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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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und seinen Schatten auf eine weiße Tafel fallen läßt, helle Linien
mit der Grenze des Schattens parallel, die jedoch da viel schöner
hervortreten, wo zwei Schatten nahe an einander gerückter Körper
einander gleichsam begegnen. Man bedient sich am besten hiezu
zweier in eine grade Schärfe endigender Metallplatten, deren Rän-
der entweder parallel oder gegen einander geneigt einander genähert
werden können. Ist hier die Entfernung beider Schärfen noch
ziemlich groß, so zeigt sich, in jenem beschränkten Sonnenstrahle
gehalten, der Schatten beider Schärfen mit hellen Linien umgeben;
bei größerer Annäherung bemerkt man, wenn der Schatten in
nicht allzu geringer Entfernung hinter dem Spalte auf einer Tafel
aufgefangen wird, deutlich, daß diese den Schatten umgebenden
Linien farbig sind, und immer mehr sich von der Schattengrenze
entfernen; rücken die Schärfen einander noch näher, so rücken die
farbigen Linien, die dem einen Schatten angehören, in den andern
Schatten hinein. Wenn die Schärfen einander bis ungefähr auf 1/4
Linie nahe gekommen sind, so hat der erhellte Raum zwischen den
beiden Schatten seine geringste Breite erreicht, und bei noch ge-
ringerm Abstande verbreitert er sich wieder, erhält aber dann eine
dunkle Schattenlinie in der Mitte.

Wenn man diese Erscheinungen auf der weißen Tafel einmal
gesehen hat, so ist man hinreichend überzeugt, daß nicht etwa nur
eine Täuschung durch undeutliches Sehen statt findet, und kann
sich dann die Erscheinungen schöner verschaffen, wenn man die
Schatten auf ein matt geschliffenes Glas fallen läßt, und dieses
mit einer Vergrößerungslinse von der Hinterseite her betrachtet; ja
wenn man dies mit Aufmerksamkeit thut, so sieht man, daß es
gar nicht erst nöthig ist, die Schatten und Farbenränder auf dem
matten Glase aufzufangen, sondern die Linse zeigt, auch unmittelbar
die Strahlen auffangend, die Erscheinung dem Auge so, wie sie
auf einem in ihrem Brennpuncte gehaltenen matten Glase oder
auf einer im Brennpuncte gehaltenen andern Tafel erscheinen
würden, und man hat den Vortheil, hier durch die directen Strah-
len eine viel schönere Farben-Erscheinung zu erhalten, als die ist,
die sich auf dem matt erleuchteten Papiere, oder dem die Strahlen
unvollkommen durchlassenden Glase darstellt.


und ſeinen Schatten auf eine weiße Tafel fallen laͤßt, helle Linien
mit der Grenze des Schattens parallel, die jedoch da viel ſchoͤner
hervortreten, wo zwei Schatten nahe an einander geruͤckter Koͤrper
einander gleichſam begegnen. Man bedient ſich am beſten hiezu
zweier in eine grade Schaͤrfe endigender Metallplatten, deren Raͤn-
der entweder parallel oder gegen einander geneigt einander genaͤhert
werden koͤnnen. Iſt hier die Entfernung beider Schaͤrfen noch
ziemlich groß, ſo zeigt ſich, in jenem beſchraͤnkten Sonnenſtrahle
gehalten, der Schatten beider Schaͤrfen mit hellen Linien umgeben;
bei groͤßerer Annaͤherung bemerkt man, wenn der Schatten in
nicht allzu geringer Entfernung hinter dem Spalte auf einer Tafel
aufgefangen wird, deutlich, daß dieſe den Schatten umgebenden
Linien farbig ſind, und immer mehr ſich von der Schattengrenze
entfernen; ruͤcken die Schaͤrfen einander noch naͤher, ſo ruͤcken die
farbigen Linien, die dem einen Schatten angehoͤren, in den andern
Schatten hinein. Wenn die Schaͤrfen einander bis ungefaͤhr auf ¼
Linie nahe gekommen ſind, ſo hat der erhellte Raum zwiſchen den
beiden Schatten ſeine geringſte Breite erreicht, und bei noch ge-
ringerm Abſtande verbreitert er ſich wieder, erhaͤlt aber dann eine
dunkle Schattenlinie in der Mitte.

