende ein wenig in den
duͤnneren Koͤrper eingedrungen iſt, und obgleich es nicht ſtrenge
nachzuweiſen iſt, daß dabei ganz genau eine halbe Undulation, eine
halbe Wellenlaͤnge, verlohren geht, ſo ſcheint doch die Erfahrung
fuͤr dieſe genau halbe Wellenlaͤnge zu entſcheiden. Nehmen wir
dieſes an, ſo entſteht erſtlich eine Interferenz da, wo beide Ober-
flaͤchen der duͤnnen Luftſchichte einander ſo nahe ſind, daß ihr Ab-
ſtand ſelbſt gegen die geringe Laͤnge einer Lichtwelle unbedeutend iſt;
denn hier geht an der erſten Flaͤche die Welle, die ſich um eine halbe
Undulation veraͤndert hat, und an der zweiten die unveraͤnderte
Welle zuruͤck; war alſo der antreffende Theil der Welle ein ver-
dichteter, ſo geht dort ein verduͤnnter, hier ein verdichteter zuruͤck,
und weil dieſe ſich gaͤnzlich ausgleichen, ſo geht gar keine Erleuchtung
bewirkende Lichtwelle zuruͤck, indem bei dem antreffenden verduͤn-
nenden Wellentheile und ſo bei jedem einzelnen Theile der Welle
die beiden neu entſtehenden Wellen ſich ebenſo zerſtoͤren; — da
alſo, wo die Glasflaͤchen einander beruͤhren, erhaͤlt das Auge kein
zuruͤckgeworfenes Licht, weil die zwei Wellen ſich zerſtoͤren; das
durchgelaſſene Licht, welches vermoͤge der eindringenden Welle ent-
ſteht, leidet dabei nur eine geringe Schwaͤchung. Zweitens: da,
wo die Luftſchichte die Dicke einer Viertelwellenlaͤnge hat, entſteht
ein verſtaͤrktes reflectirtes Licht. Um dies deutlich zu uͤberſehen,
wollen wir die Wellenlaͤnge in vier Theile zerlegen, und die Grenze
derſelben als den am meiſten verdichteten, mittlern, am meiſten

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[271/0285] Daß an jeder Oberflaͤche, wo die Lichtwelle in ein neues Medium eindringt, ſich zugleich eine reflectirte Welle bildet, wiſſen Sie. Da wo ſo ſehr nahe an einander zwei zuruͤckgehende Wellen an zwei nur um wenige Milliontel eines Zolles von einander ent- fernten Oberflaͤchen entſtehen, da kann dieſe Verſtaͤrkung ſowohl als dieſe Ausloͤſchung ſichtbar werden, und die Erklaͤrung der Farben- ringe liegt hier ſehr nahe. Aber ehe wir weiter gehen, muß ich eine Bemerkung angeben, auf welche hier die Theorie der Wellenbewe- gung fuͤhrt. Allerdings entſteht allemal eine zuruͤckgehende Welle ſowohl da, wo die Lichtwelle in ein duͤnneres Medium, als da, wo ſie in ein dichteres Medium eintritt, jedoch mit dem Unterſchiede, daß im einen Falle eine halbe Undulationsphaſe verlohren geht. Beim Uebergange in einen duͤnneren Koͤrper faͤngt die zuruͤckgehende Welle erſt an, nachdem die herankommende ein wenig in den duͤnneren Koͤrper eingedrungen iſt, und obgleich es nicht ſtrenge nachzuweiſen iſt, daß dabei ganz genau eine halbe Undulation, eine halbe Wellenlaͤnge, verlohren geht, ſo ſcheint doch die Erfahrung fuͤr dieſe genau halbe Wellenlaͤnge zu entſcheiden. Nehmen wir dieſes an, ſo entſteht erſtlich eine Interferenz da, wo beide Ober- flaͤchen der duͤnnen Luftſchichte einander ſo nahe ſind, daß ihr Ab- ſtand ſelbſt gegen die geringe Laͤnge einer Lichtwelle unbedeutend iſt; denn hier geht an der erſten Flaͤche die Welle, die ſich um eine halbe Undulation veraͤndert hat, und an der zweiten die unveraͤnderte Welle zuruͤck; war alſo der antreffende Theil der Welle ein ver- dichteter, ſo geht dort ein verduͤnnter, hier ein verdichteter zuruͤck, und weil dieſe ſich gaͤnzlich ausgleichen, ſo geht gar keine Erleuchtung bewirkende Lichtwelle zuruͤck, indem bei dem antreffenden verduͤn- nenden Wellentheile und ſo bei jedem einzelnen Theile der Welle die beiden neu entſtehenden Wellen ſich ebenſo zerſtoͤren; — da alſo, wo die Glasflaͤchen einander beruͤhren, erhaͤlt das Auge kein zuruͤckgeworfenes Licht, weil die zwei Wellen ſich zerſtoͤren; das durchgelaſſene Licht, welches vermoͤge der eindringenden Welle ent- ſteht, leidet dabei nur eine geringe Schwaͤchung. Zweitens: da, wo die Luftſchichte die Dicke einer Viertelwellenlaͤnge hat, entſteht ein verſtaͤrktes reflectirtes Licht. Um dies deutlich zu uͤberſehen, wollen wir die Wellenlaͤnge in vier Theile zerlegen, und die Grenze derſelben als den am meiſten verdichteten, mittlern, am meiſten

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/285>, abgerufen am 21.11.2024.