Wenn man dieſe Erſcheinungen auf der weißen Tafel einmal
geſehen hat, ſo iſt man hinreichend uͤberzeugt, daß nicht etwa nur
eine Taͤuſchung durch undeutliches Sehen ſtatt findet, und kann
ſich dann die Erſcheinungen ſchoͤner verſchaffen, wenn man die
Schatten auf ein matt geſchliffenes Glas fallen laͤßt, und dieſes
mit einer Vergroͤßerungslinſe von der Hinterſeite her betrachtet; ja
wenn man dies mit Aufmerkſamkeit thut, ſo ſieht man, daß es
gar nicht erſt noͤthig iſt, die Schatten und Farbenraͤnder auf dem
matten Glaſe aufzufangen, ſondern die Linſe zeigt, auch unmittelbar
die Strahlen auffangend, die Erſcheinung dem Auge ſo, wie ſie
auf einem in ihrem Brennpuncte gehaltenen matten Glaſe oder
auf einer im Brennpuncte gehaltenen andern Tafel erſcheinen
wuͤrden, und man hat den Vortheil, hier durch die directen Strah-
len eine viel ſchoͤnere Farben-Erſcheinung zu erhalten, als die iſt,
die ſich auf dem matt erleuchteten Papiere, oder dem die Strahlen
unvollkommen durchlaſſenden Glaſe darſtellt.


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[279/0293] und ſeinen Schatten auf eine weiße Tafel fallen laͤßt, helle Linien mit der Grenze des Schattens parallel, die jedoch da viel ſchoͤner hervortreten, wo zwei Schatten nahe an einander geruͤckter Koͤrper einander gleichſam begegnen. Man bedient ſich am beſten hiezu zweier in eine grade Schaͤrfe endigender Metallplatten, deren Raͤn- der entweder parallel oder gegen einander geneigt einander genaͤhert werden koͤnnen. Iſt hier die Entfernung beider Schaͤrfen noch ziemlich groß, ſo zeigt ſich, in jenem beſchraͤnkten Sonnenſtrahle gehalten, der Schatten beider Schaͤrfen mit hellen Linien umgeben; bei groͤßerer Annaͤherung bemerkt man, wenn der Schatten in nicht allzu geringer Entfernung hinter dem Spalte auf einer Tafel aufgefangen wird, deutlich, daß dieſe den Schatten umgebenden Linien farbig ſind, und immer mehr ſich von der Schattengrenze entfernen; ruͤcken die Schaͤrfen einander noch naͤher, ſo ruͤcken die farbigen Linien, die dem einen Schatten angehoͤren, in den andern Schatten hinein. Wenn die Schaͤrfen einander bis ungefaͤhr auf ¼ Linie nahe gekommen ſind, ſo hat der erhellte Raum zwiſchen den beiden Schatten ſeine geringſte Breite erreicht, und bei noch ge- ringerm Abſtande verbreitert er ſich wieder, erhaͤlt aber dann eine dunkle Schattenlinie in der Mitte. Wenn man dieſe Erſcheinungen auf der weißen Tafel einmal geſehen hat, ſo iſt man hinreichend uͤberzeugt, daß nicht etwa nur eine Taͤuſchung durch undeutliches Sehen ſtatt findet, und kann ſich dann die Erſcheinungen ſchoͤner verſchaffen, wenn man die Schatten auf ein matt geſchliffenes Glas fallen laͤßt, und dieſes mit einer Vergroͤßerungslinſe von der Hinterſeite her betrachtet; ja wenn man dies mit Aufmerkſamkeit thut, ſo ſieht man, daß es gar nicht erſt noͤthig iſt, die Schatten und Farbenraͤnder auf dem matten Glaſe aufzufangen, ſondern die Linſe zeigt, auch unmittelbar die Strahlen auffangend, die Erſcheinung dem Auge ſo, wie ſie auf einem in ihrem Brennpuncte gehaltenen matten Glaſe oder auf einer im Brennpuncte gehaltenen andern Tafel erſcheinen wuͤrden, und man hat den Vortheil, hier durch die directen Strah- len eine viel ſchoͤnere Farben-Erſcheinung zu erhalten, als die iſt, die ſich auf dem matt erleuchteten Papiere, oder dem die Strahlen unvollkommen durchlaſſenden Glaſe darſtellt.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/293>, abgerufen am 21.11.2024.